"Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen." (Ex 20,5)
"Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen." (Ex 20,5)
Das erste Gebot. »Du sollst keine anderen Götter haben vor meinem Angesicht« (Ex 20,3/Dtn 5,7)
Ein Kommenatar von Oliver Achilles, von den Theologischen Kursen, Universität Salzburg, Fachbereich Praktische Theologie, Moraltheologie und Spirituelle Theologie.
Gewöhnlich wird das in der katholischen und lutherischen Zählweise erste Gebot auf diesen Satz beschränkt. Aber der biblische Text geht noch weiter: »Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation; bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld.« (Ex 20,4-6)
Im orthodoxen, anglikanischen und reformierten Christentum wird dieser Passus als zwei Gebote gezählt: Fremdgötterverbot und Bilderverbot. Historisch gesehen stammt das Fremdgötterverbot aus einer Zeit, in der in Israel noch die Vorstellung eines Götter-Pantheons herrschte. Man spricht daher in diesem Zusammenhang noch nicht von Monotheismus, sondern von Monolatrie – also der Forderung nach der Verehrung eines einzigen Gottes, ohne die Existenz anderer Götter zu bestreiten (vgl. Mi 4,5)
Gleichzeitig ist zu beobachten, dass das Buch Deuteronomium seine heutige Gestalt in einer Zeit gefunden hat, in der sich der Monotheismus bereits durchgesetzt hatte. Unmittelbar vor dem Dekalog heißt es: »JHWH, er ist der Gott, keiner sonst außer ihm.« (Dtn 4,35) Was ist dann der theologische Sinn des Fremdgötterverbotes im Kontext des Monotheismus? Er hängt eng mit dem Bilderverbot zusammen. Menschliche Projektionen (»sich von Gott ein Bild machen«) sollen nicht dazu führen, das Wesen Gottes mit unseren begrenzten Vorstellungen über IHN zu verwechseln. Das Verbot, sich solchen (selbst gemachten!) Vorstellungen zu unterwerfen, dient wieder der Bewahrung der Freiheit – Unterdrückung und Gewalt im Namen Gottes wird so zurückgewiesen.
Dass Menschen sich gleichzeitig einer bildhaften Sprache bedienen müssen (»Gott ist wie ...«), um von Gott überhaupt etwas aussagen zu können, wird in der bildhaften Rede von der »Eifersucht« Gottes deutlich. Sie dürfte ursprünglich aus der prophetischen Verkündigung stammen. Der Prophet Hosea etwa verwendet das Bild der Ehe, um die Beziehung zwischen JHWH (Mann) und Israel (Frau) zu schildern (Hos 2,4-25). Es ist aber wichtig, sich bewußt zu machen, dass sich dabei um eine Symbolsprache handelt, deren Sinn erschlossen werden muss. Darum weiß auch das Hoseabuch, in dem JHWH sagt: »Denn ich bin Gott und kein Mann, der Heilige in deiner Mitte.« (Hos 11,9b) Die Rede von der Eifersucht will sagen, dass Gott leidenschaftlich an seinem Volk hängt und IHM das Verhalten und Ergehen Israels nicht gleichgültig sind.
Das Wort von der Verfolgung der Schuld an der dritten und vierten Generation wirkt zunächst bestürzend. Im Hintergrund steht die Realität, dass in einer Familie drei bis vier Generationen zusammenleben können. Welche destruktiven Verhaltensweisen werden von einer Generation auf die Nächste weitergegeben? Zu beachten ist, dass die Segenszusage hier ungleich höher ist, indem sie »Tausende« betrifft, nicht nur die Hausgemeinschaft.
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Die zehn Gebote - eine Einleitung
1. Gebot: Du sollst den Herrn, deinen Gott anbeten und ihm dienen
2. Gebot: Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren
3. Gebot: Du sollst den Tag des Herrn heiligen
4. Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren
5. Gebot: Du sollst nicht töten
6. Gebot: Du sollst nicht die Ehe brechen
7. Gebot: Du sollst nicht stehlen
8. Gebot: Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen
9. und 10. Gebot: Begehren
Über den Autor:
Mag. Oliver ACHILLES hat in Bonn, Tübingen und Wien Katholische Theologie studiert und war fast 20 Jahre lang als Pastoral- und Pfarrassistent in der Erzdiözese Wien tätig. Seit 2008 ist er als wissenschaftlicher Assistent bei den THEOLOGISCHEN KURSEN tätig und lehrt Altes und Neues Testament. Als Bibliker geht es ihm um eine Auslegung der Heiligen Schrift "die Gottes würdig ist" (Origenes) - und die sich im Leben bewähren kann.
Weiterführende Literatur zu den 10 Geboten |
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