Kinder fragen: "Wie wird das Leben im Himmel sein?" - Was sollen wir antworten?
Kinder fragen: "Wie wird das Leben im Himmel sein?" - Was sollen wir antworten?
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn zum Evangelium am Sonntag, 10. November 2013.
Kinder stellen oft Fragen, die uns Erwachsene ganz schön in Verlegenheit bringen. Beispiel: Anna, 5 Jahre, fragt ihre Eltern, ob Thomas im Himmel noch weiter wachsen wird. Thomas ist vor kurzem mit 6 Jahren gestorben. Die Eltern wussten nicht recht, was sie antworten sollten. Sie fragten mich um Rat, und ich gestehe, auch ich war etwas um eine Antwort verlegen.
Ja, wie ist das "da drüben"? Werden wir das Alter haben, in dem wir verstorben sind? Oder gibt es dann ein ideales Alter, das alle Verstorbenen im Ewigen Leben haben werden? Und welches wäre dieses ideale Alter? Etwa 33? So alt wurde Jesus. Und wie werden wir aussehen? So wie jetzt? Mit unseren Schönheitsfehlern, über die wir uns kränken? Und wie wird das mit unseren Lieben sein? Wir trösten uns mit dem Gedanken, dass wir uns wiedersehen werden. Aber wie wird das sein? Werden wir einander alles erzählen? Alles verzeihen? Alles verstehen? Und wie wird es sein, wenn die Eheleute sich wiederfinden? Wird es dann auch eine körperliche Wiedervereinigung geben? Sagen wir es direkt: Wird es im Himmel Sex geben? Und wer zweimal verheiratet war? Mit beiden?
Hier spätestens ist der Punkt erreicht, an dem die Spötter sich lustig machen, wie die Sadduzäer im heutigen Evangelium. Sie halten den Gedanken an eine leibliche Auferstehung für unsinnig. Sie zeigen es an ihrem Beispiel von der Frau, die hintereinander mit sieben Brüdern verheiratet war. Als alle nun "drüben" angekommen waren – wessen Frau wird sie dann sein? Wir können uns gut vorstellen, wie hier die Männerphantasien sich witzelnd darüber ausließen, dass im Paradies endlich freier Sex gelebt werden kann.
Wir tun uns alle schwer damit, uns das Ewige Leben vorzustellen. Unweigerlich verlängern wir unsere Wünsche vom glücklichen Leben in eine endlose Dauer. Ich hatte einen Onkel, der ein leidenschaftlicher Jäger war. Er sprach gerne vom Leben nach dem Tod als den "Ewigen Jagdgründen". Halb im Spaß, halb im Ernst stellte er sich das Paradies doch irgendwie als die ideale Jagd vor.
Gibt Jesus eine Antwort auf alle diese Fragen? Ja und nein. Was auf die Fangfrage der Spötter antwortet, befriedigt nicht ihre Neugierde: In der kommenden Welt, im Jenseits, im Himmel, wird nicht mehr geheiratet, sagt er. Es gibt ja keinen Tod mehr, also auch keine Geburt. Also auch kein Zeugen und keine Schwangerschaft. Und keine Sexualität? Wir bleiben, wer wir sind: Mann und Frau. Aber nicht mehr sterblich, sondern "den Engeln gleich".
Hier endet unser Vorstellungsvermögen. Wir können einfach nicht aus unserer Welt, aus Zeit und Raum heraus. "Ewigkeit" ist jenseits unseres Begreifens. Aber nicht ganz. Jesus baut eine Brücke, eine Verstehenshilfe: Das Leben! Ich weiß zwar nicht, was das Leben ist, aber ich weiß, dass ich lebe. Gott "ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden".
Wann immer ich mich als lebendig erlebe, Lebensfreude erfahre, Lebendigkeit spüre, bin ich sozusagen "am Puls des Lebens". Weil Gott selber der Lebendige ist, ist alles echte, volle Leben eine Ahnung des Ewigen Lebens, ein wirklicher Vorgeschmack.
In jener Zeit kamen einige von den Sadduzäern, die die Auferstehung leugnen, zu Jesus und fragten ihn: Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn ein Mann, der einen Bruder hat, stirbt und eine Frau hinterlässt, ohne Kinder zu haben, dann soll sein Bruder die Frau heiraten und seinem Bruder Nachkommen verschaffen. Nun lebten einmal sieben Brüder. Der erste nahm sich eine Frau, starb aber kinderlos. Da nahm sie der zweite, danach der dritte, und ebenso die anderen bis zum siebten; sie alle hinterließen keine Kinder, als sie starben. Schließlich starb auch die Frau. Wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein? Alle sieben haben sie doch zur Frau gehabt. Da sagte Jesus zu ihnen: Nur in dieser Welt heiraten die Menschen. Die aber, die Gott für würdig hält, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, werden dann nicht mehr heiraten. Sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und durch die Auferstehung zu Söhnen Gottes geworden sind. Dass aber die Toten auferstehen, hat schon Mose in der Geschichte vom Dornbusch angedeutet, in der er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt. Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn sind alle lebendig.