Bis heute gibt es Menschen, die Jesus und seinem Wort vertrauen und einen Neuanfang wagen.
Bis heute gibt es Menschen, die Jesus und seinem Wort vertrauen und einen Neuanfang wagen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 5. Sonntag im Jahreskreis,
10. Februar 2013 (Lk 5,1-11)
Oft frage ich mich: Ist das, was da im Evangelium steht, nur damals, "in jener Zeit", geschehen? Oder gibt es das noch heute? Erzählen die Evangelien Geschichten aus ferner, grauer Vorzeit, oder Ereignisse, die auch heute vorkommen? Gerade beim heutigen Evangelium drängt sich mir diese Frage auf, aus einem ganz bestimmten Grund.
Zu Beginn des neuen Jahrtausends, am 6. Jänner 2001, hat Papst Johannes Paul II. ein Schreiben veröffentlicht, das den Titel trägt: "Novo Millennio ineunte", zu Beginn des neuen Jahrtausends". Dieses faszinierende Schreiben ist eine Art Programm, eine Vision für das neue Jahrtausend. Das Leitmotiv des Schreibens aber ist das Wort Jesu aus dem heutigen Evangelium: "Fahr hinaus auf den See."
"Dieses Wort erklingt heute für uns", schrieb der Papst. Er sieht in der Aufforderung Jesu an Petrus, nochmals die Netze auszuwerfen, eine Einladung an uns Heutige, es noch einmal zu wagen. Petrus erhob zwar den Einwand: "Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen", aber im Vertrauen auf Jesus fuhr er noch einmal hinaus auf den See und warf die Netze aus. Und das Vertrauen wurde überreich belohnt. Nach einer vergeblichen Nacht "fingen sie eine so große Menge Fische, dass ihr Netz zu reißen drohte". Petrus ist überwältigt, und in einer Art heiligem Schrecken fällt er Jesus zu Füßen: "Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder."
Der Papst nimmt dieses Evangelium als Leitmotiv für heute. Was damals am See Genezareth geschah, ist ganz aktuell. Auch wir sollen am Beginn des neuen Jahrtausends einen neuen Aufbruch wagen. Viele von uns haben das Gefühl, dass sie sich vergeblich abmühen. Ihr ganzes Bemühen endet mit einer Null-Meldung: "Wir haben nichts gefangen." Nicht nur in der Kirche ist das heute ein verbreitetes Gefühl. Auch in anderen Lebensbereichen gibt es die schmerzliche Erfahrung der Vergeblichkeit. Nichts scheint zu gelingen, nichts weiterzugehen.
Am Beginn des neuen Jahrtausends sollen wir es wagen, so meint er Papst, nochmals hinauszufahren und erneut die Netze auszuwerfen. Papst Johannes Paul II. war selber ein wagemutiger Mensch. Als Nachfolger des Apostels Petrus hat auch er Jesus geantwortet: "Wenn du es sagst, werde ich die Netze auswerfen." Und das Wunder von damals hat sich wiederholt. Er wurde ein großer Menschenfischer. Man konnte es bei seinem Begräbnis erleben. Da zogen vier Millionen Menschen an seiner Aufbahrung vorbei, um ihn noch einmal zu sehen, um ihm zu danken.
Die Geschichte vom wunderbaren Fischfang würde wohl nicht mehr erzählt werden, wenn sie nur damals, "in jener Zeit", und seither nie mehr geschehen wäre. Freilich ereignet sie sich auf verschiedene, immer neue Weise. Bis heute gibt es die Erfahrung vergeblicher Mühe. Und bis heute gibt es Menschen, die Jesus und seinem Wort vertrauen und einen Neuanfang wagen. Und viele können berichten: Das Wagnis wurde überreich belohnt.
In jener Zeit, als Jesus am Ufer des Sees Genesaret stand, drängte sich das Volk um ihn und wollte das Wort Gottes hören.
Da sah er zwei Boote am Ufer liegen. Die Fischer waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze. Jesus stieg in das Boot, das dem Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück weit vom Land wegzufahren. Dann setzte er sich und lehrte das Volk vom Boot aus.
Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: Fahr hinaus auf den See! Dort werft eure Netze zum Fang aus! Simon antwortete ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen.
Doch wenn du es sagst, werde ich die Netze auswerfen. Das taten sie, und sie fingen eine so große Menge Fische, dass ihre Netze zu reißen drohten. Deshalb winkten sie ihren Gefährten im anderen Boot, sie sollten kommen und ihnen helfen. Sie kamen, und gemeinsam füllten sie beide Boote bis zum Rand, so dass sie fast untergingen.
Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sagte: Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder. Denn er und alle seine Begleiter waren erstaunt und erschrocken, weil sie so viele Fische gefangen hatten; ebenso ging es Jakobus und Johannes, den Söhnen des Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten.
Da sagte Jesus zu Simon: Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen. Und sie zogen die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten ihm nach.