Jede Sucht macht unfrei. Sie fesselt uns an uns selber. Gegen die drei Grundversuchungen hat Jesus gekämpft, und er hat gesiegt.
Jede Sucht macht unfrei. Sie fesselt uns an uns selber. Gegen die drei Grundversuchungen hat Jesus gekämpft, und er hat gesiegt.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 1. Fastensonntag,
17. Februar 2013 (Lk 4,1-13)
Versuchung gehört zum menschlichen Leben. Niemandem bleibt sie erspart. Alle haben wir mit Versuchungen zu kämpfen. Auch Jesus kannte die Versuchung. Er war ganz Gott und ganz Mensch. Als Mensch hatte er mit Versuchungen zu ringen wie wir. Mit einem Unterschied: Er ist ihnen nicht erlegen. Er hat sie besiegt. Und diesen Kampf hat er für uns gekämpft. Er weiß, wie versuchbar wir Menschen sind. Und er will, dass wir im Kampf nicht unterliegen.
Nach seiner Taufe im Jordan bleibt Jesus dort in der Wüste, vierzig Tage lang. Die Fastenzeit, die eben am Aschermittwoch begonnen hat, dauert vierzig Tage, in Erinnerung an das vierzigtägige Fasten Jesu. Ganz nüchtern sagt das Evangelium, dass Jesus "vom Teufel in Versuchung geführt" wurde. Er wird "der Versucher" genannt, und viele können dies bestätigen, weil sie es erfahren haben: "Der Versucher" versucht auch uns mit seinen Versuchungen.
Es sind vor allem drei Versuchungen, mit denen wir zu kämpfen haben, und die Jesus für uns bestanden hat: Genusssucht, Habsucht, Geltungssucht. Die christlichen Meister nennen sie "die drei Waffen des Teufels". Wenn wir nüchtern hinschauen, dann sind es wirklich die häufigsten Versuchungen.
Nach vierzig Tagen Fasten hat Jesus Hunger. Das ist normal. Woher Brot nehmen in der Wüste? "Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden." Hunger macht schwach. Jesus soll schwach werden, für sich selber ein Wunder machen. Jesus hält dem Versucher ein Wort aus der Bibel entgegen: "Der Mensch lebt nicht nur vom Brot." Genuss an sich ist nicht böse. Wenn wir nur mehr auf Genuss aus sind, dann wird das zur Sklaverei, macht unfrei und unglücklich. Süchtig werden auf Genüsse verdirbt jedes echte Genießen. Die Genüsse einschränken, auf sie bewusst verzichten, das schenkt neue Lebensfreude. Das will die Fastenzeit erreichen.
Habsucht ist die zweite Versuchung. Sie kann aus Freunden Feinde machen, aus Familien wütende Erbstreiter. Alle Reiche dieser Welt bietet der Teufel Jesus an, "wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest". Die Habsucht hat ihren Preis. Sie macht unfrei wie jede Sucht, doch glaubt der Süchtige, dass er frei ist. Je mehr er hat, so spiegelt ihm der Versucher vor, desto freier werde er. In Wirklichkeit wird er immer abhängiger vom "nimmersatten Mehr-Haben-Wollen". Die Fastenzeit will uns das zeigen.
Die dritte Versuchung ist die Geltungssucht: Wichtig sein, anerkannt, bewundert, gelobt werden! Wer kennt nicht diese Versuchung! "Wenn du Gottes Sohn bist, so stürze dich von hier, von der höchsten Stelle des Tempels, hinab." Alle werden von dir begeistert sein. Du wirst ein Star sein. Die Menschen werden dir in Scharen folgen. So tönt die Stimme des Versuchers. Jesus hält ihr schlicht das Wort Gottes entgegen: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen."
Die Fastenzeit will eine Schule der Freiheit sein. Jede Sucht macht unfrei. Sie fesselt uns an uns selber. Gegen die drei Grundversuchungen hat Jesus gekämpft, und er hat gesiegt. Weil er nicht sich selber zum Mittelpunkt gemacht hat, sondern Gott und den Nächsten.
In jener Zeit verließ Jesus, erfüllt vom Heiligen Geist, die Jordangegend.
Darauf führte ihn der Geist vierzig Tage lang in der Wüste umher, und dabei wurde Jesus vom Teufel in Versuchung geführt. Die ganze Zeit über aß er nichts; als aber die vierzig Tage vorüber waren, hatte er Hunger.
Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden. Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot.
Da führte ihn der Teufel auf einen Berg hinauf und zeigte ihm in einem einzigen Augenblick alle Reiche der Erde. Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen, und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören. Jesus antwortete ihm: In der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich zu behüten; und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Da antwortete ihm Jesus: Die Schrift sagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel für eine gewisse Zeit von ihm ab.