Lene Mayer-Skumanz: Etwas mit Humor zu nehmen ist manchmal das Einzige, was einem noch bleibt. Übrigens bin ich davon überzeugt, dass Gott auch Humor hat, Humor liebt und schenken kann.
Lene Mayer-Skumanz: Etwas mit Humor zu nehmen ist manchmal das Einzige, was einem noch bleibt. Übrigens bin ich davon überzeugt, dass Gott auch Humor hat, Humor liebt und schenken kann.
Lene Mayer-Skumanz schreibt seit mehr als fünfzig Jahren Bücher für junge Menschen. In ihren Geschichten spielen der Humor und Gott tragende Rollen.
SONNTAG: Wann haben Sie begonnen zu schreiben?
Lene Mayer-Skumanz: Ich habe schon als junges Mädchen gerne geschrieben. Da hab’ ich Theaterstücke nach großem Muster – Mann zwischen zwei Frauen – verbrochen, die haben wir in der Klasse aufgeführt. Mit 21 Jahren habe ich dann versucht, ein Jugendbuch zu schreiben.
Damals hat es geheißen, heutzutage könne man kein Jugendbuch mit christlichen Motiven schreiben. Als junger Mensch ist man ja naiv oder mutig, also habe ich es probiert – und für diese erste Tat [„Ein Engel für Monika“, 1965] den Österreichischen Staatspreis für Kinder- und Jugendliteratur bekommen.
In Ihren Büchern beschreiben Sie ein freundschaftliches, partnerschaftliches Gottesbild. Entspricht das Ihrem persönlichen Verständnis von Gott?
Lene Mayer-Skumanz: Für mich ist die Gottheit – gleich, ob man sie sich mütterlich, väterlich, geschwisterlich vorstellt – eine Gottheit, mit der man sprechen kann. Es ist ein Du, ein Gegenüber. Ich persönlich spreche mit Gott in allen Lebenslagen, beim Suppenkochen, Bügeln, Spazierengehen.
Es ist für mich selbstverständlich, mich an ein Du zu wenden, das mir liebevoll entgegen kommt. So stelle ich mir das vor. Es ist eine im wahrsten Sinne des Wortes zuvorkommende Liebe, die ich mir vorstelle und auch erlebt habe.
In welchen Situationen haben Sie diese zuvorkommende Liebe gespürt?
Lene Mayer-Skumanz: In sehr glücklichen, aber auch in sehr schwierigen, etwa vor einer Operation. Aber es ist für mich eine ununterbrochene Gesprächssituation, ich kann’s nicht wegdenken aus meinem Alltag.
Gab es auf Ihrem Weg zur Schriftstellerin Hindernisse oder Stolpersteine?
Lene Mayer-Skumanz: Viele meiner Kolleginnen haben nicht verstanden, warum ich mich für religiöse Motive interessiere. Mira Lobe sagte liebevoll zu mir: ,Lenelein, du kannst doch schreiben. Wann schreibst du endlich einmal etwas Ordentliches?‘ Da hab’ ich beschlossen, ich bleibe bei dieser Linie, und irgendwann werden alle verstehen, dass das etwas Ordentliches ist.
Gab es Menschen, die Sie gefördert, vielleicht sogar inspiriert haben?
Lene Mayer-Skumanz: Ich verdanke den Steyler Missionaren sehr viel. Ich war lange Zeit in Mödling Redakteurin der Kinderzeitschrift „Weite Welt“. Von den Steyler Theologen wie P. Gottfried Vanoni, P. Josef Hollweck oder P. Jakob Mitterhöfer habe ich sehr, sehr viel gelernt.
Ihre offene Art, an die Dinge heranzugehen, ihre unglaubliche Bildung und ihre Interessensbreite haben mich beeindruckt. So habe ich von den Steyler Missionaren viel übernommen und mich dabei immer wohl gefühlt.
Wie entstehen Ihre Geschichten?
Wo holen Sie sich Inspiration?
Lene Mayer-Skumanz: Ich hole mir sehr viel Anregung aus dem Leben, aus Gesprächen. Zu schreiben fange ich erst dann an, wenn ich meine Geschichte wie ein Theaterstück im Kopf habe. Ich fühle mich wie die Spielleiterin und beobachte meine Figuren ganz aus der Nähe. Wenn ich höre, wie sie reden, weiß, wie sie leben, und wie das Stück aufgeführt wird, dann setze ich mich hin und schreibe es auf.
Die Arbeit ist, das, was sich so lebhaft in meinem Kopf abspielt, so zu Papier zu bringen, dass beim Zuhören auch dieses Theaterstück entsteht. Das ist die Leistung des Zuhörers oder Lesers, dass er sich seine Geschichte im Kopf zusammenbaut aufgrund meiner Worte.
Wichtig ist mir, dass die Sprache gut klingt. Die Worte sollen ein Klangerlebnis sein, weil es gilt, Gefühle und viele Zwischentöne zu transportieren.
Ihre Geschichten sind sehr humorvoll. Welche Rolle spielt der Humor in ihrem Leben?
Lene Mayer-Skumanz: Etwas mit Humor zu nehmen ist manchmal das Einzige, was einem noch bleibt. Übrigens bin ich davon überzeugt, dass Gott auch Humor hat, Humor liebt und schenken kann.
Was macht Sie glücklich?
Lene Mayer-Skumanz: Glücklich macht mich, wenn ich sehe, dass sich einer meiner lieben Mitmenschen mit etwas beschäftigt, das ihn ganz erfüllt, ihm Spaß macht und wodurch er die Welt ganz erfassen kann.
Ich habe so oft versucht, eine Stelle aus der Bibel gut zu übersetzen: den Engelgesang „Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten“.
Das ist schwierig für Kinder, ich baue immer noch an der Übersetzung herum. Weiter heißt es: „Erfüllt sind Himmel und Erde von Deiner Herrlichkeit.“
Im Urtext steht „die Himmel“ – es gibt viele Arten von Himmel, das gefällt mir besonders gut. Und glücklich macht mich, wenn ein Mensch diese Herrlichkeit spürt. Wenn so etwas geschieht, ist das ein Geschenk, das kann man sich wünschen, aber nicht „holen“.
Und das macht mich glücklich: die Himmel und die Erde, die voller Herrlichkeit sind. Denn man erlebt so oft, dass es anders ist. Dass es trotzdem Herrlichkeiten gibt, tröstet mich auch.
Lene Mayer-Skumanz hat mit Annemarie Fenzl das Stephansdom-Buch „Ein Haus voller Zeichen und Wunder“ geschrieben. Tyrolia Verlag. 128 Seiten.
Annemarie Fenzl; Lene Mayer-Skumanz
Der Wiener Stephansdom. Das Kinderbuch zum Dom.
2014, Tyrolia
Illustriert von Annett Stolarski
Fester Einband
128 Seiten
ISBN: 978-3-7022-3363-1
Dieses Buch online bei der Wiener Dombuchhandlung "Facultas" erstehen
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