"Danken verändert das Leben. Es schenkt Freude. Nicht nur dem, der den Dank ausspricht", so Kardinal Christoph Schönborn.
"Danken verändert das Leben. Es schenkt Freude. Nicht nur dem, der den Dank ausspricht", so Kardinal Christoph Schönborn.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 13. Oktober 2013.
"Undank ist der Welten Lohn", sagt ein Sprichwort. Von Dank und Undank handelt das heutige Evangelium. Und es macht deutlich, dass Undank sehr viel häufiger ist als Dank. Jesus heilt zehn Männer, die vom Aussatz befallen waren. Nur einer kommt zu ihm zurück, um sich zu bedanken, und er ist ein Ausländer, ein Andersgläubiger.
Wieso ist Dankbarkeit so selten? Auch dafür gibt das heutige Evangelium eine Erklärung. Sehen wir uns die Szene näher an. Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem. Er weiß, was dort auf ihn wartet. Es wird ihm so ergehen wie diesen zehn Aussätzigen, die sich ihm in einem Dorf ängstlich und scheu nähern und um Hilfe flehen. Aussatz, diese schreckliche Krankheit, macht die daran Erkrankten zu Ausgestoßenen. Sie dürfen sich den Gesunden nicht nähern, sind von allen gemieden. Was Jesus in Jerusalem erwartet, ist ein ähnliches Schicksal. Vor der Stadt, hinausgeführt zum Golgotha, zur Schädelstätte, wird er neben zwei Verbrechern am Schandholz, am Kreuz sterben, verworfen und verachtet, wie ein Aussätziger. Hat er deshalb solches Erbarmen mit Ausgegrenzten? Wendet er sich deshalb ohne Berührungsängste denen zu, deren Anblick die meisten Menschen anwidert?
Nach jüdischem Gesetz müssen Aussätzige von den Priestern die offizielle Bestätigung erhalten, dass sie geheilt sind. Deshalb schickt Jesus die zehn Leprakranken zu den Priestern. Am Weg dorthin stellen alle zehn fest, dass sie geheilt sind. Es muss ein unbeschreibliches Glücksgefühl gewesen sein, als sie erlebten wie ihre Haut wieder heil wird, ihre verstümmelten Gesichter, Hände und Füße wieder voll da waren. Eine so radikale Heilung kann keine Einbildung sein. Sie ist zu offensichtlich, sie ist überwältigend.
Was wäre natürlicher in diesem Moment als sofort umzukehren und dem zu danken, dem sie diese unerhörte Genesung verdanken? Nur einer tut das. Alle anderen eilen einfach weiter, um sich den Priestern zu zeigen. Sie wollen sich so schnell wie möglich von der zuständigen "Behörde" gesundschreiben lassen, um wieder voll ins Leben, in die Gemeinschaft integriert zu werden, aus der sie durch den Aussatz ausgeschlossen waren. Sie denken an sich, sie denken nicht daran, Danke zu sagen. Nur der Samariter, ein Ausländer, ein Andersgläubiger, der ohnehin gewohnt ist, ein Außenseiter zu sein, geht dankbar zu Jesus zurück.
Jedes Evangelium ist ein Spiegel, in dem wir uns selber sehen können. Wie oft bin ich wie diese neun Geheilten, die die Wohltaten einfach für selbstverständlich halten und nicht ans Danken denken? Wie schmerzt mich die Erfahrung von Undankbarkeit bei anderen? Und wie oft bin ich selber undankbar? Meist nicht aus Bosheit, sondern nur aus Unachtsamkeit. Und genau da zeigt sich, wie sehr das Danken das Leben verändert. Es schenkt Freude, nicht nur dem, der den Dank ausspricht. Danken will geübt sein. Von klein an. In den kleinen Dingen. Dank soll ausgedrückt werden. Unter uns Menschen. Und Gott gegenüber. "Denn dankbar lebt es sich besser", wie der Theologe Klaus Berger sagt.
Auf dem Weg nach Jerusalem zog Jesus durch das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa. Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in der Ferne stehen und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns! Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern! Und während sie zu den Priestern gingen, wurden sie rein. Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu zu Boden und dankte ihm. Dieser Mann war aus Samarien. Da sagte Jesus: Es sind doch alle zehn rein geworden. Wo sind die übrigen neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dir geholfen.