Die Aufmerksamkeit auf die Wegweisung des Heiligen Geistes führt zu erstaunlichen Ergebnissen.
Die Aufmerksamkeit auf die Wegweisung des Heiligen Geistes führt zu erstaunlichen Ergebnissen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Dreifaltigkeitssonntag,
26. Mai 2013, (Joh 16,12-15)
Wie ist das? Sollen wir einander alles sagen? Oder sollen wir doch einiges voreinander verbergen? Offenheit in allem? Oder Zurückhaltung? Jesus scheint eher für die Zurückhaltung zu sein: „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt (noch) nicht ertragen.“ Will Jesus seine Jünger schonen? Oder hält er sie für unreif? Ist er ihnen gegenüber nicht ehrlich? Oder hat er ihnen gegenüber geduldige Rücksicht?
Die Frage stellt sich oft in unseren täglichen Beziehungen. Wie viel können wir einander zumuten? Wo sollen wir einander schonen? Wo schonungslos offen sein? Die Regel kann hier immer neu die Liebe sein. Jesus hat seinen Jüngern nicht gleich alles gesagt, was auf sie zukommt. Er war mit ihnen behutsam, hat auf das geachtet, was sie im Moment verkraften können. Er wusste, dass sie Zeit brauchen, um manches zu verstehen. Sie mussten erst selber ihre Erfahrungen machen, um dafür bereit zu sein.
Was hat wohl Jesus mit dem „Vielen“ gemeint, das seine Jünger jetzt noch nicht verstehen können? Ich glaube, Jesus spricht hier zu jedem von uns: Es gibt Dinge, die zu wissen für dich jetzt noch zu schwer wären. Zum Beispiel: Das Leiden, das in deinem Leben noch auf dich zukommen wird, die Mühen des Alters, die wir uns durch unsere eigenen Fehler aufgeladen haben.
Es ist schon gut so, dass wir die Zukunft nicht kennen. Wir sollen auch nicht versuchen, vor der Zeit zu wissen, was auf uns zukommt. Wir brauchen nicht jetzt schon zu wissen, was morgen, was in Zukunft sein wird. Denn Jesus hat uns einen Wegbegleiter gegeben, der uns Schritt für Schritt führt: den Heiligen Geist. „Er wird euch in die ganze Wahrheit führen.“
Ich muss nicht heute schon wissen, was morgen sein wird. Aber ich brauche heute und morgen und jeden Tag Einen, der mir hilft, meinen Weg zu gehen. Dieser Beistand ist der Heilige Geist. Ich glaube, es täte uns allen gut, mehr auf diesen „inneren Kompass“ zu achten, mehr auf diese „innere Stimme“ zu hören, durch die Gott uns Schritt für Schritt und mit großer Sicherheit führt.
Sich vom Heiligen Geist führen lassen: Wie tut man das? Dafür gibt es kein fertiges Rezept. Aber die Erfahrung lehrt, dass wir für die „Winke“ des Heiligen Geistes empfänglicher und feinfühliger werden können. Die Aufmerksamkeit auf die Wegweisung des Heiligen Geistes führt zu erstaunlichen Ergebnissen. Wir werden zuversichtlicher, hoffnungsvoller, sicherer, denn wir wachsen im Vertrauen, dass Gott uns durch diesen inneren Wegbegleiter, den Heiligen Geist, so führt, wie es für uns gut ist, wie wir es verkraften und tragen können. Dann werden wir auch selber den Anderen gegenüber behutsamer, mit dem, was wir ihnen zumuten können.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.
Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit führen. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird sagen, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird.
Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden.
Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden.