Wie viele von den derzeit 659 Pfarrgemeinden in den drei Wiener Vikariaten Stadt, Nord und Süd als solche bestehen bleiben, ist noch völlig offen - "vielleicht halb so viele", wie Generalvikar Krasa sagte.
Wie viele von den derzeit 659 Pfarrgemeinden in den drei Wiener Vikariaten Stadt, Nord und Süd als solche bestehen bleiben, ist noch völlig offen - "vielleicht halb so viele", wie Generalvikar Krasa sagte.
Generalvikar Krasa und Pastoralamtsleiterin Prüller-Jagenteufel informieren über Stand der Diözesanreform "APG 2.1"
Unter dem Titel "Pfarre neu" arbeitet die Erzdiözese Wien weiterhin intensiv an der Umsetzung der groß angelegten Diözesanreform. Zuletzt ging ein erster Entwurf für die pfarrliche Neuordnung an die diözesanen Gremien und auch an die laufenden "Pilotprojekte" in den Stadtdekanaten 10 und 15, wo die Strukturreformen bereits fortgeschritten sind. Bis Ende Februar 2014 werden nun Rückmeldungen erbeten, die Gesamtreform soll sukzessive bis 2022 vonstattengehen, informierte der Wiener Generalvikar Nikolaus Krasa am Donnerstag, 13. Februar 2014, bei einem Pressegespräch. Dabei nahmen auch die Wiener Pastoralamtsleiterin Veronika Prüller-Jagenteufel und Stabsstellenleiterin Andrea Geiger zum aktuellen Stand der Wiener Diözesanreform "APG 2.1" Stellung.
Wie viele von den derzeit 659 Pfarrgemeinden in den drei Wiener Vikariaten Stadt, Nord und Süd als solche bestehen bleiben, ist laut Krasa noch völlig offen - vielleicht halb so viele, wie er sagte. Ihm ist es wichtig, bei allen Beteiligten angesichts schwindender Katholikenzahlen, weniger Gottesdienstbesucher und Priester nicht den Eindruck eines "Aderlass"-Prozesses zu vermitteln, bei dem der Fokus darauf liegt, was mit weniger Ressourcen gerade "noch" geht. Durch die in den "Pfarren neu" geplanten Leitungsteams mit drei bis fünf Priestern und - auch ehrenamtlich engagierten - Laien, soll das Personal leichter entsprechend der vorhandenen Charismen eingesetzt werden können, so Krasa. Nicht jeder Priester habe die für die Leitung einer Pfarre nötigen Management-Fähigkeiten, dennoch würden heute 90 Prozent der Priester als Pfarrer eingesetzt; Kapläne oder im Schulunterricht tätige Priester gebe es kaum noch.
Einen weiteren Vorteil sieht der Generalvikar in möglichen Schwerpunktsetzungen und dadurch für Neues frei werdenden Ressourcen. Krasa kündigte etwa für die Seestadt Aspern einen Kirchenneubau an; ökumenisch gestaltete kirchliche Präsenz soll es auch am neuen Wiener Hauptbahnhof geben. In der "Pfarre neu" soll es zwar weiterhin nicht nur in der jeweils zu bestimmenden Pfarrkirche, sondern auch in den anderen Kirchengebäuden des Pfarrgebietes Sonntagsgottesdienste geben - wie bisher schon in fast allen der 659 Pfarrkirchen; Kooperationen seien aber bei der Erstkommunionvorbereitung, bei Jugendgruppen, bei Pfarrfesten etc. durchaus sinnvoll und gewünscht.
Krasa wies darauf hin, dass die durchschnittliche Katholikenzahl der Wiener Pfarren derzeit mit 1.800 Gläubigen vergleichsweise gering sei (die größte Pfarre ist Aspern mit 12.300, die kleinste Grafensulz im Weinviertel mit 94 Katholiken), anderswo seien Pfarren viel größer. Durch Bündelung der Kräfte werde es künftig zwar deutlich weniger Pfarren, aber nicht weniger Gemeinden geben. Die Diözesanreform ziele in erster Linie auf die Lebendigkeit dieser aus Menschen gebildeten Größen ab, der Fokus liege gerade nicht auf Gebäuden oder geografischen Kategorien.
Die Reformmaßnahmen seien auch nicht in Stein gemeißelt, versicherte Krasa. Trotz einer 2.000-jährigen Kirchengeschichte wolle man in Wien den "Kulturbruch" wagten, Dinge auszuprobieren.
Pastoralamtsleiterin Prüller-Jagenteufel gestand zu, dass "Gemeinde" ein "schwammiger Begriff" sei, der sowohl kleine Gebetsgruppen wie auch die sonntags versammelte Gemeinschaft der Gläubigen umfasse. Sie präsentierte die "Vision" einer gut vernetzten "Pfarre neu" mit vielen unterschiedlichen Gemeinschaften, für die eine Kirche als geografische Anlaufstelle Kontakt und Austausch sichert.
Besonderes Augenmerk werde bei der Diözesanreform auf der Befindlichkeit der Priester zu legen sein, so Prüller-Jagenteufel. Sie berichtete von einer noch laufenden deutschen Studie dazu, wonach gerade jene Kleriker am belastetsten seien, die sich rollenverunsichert und im "Identitätsstress" befinden. Es werde wichtig sein, auch jenen Priestern, die sich nicht mehr auf den "sicheren Status" als Pfarrer berufen können, Anerkennung und Wertschätzung zu sichern.
APG-Stabsstellenleiterin Andrea Geiger erinnerte an den Anstoß von Papst Franziskus in seinem Schreiben "Evangelii gaudium", wonach "es wurde immer so gemacht" kein maßgebliches Kriterium für kirchliches Wirken in der Welt sei. Ein Papst von außerhalb Europas könne auch lehren, den Blick nicht nur auf "Wegbrechendes" zu fixieren, sondern auch dahin zu schauen, wo Kirche wächst - und warum das dort geschieht. Dabei zeige sich, dass nicht Pfarrstrukturen die Lebendigkeit christlichen Lebens ausmache; oft entfalte sich diese in nachbarschaftlichen Kontexten, in "small christian communities", die freilich nicht isoliert voneinander bestehen sollten, sondern Vernetzung brauchen, wie Geiger betonte. Entscheidend sei es, die Diözesanreform als geistlichen Prozess zu sehen, bei dem verdeutlicht werde, dass jeder Getaufte ein "missionarischer Jünger" ist.
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