Kurz vor der Bischofsweihe: Der Dominikanerpater Christoph Schönborn 1991 im Gespräch mit der „Wiener Kirchenzeitung“.
Kurz vor der Bischofsweihe: Der Dominikanerpater Christoph Schönborn 1991 im Gespräch mit der „Wiener Kirchenzeitung“.
Am 29. September begeht Kardinal Schönborn den 25. Jahrestag seiner Bischofsweihe. Der SONNTAG hat nachgelesen, wie seine Ernennung in turbulenten Zeiten aufgenommen wurde und mit welchen Vorstellungen der neue Wiener Weihbischof damals sein Amt antrat.
Als der Dominikanerpater Christoph Schönborn vor 25 Jahren von Papst Johannes Paul II. zum Weihbischof ernannt wurde, waren die Zeiten auch nicht ruhiger als heute. Der Zerfall Jugoslawiens hatte gerade erst zum Ausbruch von Bürgerkriegen geführt, das Bundesheer stand alarmbereit an der Grenze.
In der katholischen Kirche in Österreich ging man zivilisierter miteinander um, aber die Polarisierung war nach einer Reihe umstrittener Bischofsernennungen so stark wie nie.
Das ganze Land verfolgte mit, wie pastorale Richtungskämpfe ausgetragen wurden, und ein Thema wie der Priesterzölibat war von Juni bis September Aufreger in den Medien, sogar im Club 2.
Am 11. Juli 1991 wurde bestätigt, dass Schönborn Weihbischof in Wien wird – an der Seite von Erzbischof Kardinal Hans Hermann Groër und den Weihbischöfen Helmut Krätzl, Florian Kuntner und Karl Moser (der am Weihetag Schönborns an Krebs starb).
Da hagelte es Kritik in der Öffentlichkeit – aber an einem anderen Bischof. Am selben Tag wurde nämlich auch die Ernennung des streitbaren Kurt Krenn, seit vier Jahren ebenfalls Weihbischof in Wien, zum Bischof von St. Pölten verlautbart, was viele Beobachter als Ausdruck eines erzkonservativen römischen Kurses sahen, der sich über die Wünsche der Ortskirchen hinwegsetze.
Christoph Schönborn – obwohl auch eher als Konservativer gesehen – wurde von den Kommentatoren hingegen freundlich begrüßt.
Das intellektuelle Standing und die geistige Weite des Universitätsprofessors Schönborn wurden hervorgehoben, den Kardinal König 1970 zum Priester geweiht und 1984 in den Vorstand der Stiftung „Pro Oriente“ geholt hatte.
Die Religionsredakteurin der „Presse“, Pia Maria Plechl, schrieb von einer „Aussicht auf Versöhnung und Brückenbau“ im innerkirchlichen Konflikt. In seinem ersten Interview mit der kirchlichen Nachrichtenagentur Kathpress erklärte Schönborn dann auch: Innerkirchliche Vielfalt werde es immer geben, denn sie sei „gottgewollt“.
Als ein Vorbild des Glaubens nannte er den von den Nazis hingerichteten Franz Jägerstätter, der „um des Glaubens Willen aufs Ganze gegangen ist“.
Vom ORF befragt, sprach Schönborn über seine Sicht des Brückenbauens: Vieles, was die gegenwärtige Kirchensituation präge, komme von negativen Erfahrungen in der Zeit nach dem Konzil (1962-65). „Aus Verletzungen heraus“ würden manche Gegenreaktionen aggressiv ausfallen. Um die „Wunden auf beiden Seiten“ zu heilen, brauche es „Geduld und Besinnung auf stabile Werte“.
Damit könne man die Krise bewältigen und wieder eine solide Identität finden, aus der heraus die Kirche mit „großer Offenheit“ auf die Fragen der Zeit zugehen könne.
Im ersten Interview mit der „Wiener Kirchenzeitung“ kam er auf die Kernfragen der Kirche zu sprechen, anhand des „Hungers nach Gotteserfahrung“: „Wenn der Mensch sie heute nicht in der Kirche findet, wird er sie woanders suchen.“
Schönborn: „Ich erinnere mich an afrikanische Bischöfe, die beklagen, wir hätten zu wenig Sinn für die Größe Gottes. Haben wir vielleicht zuviel Energie für wichtige, aber doch zweitrangige Fragen der Strukturen und der Organisation verwendet und zu wenig auf das Wichtigste geachtet: Wie finden wir den Weg zu Gott? Wie kann ich Christus, dem Erlöser, nachfolgen? Wie mich der Führung des Heiligen Geistes anvertrauen? Wir besitzen einen unvergleichlichen Schatz an geistlichen Meistern, die uns diesen Weg weisen können.“
Schon damals verwarf er das Ideal der „kleinen Herde“: „Die Kirche ist keine Sekte, kein kleiner, verschworener Kreis von Erwählten. Ihr Mantel ist weit und deckt noch viele, die ihr äußerlich fern zu sein scheinen. Doch müssen wir uns vom Eifer der Sekten fragen lassen: Drängt uns die Liebe Christi, von Ihm zu sprechen und Ihn zu bezeugen? Haben wir genügend Wissen über unseren Glauben, um ihn Suchenden weiterzugeben?“
Vieles findet sich bis heute in der Agenda des 1995 schließlich zum Erzbischof gewordenen Christoph Schönborn.
Am prominentesten der Gedanke von der Freundschaft mit Gott, zu der alle Menschen eingeladen sind – ausgedrückt im damals gewählten Wahlspruch „Euch aber habe ich Freunde genannt“ aus dem Johannesevangelium.
Aber selbst das Jahr der Barmherzigkeit findet einen Bezug in der Bischofsweihe vom 29. September 1991, als Schönborn vor dem Gesang des „Salve Regina“ seinen Dienst und die ganze Erzdiözese der „Mutter der Barmherzigkeit“ anvertraute:
„All das Gute, das geschieht, ob bekannt oder unbekannt, all die Wunden, die – oft unbeabsichtigt – geschlagen werden. Und wir bitten Maria, dass sie uns nicht erst nach dem Tod, sondern schon hier ... Christus neu zeige.“
Der damalige Kathpress-Chef Erich Leitenberger schrieb am Abend der harmonisch verlaufenen Bischofsweihe: „Es scheint, als könnte das ,Schiff der Kirche‘ in Wien nach Jahren der Turbulenzen wieder Kurs auf ruhigere Gewässer nehmen.“
Der Papst gratuliert
Papst Franziskus hat an Kardinal Schönborn einen lateinischen Gratulationsbrief zu dessen silbernem Bischofsjubiläum gerichtet.
Hier ein Auszug in Übersetzung:
„Wir wissen, dass du in deinem Dienst ein Zeuge jener Übereinstimmung von Wort und Werk bist, ... zu bekennen, was wir glauben, und auszuführen, was wir lehren...
Begleitet von der Fürsprache und dem Schutz des hl. Erzmärtyrers Stephanus, der auch für seine Verfolger zu beten wusste, gewähre dir Gott, alle zu lieben und immer die Einmütigkeit aller herzustellen.“
Mehr zu Kardinal Schönborn
siehe auch "Eine starke Eröffnungsansage" - Blog von Michael Prüller
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Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien