Als Fokolarin hat Elisabeth Reichel Jesus ihr Leben zur Verfügung gestellt. Den Rest macht er, und das traut sie ihm auch zu.
Als Fokolarin hat Elisabeth Reichel Jesus ihr Leben zur Verfügung gestellt. Den Rest macht er, und das traut sie ihm auch zu.
„Ich habe gespürt: Nein kann ich nicht sagen“
Elisabeth Reichel war 17, als sie Gott als Person entdeckt hat. „Es war, wie wenn ich Licht in einem dunklen Zimmer aufdrehe und plötzlich eine Person neben mir sitzt“, beschreibt sie diese Erfahrung. Ab dann konnte sie mit Gott sprechen, eine Beziehung aufbauen und hat gemerkt: Gott ist einer, der auf sie schaut und auf den sie schauen konnte.
Reichel war als Jugendliche zu einem Urlaubstreffen der Fokolarbewegung eingeladen worden, einem sogenannten Sommer-Mariapoli. Nach Hause gegangen ist sie mit dem Auftrag, in jedem Menschen Jesus zu sehen. „Ich hab versucht, ob das geht. Das mit dieser Liebe“, beschreibt sie. Als sie einen Monat lang mit ihrem Onkel beisammen war, mit dem sie es sich schwer tat, hat sie ganz bewusst die Liebe gelebt: für ihn Zwiebeln geschnitten, sich für seine Arbeit interessiert, ihm in der Werkstatt geholfen. Und tatsächlich gab es nach dem Monat eine 180-Grad-Wendung in ihrer Beziehung. Reichel machte die Erfahrung: Einheit ist möglich, durch die Liebe.
Diese Einheit ist es, die Elisabeth Reichel seit diesem Zeitpunkt als Charisma der Fokolar-Bewegung kennt, und die sie seitdem zu leben versucht. Als sie sich später – hineingewachsen in die Bewegung, engagiert für die Jugend – ganz für Gott und das Leben als Fokolarin entschied, machte sie die Einheit zu ihrem Kernauftrag: „Die Spiritualität hat mir ganz entsprochen, sie schien mir innerhalb der Kirche Antwort auf die Fragen der heutigen Zeit.“
Erkannt hat Reichel ihre Berufung, weil sie verstanden hat: Ihre Wahl fällt auf Jesus, den Verlassenen am Kreuz: „Es ist schwierig, immer zu lieben. Aber wenn ich mich Jesus, dem Verlassenen zuwende, dann verändert sich etwas. Er ist der, der aus Liebe so weit geht, dass er bereit ist, sich von Gott verlassen zu fühlen.“ Reichel hat gemerkt: Dort gehört sie hin. Und dann wusste sie auch, dass sie Ja sagen möchte. „Nicht, weil ich das so sehr gespürt habe. Aber weil ich gemerkt habe: Nein kann ich nicht sagen.“
Als Fokolarin kann Elisabeth Reichel den Beruf ausüben, den sie gelernt hat. Sie arbeitet als Psychiaterin in einer Ambulanz mit geistig abnormen Rechtsbrechern und hat als Psychotherapeutin eine eigene Praxis. Für die Bewegung kann sie abends und am Wochenende arbeiten.
Die erste Zeit nach ihrer Entscheidung war für Reichel fantastisch: „Ich habe das Gefühl gehabt, die ganze Welt gehört mir.“ Doch natürlich kamen auch Zeiten für Zweifel. „Als ich meinen Turnus gemacht habe, hatte ich viele Nachtdienste und hatte für die Bewegung auch die Verantwortung für die Jugend – ich war überfordert. Und ich habe mich gefragt: Schaffen wir das überhaupt, 24 Stunden in gegenseitiger Liebe zu leben?“ Da kamen die Zweifel am Glauben und an allem.
