Pastoralamtsleiterin Veronika Prüller-Jagenteufel nimmt Stellung zu Medienberichten über den diözesanen Reformprozess
Der "Kurier" schreibt in der Printausgabe vom 14. Februar von einem "Kahlschlag" bei den Pfarren der Erzdiözese Wien. Was ist da dran?
Prüller-Jagenteufel: Das ist ein ziemlicher Unsinn. Zugesperrt wird keine einzige Pfarre. Im Rahmen des diözesanen Erneuerungsprozesses werden zwar Pfarren zusammengelegt. Aber dort wo eine lebendige katholische Gemeinde besteht, wird es die auch weiterhin geben. Auch wenn eine Kirche dann nicht mehr Pfarrkirche, sondern "nur" eine unter mehreren Kirchen im Pfarrgebiet ist, soll sie weiter als Kirche erhalten bleiben und genützt werden. Vor allem in der Großstadt wird es aber Fälle geben, wo die Dichte an Kirchengebäuden in einer neugebildeten Pfarre zu groß ist und die Mittel nicht ausreichen, um alle zu erhalten. Dann kann es auch sein, dass gelegentlich ein Kirchengebäude abgegeben wird. Das wird aber sicher kein Kahlschlag sein, sondern bestenfalls eine Auslichtung. Ein Beispiel: In unserem Pilotprojekt im 15. Wiener Gemeindebezirk, gibt es derzeit sieben Pfarren. Sie werden sich zu zwei neuen Pfarren zusammenschließen. Dann werden von den jetzt sieben Pfarrkirchen dieses Dekanats nur mehr zwei Pfarrkirchen im engeren Sinn sein. Von den anderen fünf Kirchen werden vier weiterhin Kirchen mit Gottesdiensten, Sonntagsmesse usw. sein. Nur bei einer einzigen von ihnen gibt es konkrete Schritte, sie an eine andere christliche Konfession zu übergeben, wobei auch dort eine Kapelle für die katholische Gemeinde erhalten bleibt. Derzeit gibt es drei solche Fälle, alle in der Stadt Wien, wo es mehr als 250 Kirchen gibt.
Aber in der Zeitung steht doch auch, die Erzdiözese werde von 660 auf 300 Pfarren schrumpfen. Stimmt das?
Prüller-Jagenteufel: Generalvikar Krasa hat auf die Fragen von Journalisten, wie viele Pfarren es am Ende der Zusammenlegungen geben wird, gesagt: "Das könne wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Vielleicht werden es halb so viele wie jetzt sein." Er hat darauf hingewiesen, dass die Zahl der künftigen Pfarreinheiten davon abhängt, was bei den Gesprächen in den Vikariaten und Dekanaten herauskommt, die bis ins Jahr 2015 laufen. Es gibt aber keine genaue Zahl als Zielvorgabe. Stattdessen gibt es gewisse Vorgaben, nach denen sich die Größe der künftigen Pfarren und damit auch ihre letztendliche Zahl richten wird, zum Beispiel, dass sie so groß sein soll, dass es ein richtiges Team an hauptamtlich Tätigen geben kann, mit drei bis fünf Priestern, dazu Diakone, Pastoralassistent oder -assistentin, Pfarrsekretariat, vielleicht einem Ökonomen. Im zweiten Pilotprojekt im Bezirk Favoriten war nicht vorgeschrieben, wie viele Pfarren es künftig geben soll. Dass sich dieses Gebiet nun auf vier Pfarren aufteilen wird, wurde in einem gemeinsamen Prozess entwickelt - es hätten aber auch drei oder fünf sein können.
Was ist damit gemeint, wenn vom "Zusperren" von Pfarren die Rede ist?
Prüller-Jagenteufel: Das ist ein Begriff der Journalisten, nicht von uns. Er stimmt auch so nicht. Wo es jetzt Leben in der Kirche gibt, wird es das auch weiterhin geben. Wir wollen durch Strukturen der Weite ermöglichen, dass sich leichter neue Gruppen bilden, sich Gläubige leichter finden und zusammentun können, dass Neues entstehen kann, dass gemeinsame Aufgaben in einer Region, in einem Grätzl auch gemeinsam und somit leichter bewältigt werden können, dass die blühenden Gemeinden den schon etwas welk Gewordenen besser beistehen können usw.Das ist keine Kultur des Zusperrens, sondern des Aufbrechens. Freilich ist ein Aufbruch immer auch ein Zurücklassen von Vertrautem und scheinbar Unverzichtbarem. Das mahnt uns zur Behutsamkeit.
Und es ist auch klar, dass Kirche am Land anders funktioniert als in der Stadt. Wir wollen keinem einzigen Ort die Kirche nehmen. Auch wenn eine Pfarrgemeinde zur Filialgemeinde wird, eine Pfarrkirche zur Filialkirche, so soll das katholische Leben am Ort darunter nicht leiden.
Warum greifen die Medien das Thema jetzt auf. Gibt es Neues?
Prüller-Jagenteufel: In der Sache gibt es nichts Neues. Am Donnerstag gab es ein Gespräch mit Journalisten, um ihnen den Stand der Dinge mitzuteilen und das Verständnis dafür zu verbessern, worum es beim diözesanen Erneuerungsprozess geht. Das ist uns offenbar nur bei den meisten, nicht bei allen Journalisten gelungen.
Wie geht es nun weiter?
Prüller-Jagenteufel: In aller Ruhe und mit all der Zeit, die für eine so komplexe Entwicklung nötig ist – und unter unveränderten Rahmenbedingungen.
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Mag. Mathilde Kraus
Pressereferentin
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