„Wir wollen achtsam sein und auf den Heiligen Geist hören. Wenn er uns etwas zu sagen hat, wollen wir bereit sein.“
„Wir wollen achtsam sein und auf den Heiligen Geist hören. Wenn er uns etwas zu sagen hat, wollen wir bereit sein.“
Die Benediktiner der ungarischen Erzabtei Pannonhalma sehen Jesus in jedem Menschen in Not. Im Exklusivinterview für den SONNTAG erzählen sie von ihrem Einsatz für Flüchtlinge.
Malerisch erhebt sich die Erzabtei Pannonhalma mit dem markanten Glockenturm über Felder, Wiesen und Dörfer.
Das „Kloster des Heiligen Martin“ steht seit 996 dort, wo der römische Soldat und spätere Bischof geboren worden sein soll. An einem Wintertag, so wird berichtet, sah Martin einen nackten Bettler und teilte mit ihm seinen Mantel.
Wen würde Martin heute sehen? Das fragen die Benediktiner in Pannonhalma jedes Jahr sich selbst und die rund 350 Schüler ihres Internats.
„Es geht darum, Jesus im notleidenden Bruder zu entdecken“, erklärt P. Titusz Hardi, Benediktiner in Pannonhalma.
Eine Woche lang beschäftigen sich die Mönche und ihre Schüler intensiv mit Menschen in Not und organisieren konkrete Hilfe, für Arme in Afrika oder eine Schule in der Ukraine.
Sie besuchten Jugendliche im Gefängnis und wagten sich an das brisante Thema Roma heran. „Als ich den Schülern sagte, in diesem Jahr geht es um Roma, fühlte ich eine Mauer zwischen mir und ihnen“, erinnert sich P. Titusz, „aber wir haben im Laufe des Projekts wirklich Fortschritte gemacht und sogar zwei Romasiedlungen besucht.“
Im vergangenen Schuljahr stellten die Benediktiner von Pannonhalma die Flüchtinge in den Mittelpunkt: „Das war letztes Jahr noch kein großes Thema, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, es wäre jetzt dran“, so Benediktinerpater Titusz Hardi, „wir sind in ein Flüchtlingslager gefahren und haben einige Familien zu uns eingeladen.
Wir haben versucht, die Schüler zu sensibilisieren und ich glaube, die Botschaft ist angekommen. Aber das war alles recht weit weg.
Dieses Jahr haben wir gesehen: Das passiert vor unseren Augen – und keiner kann sich da heraushalten.“
Als sich die Lage der Flüchtlinge verschärfte, überlegten die Benediktiner in Pannonhalma, was sie tun könnten. P. Titusz Hardi hatte dabei den Heiligen Martin vor Augen: Es heißt, Martin sei im Traum Jesus erschienen – bekleidet mit jenem Mantel, den der Heilige dem Bettler geschenkt hatte.
Sankt Martin habe begriffen, was im Matthäusevangelium steht: „Ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben“. Es heißt dort auch: „Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen“.
Im Sommer beriet sich die Gemeinschaft und P. Titusz sagte zu seinen Ordensbrüdern: „Ich habe Angst, dass Jesus an unserer Abtei vorbeigeht und wir sehen ihn nicht.“
Die Benediktiner von Pannonhalma unterstrichen daraufhin ihr Prinzip, dass jeder Hilfesuchende Einlass finde.
Erzabt Imre Asztrik Várszegi, dessen Wort über die Klostermauern hinweg Gewicht hat, stellte klar: Wenn jemand in Not ist, spiele es keine Rolle, welche Religion oder Nationalität er hat. Man dürfe ihm nicht die Tür verschließen.
Vor knapp zwei Wochen, standen die ersten Flüchtlinge an der Klosterpforte: „Zwei Familien kamen hier mitten in der Nacht an“, sagt P. Titusz Hardi, „wir öffneten die Sporthalle, gaben ihnen Decken, Essen und was sie noch brauchten. Sie konnten duschen und ihre Wäsche waschen.“
Die Familien zogen weiter nach Österreich. Andere kamen und gingen seither. Die Benediktiner der Abtei Pannonhalma versuchen weiterhin auf ihre Weise, Mitmenschen in Not zu helfen – wie der Heilige Martin.
„Einige Mitbrüder haben in der letzten Zeit täglich Nahrung und Kleidung in Flüchtlingslager gebracht“, sagt P. Titusz Hardi, „wir wollen achtsam sein und auf den Heiligen Geist hören. Wenn er uns etwas zu sagen hat, wollen wir bereit sein.“
P. Titusz Hardi
Die Benediktiner von Pannonhalma unterstreichen ihr Prinzip, dass jeder Hilfesuchende Einlass finde.
Benediktinerkloster - Pannonhalmi
Pannonhalma,
Vár 1,
9090 Ungarn
Weitere Informationen zu "Der Sonntag" die Zeitung der Erzdiözese Wien
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