Gott schaut immer aus nach mir, wartet liebevoll, ja sehnsüchtig auf meine Heimkehr, auch wenn ich mich noch so weit von ihm entfernt habe.
Gott schaut immer aus nach mir, wartet liebevoll, ja sehnsüchtig auf meine Heimkehr, auch wenn ich mich noch so weit von ihm entfernt habe.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 4. Fastensonntag,
10. März 2013 (Lk 15,1-3.11-32)
„Das Gleichnis vom verlorenen Sohn ist vielleicht das bewegendste unter allen Gleichnissen Jesu“, meint der große Schweitzer Theologe Hans Urs von Balthasar (1905-1988): „Lebendiger, anschaulicher hat Jesus den Vater im Himmel nie geschildert als hier.“
Wer ist der verlorene Sohn? Jeder von uns! Allen hat Gott das Erbteil ausbezahlt und anvertraut: Unsere Freiheit, unsere Begabungen, unseren Verstand. Was machen wir daraus? Nicht alle geraten materiell ins Elend. Aber was machen wir aus dem kostbarsten Erbe, dem Glauben?
Der verlorene Sohn hat seinen Vater vergessen, so wie wir oft Gott vergessen.
Gott aber vergisst uns nicht. Das Schönste im Gleichnis ist für mich, dass der Vater den Sohn „schon von weitem kommen sieht“. Er hat also immer auf ihn gewartet.
Was für eine Botschaft! Gott schaut immer aus nach mir, wartet liebevoll, ja sehnsüchtig auf meine Heimkehr, auch wenn ich mich noch so weit von ihm entfernt habe.
Und wenn ich zu meinem Vater, zu Gott, heimkehre, dann erwarten mich keine Vorwürfe, keine Anschuldigungen, sondern nur die Freude: Mein Kind, gut dass du lebst, schön dass du wieder zu Hause bist!
Und Jesus will, dass all die griesgrämigen „älteren Brüder“, die ja auch wir selber oft sind, sich mit Gott über die Heimkehr des verlorenen Sohnes ebenso freuen.
Der "ältere Bruder" ist immer zu Hause geblieben. Er ist sozusagen "der brave Christ", der alles ordentlich gemacht hat, ein treuer Kirchgänger, ein regelmäßiger Kirchenbeitragszahler.
Aber eines ist ihm verloren gegangen: die Freude am "Daheim-Sein". Er ist seines Glaubens nicht froh, dieser ist ihm zur Gewohnheit, ja zur Last geworden.
Auch ihn verurteilt der Vater nicht. Er lädt ihn nur zur Freude ein: "Mein Kind, du bist immer bei mir!" Und da soll er nicht ein froher Christ sein?
In jener Zeit kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen.
Da erzählte er ihnen ein Gleichnis und sagte:
Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht. Da teilte der Vater das Vermögen auf.
Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen. Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über das Land, und es ging ihm sehr schlecht. Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.
Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen, und ich komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner. Dann brach er auf und ging zu seinem Vater.
Der Vater sah ihn schon von weitem kommen, und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
Da sagte der Sohn: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.
Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand, und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand, und zieht ihm Schuhe an. Bringt das Mastkalb her, und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein.
Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wieder gefunden worden. Und sie begannen, ein fröhliches Fest zu feiern.
Sein älterer Sohn war unterdessen auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz. Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle. Der Knecht antwortete: Dein Bruder ist gekommen, und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn heil und gesund wiederbekommen hat. Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen.
Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu. Doch er erwiderte dem Vater: So viele Jahre schon diene ich dir, und nie habe ich gegen deinen Willen gehandelt; mir aber hast du nie auch nur einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte. Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet.
Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist auch dein. Aber jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern; denn dein Bruder war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wieder gefunden worden.