Univ.-Prof. Dr. Thomas Prügl,
Institut für Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Wien.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Prügl,
Institut für Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Wien.
Sommer-Serie zum Universitätsjubiläum: Der Wiener Kirchenhistoriker Thomas Prügl über das Pontifikat von Papst Franziskus und seine Erwartungen an die Bischofssynode im Oktober.
Der Amtsantritt von Papst Franziskus im März 2013 hat der Kirche bis zum heutigen Tag eine deutlich positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit beschert.
Der einfache, herzliche Stil des Papstes, seine Amtsführung, die mit ausdrucksstarken Zeichen arbeitet, die Betonung der Option für die Armen, das Bemühen um die Anerkennung der Einzelschicksale, die Aufrufe zur Bescheidenheit und zur charakterlichen Stärke haben dem kirchlichen Lehramt einen neuen Sprachstil gegeben, der aus dem Herzen spricht, der Nähe vermittelt und zum Nachdenken einlädt.
Unter theologischer Hinsicht mag man einen Vorrang der Person und des Personalen vor dem Dogma und dem Dogmatischen erkennen, wobei auch das Kritische nicht zu kurz kommt.
Der Papst bedient sich also einer Sprache, die bei den Zeitgenossen, Christen oder Nichtchristen, gut ankommt und als „authentisch“ empfunden wird. Seine rastlosen, ja fast aggressiven Maßnahmen in Richtung einer Kurienreform, die die Missstände beim Namen nennt und radikale Lösungen nicht ausschließt, haben die Erwartungen zusätzlich angeheizt. Mit den strukturellen Reformen möchte der Papst Lethargien überwinden und dem kirchlichen Handeln neue Begeisterung einhauchen.
Dabei ist der Papst hellsichtig genug zu wissen, dass eine „gute Presse“ kein Selbstzweck sein darf. Als Jesuiten wird ihn das ignatianische Motto aus Lk 12,49 umtreiben: „Feuer auf die Erde zu werfen bin ich gekommen, und was gäbe ich dafür wenn es schon brennen würde“.
Die Entwicklung der Kirche in unserer, ja in jeder Zeit, entscheidet sich letzten Endes nicht an der öffentlichen, medial gesteuerten Wahrnehmung des Papsttums oder am Unmut über kirchliche Strukturen, sondern daran, ob das Feuer des Glaubens, von dem das Evangelium spricht, angefacht wird, wächst und dann die Welt verändert.
So gesehen fängt die Entwicklung der Kirche immer wieder neu beim einzelnen an. Hier entscheidet sich das Wesen und die Gestalt von Kirche eher als bei der Kurienreform.
Ein ähnliches Dilemma zwischen persönlichem Anspruch und kirchlichen Strukturen steht bei der Bischofssynode im Oktober auf dem Spiel.
Die Synode steht unter einem hohen Erwartungsdruck, da es in einzelnen Fragen zu Polarisierungen gekommen ist, deren Beantwortung in den Augen vieler Zeitgenossen über Erfolg oder Misserfolg der Synode entscheiden wird, ja auch über das Image des Papstes als eines scharfen oder lahmen Reformers.
Was die einen als seelsorgerliche Notwendigkeit und überfälliges Ernstnehmen der Lebenslagen der Menschen fordern, erachten die anderen als Traditionsbruch und Verrat an der Verlässlichkeit der Kirche und ihrer Lehren.
Die Gefahr ist groß, dass sich die Synode darüber aufreiben könnte. Wir haben an der Katholisch-theologischen Fakultät in den letzten Monaten intern mit Beiträgen aus den verschiedenen Disziplinen die Dringlichkeit einer Neubesinnung auf das Ehesakrament und seine pastoralen Herausforderungen diskutiert.
Dabei wurde wiederholt beklagt, dass hinter allen berechtigten Fragen nach einem gerechten Umgang mit gebrochenen Ehen und krummen Biographien das christliche Verständnis der Ehe in der Gesellschaft insgesamt verloren zu gehen droht.
Es wäre nicht das schlechteste Ergebnis der Synode, wenn von ihr Impulse ausgingen, den Reichtum der Ehe, ihre geistliche, sakramentale, ethische und personale Tiefe neu zu erkunden und zu verkünden. Vielleicht lassen sich daraus ja auch Konsequenzen für die Kirche ableiten.
Zum Nachlesen:
Kommende Beiträge:
9. 8.: Ingeborg Gabriel (Sozialethik).
16. 8.: Rudolf Prokschi (Ostkirchenkunde)
23. 8.: Hans Schelkshorn (Philosophie)
30. 8.: Ludger Schwienhorst-Schönberger (Altes Testament)
6. 9.: Regina Polak (Pastoraltheologie)
Katholisch Theologische Fakultät der Universität Wien
Die Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag"