Das Kostbarste: Das kann eine Liebe sein, die einem wertvoller ist als alle Schätze der Welt, so Kardinal Christoph Schönborn.
Das Kostbarste: Das kann eine Liebe sein, die einem wertvoller ist als alle Schätze der Welt, so Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 27. Juli 2014.
Morgen, am 28. Juli 2014, sind es genau 100 Jahre seit dem Ausbruch des 1. Weltkriegs. Er war die "Urkatastrophe" des 20. Jahrhunderts. Alle die Schrecken dieses blutigsten Jahrhunderts der Menschheitsgeschichte hatten ihre Wurzeln im sinnlosen Blutvergießen des 1. Weltkriegs. Der Kommunismus, der Nationalsozialismus, der 2. Weltkrieg, das unermessliche Leid, das er gebracht hat, all das waren die giftigen Früchte des 1. Weltkriegs. Deshalb haben wir Österreichischen Bischöfe auch dazu eingeladen, heute Abend an den Kriegerdenkmälern, die es in allen Städten und Dörfern gibt, der Opfer des 1. Weltkriegs zu gedenken.
Genau einen Monat vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs, am 28. Juni 1914, wurde in Sarajewo das Thronfolgerpaar ermordet. Dieses Attentat hat wie in einer Kettenreaktion all das ausgelöst, was dann zur Kriegserklärung vom 28. Juli 1914 führte. Das ist alles bekannt und wurde in den letzten Wochen viel besprochen. Warum erwähne ich es im Blick auf das heutige Evangelium?
Ich lese dieser Tage ein sehr gutes Buch über Erzherzog Franz Ferdinand (Ludwig Winder, Der Thronfolger, 2014). Es ist bekannt, dass seine Gattin Sophie als nicht "ebenbürtig" galt. Sie war "nur" eine Gräfin, also nicht aus einem königlichen Haus. Es war eine ausgesprochene Liebesheirat. Der Thronfolger wusste, dass er alles riskierte, wenn er darauf beharrte, sie zu heiraten. Er hätte sogar auf den Thron verzichtet, wenn es nicht anders möglich gewesen wäre, sie zur Frau haben zu können. Die Liebe zu Sophie war ihm wichtiger selbst als die Thronfolge.
Warum ich das erzähle? Weil Jesus im Evangelium heute von einer ähnlichen Situation spricht. Es gibt Menschen, die bereit sind, alles preiszugeben, um das Eine zu gewinnen, das ihnen das Wichtigste, Kostbarste, Schönste im Leben ist. Die beiden Gleichnisse beschreiben in knappen Worten zwei solche Menschen. Der eine ist ein Taglöhner, der auf einem Acker arbeitet. Da stößt er beim Umgraben auf einen Schatz, nehmen wir an, auf einen Topf voller Goldmünzen, der einmal vergraben worden war, um ihn vor feindlichem Zugriff zu schützen. Der Besitzer des Ackers weiß nichts davon. Der Taglöhner sagt ihm nichts von seinem Fund und schaffte es, indem er alles Geld zusammenkratzt, dem Bauern seinen Acker abzukaufen. Jesus lobt nicht die Unehrlichkeit des Finders. Er bewundert die Bereitschaft dieses Mannes, alles dranzusetzen, um diesen Schatz zu erwerben.
Ähnlich der Perlenhändler. In seinem Alltagsgeschäft ist Kaufen und Verkaufen üblich. Da gibt es gute, bessere, weniger kostbare Perlen. Ein Geschäft wie jedes andere, ein Beruf wie viele andere. Aber da bricht in seinen Alltag ein einmaliges Angebot: die Traumperle steht zum Verkauf an. Nur mehr ein Gedanke bewegt ihn: Ich will sie erwerben! Und er macht das scheinbar Sinnlose: Er verkauft sein ganzes Hab und Gut, alles, was er hat, nur um diese überaus kostbare, schöne Perle zu erwerben.
Was will Jesus damit sagen? Es gibt im Leben manchmal Momente, wo alle noch so vernünftigen Überlegungen hintangestellt werden, um etwas ganz Großes zu erreichen. Das kann eine Liebe sein, die einem wertvoller ist als alle Schätze der Welt. Das kann eine Liebe sein, die einem wertvoller ist als alle Schätze der Welt. Das kann eine Berufung sein, der jemand alles zu opfern bereit ist, etwa eine Berufung als Künstler oder als Priester. Jesus spricht vom Schatz "des Himmelreiches". Was ist dieses Kostbare, für das es sich lohnt, alles dranzusetzen? Gott selber ist dieser Schatz. Wer ihn entdeckt, wer ihn wirklich gefunden hat, kann Vieles verlieren, wird manches als nicht so wichtig erachten, wenn er nur das Wichtigste im Leben gewonnen hat: den Schatz des Glaubens an einen liebenden Gott! Kein Krieg, keine Not kann ihn uns rauben.
In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn, grub ihn aber wieder ein. Und in seiner Freude verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte den Acker. Auch ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle Perle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte sie.