Unterstützt hat sie die Gemeinschaft, die drei bis vier anderen Fokolarinnen, mit denen Reichel zusammenlebt. Und es gab den inneren Schritt, dass Jesus es noch einmal mit ihr probieren will. Heute ist Reichel vor allem von Dankbarkeit erfüllt: "Ich habe ihm mein Leben zur Verfügung gestellt, den Rest macht er, das darf ich ihm auch zutrauen. Alles ist so reich, ich zehre so viel von Beziehungen mit Menschen und kann mein Leben einfach genießen.“
Was bedeutet ihnen Glaube?
Gott bedeutet mir alles. Glaube ist die Art, wie ich mich ihm nähere, wie ich ihn suche.
Was ist Ihre Lieblingsbibelstelle?
Was mich immer wieder anspricht, ist der Blick Gottes auf mich gerichtet: „Jesus sah ihn an und liebte ihn.“ Außerdem begleitet mich ein Spruch aus dem Evangelium, aus dem ersten Johannesbrief, den ich von Chiara Lubich bekommen habe: „Wer seinen Bruder liebt, lebt im Lichte.“
Haben Sie ein Vorbild oder einen Lieblingsheiligen?
Meine Vorbilder sind neben Chiara Lubich auch Klaus Hämmerle, der ehemalige Bischof von Aachen und Mitbegründer der Fokolarbewegung. Er ist ein toller Theologe, der ganz in die Spiritualität der Fokolare eingedrungen ist. Auch Gandhi und Mutter Teresa sind Vorbilder für mich.
Gibt es eine frühe, religiöse Erinnerung in Ihrem Leben?
Als ich klein war, haben meine Eltern eine schwierige Zeit gehabt und recht viel gestritten. Dann bin ich wach geblieben und habe mit dem lieben Gott ausgemacht, dass ich Wache halte und er die Situation verändern muss. Das war eine erste Gebetserfahrung.
Wofür zahlt es sich aus, sich einzusetzen?
Für Frieden, Einheit und Solidarität.
Welche Hobbys haben Sie?
Radfahren – mein letzter Urlaub waren Radtouren in Bosnien und Herzegovina – malen, schreiben und in Ausstellungen gehen.
Was sagen Ihre Kollegen über Sie?
Dass ich viele Fragen stelle.
Wo und wie tanken Sie Kraft?
Ich tanke Kraft aus der Gemeinschaft, aus Gesprächen innerhalb der Gemeinschaft, aus der täglichen Betrachtung und aus der Eucharistie.
Welche Momente haben Ihren Weg mit Gott geprägt?
Das waren die Krisenmomente, bei denen es immer wieder neu darum ging, sich für Gott zu entscheiden. Und es waren Highlights innerhalb der Bewegung: 2001 war Chiara bei uns in Österreich, da gab es ein Treffen mit 6000 Jugendlichen. Beim Kongress „1000 Städte zu Europa“ in Innsbruck durften wir zu europäischen Politikern über Gott sprechen, auch das Weltjugendtreffen in Rom war etwas Besonderes.
Welche Orte sind wichtig für Ihren Glauben?
Der Stephansdom ist mir wichtig, dort bin ich schon als Kind in die Messe gegangen. Und die Berge.
Was möchten Sie Berufungssuchenden mitgeben?
Dass man sich trauen darf. Man darf alles erwarten und muss keine Angst haben, die Entscheidung zu treffen.
Geboren 1962
Im Fokolar seit 1988
Ansprechpartnerin für Fokolare in Österreich
Kontakt: www.fokolare.org, info@fokolare.at
WEITERE INFORMATIONEN
Fokolare der Frauen und Männer
Fokolare leben in Kleingruppen nach den evangelischen Räten, sie schöpfen aus der Quelle der Spiritualität der Einheit. |
Chiara Lubich
Die Gründerin der Fokolar-Bewegung |
Chiarina Elisabeth MarentIn der Spiritualität der Fokolar-Bewegung entdeckte sie den Weg, der mich direkt zu Gott und zum Bruder führt. |