Es geht um eine Entscheidung, so der Theologe Kurt Appel: "Sind wir bereit, uns zu öffnen - auf den anderen hin, und zwar jetzt sofort und ohne Aufschub? Oder lassen wir unseren Alltag einfach so weiterlaufen?"
Es geht um eine Entscheidung, so der Theologe Kurt Appel: "Sind wir bereit, uns zu öffnen - auf den anderen hin, und zwar jetzt sofort und ohne Aufschub? Oder lassen wir unseren Alltag einfach so weiterlaufen?"
Der Advent ist eine Zeit der Entscheidung, der Unterbrechung und der Erwartung festlicher Begegnungen – mitten im Alltag, so der Theologe Kurt Appel.
Im Advent fragen wir gerne: Worauf warten wir? Und was erwarten wir? Diese Frage könnte man einmal umdrehen, schlägt Kurt Appel vor: "Vielleicht lautet die Frage vielmehr: Was erwartet uns eigentlich? Und wer wartet auf uns?" Ist es vielleicht für uns an der Zeit, dass wir jemanden entgegen gehen, der uns erwartet? Das könnte eine wichtige Gedankenumkehrung sein, meint Appel.
Er ist Professor für Theologische Grundlagenforschung an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Seine Forschungsgebiete sind unter anderem die Frage nach dem Wesen der Zeit und die Bedeutung des Festes.
"Als Christen sagen wir, es ist der Messias, der auf uns wartet, es ist messianische Zeit, die uns erwartet", so Appel. Damit bekomme Zeit einen ganz bestimmten Charakter. Sie werde zu einer "Zeit gespannter Erwartung, einer Zeit, in der es um Entscheidungen geht".
Es gehe um die Entscheidung, "sind wir bereit, dass wir uns öffnen hin auf die Ankunft des Messias", erklärt Appel: "Das bedeutet, sich zu öffnen auf den anderen hin, und zwar jetzt sofort und ohne Aufschub. Oder lassen wir unseren Alltag einfach so weiterlaufen, als ob nichts passiert wäre?"
Gottesbegegnung bedeutet, dass wir unsere Masken, Verfälschungen und Verhärtungen abwerfen.
Das Problem bestehe heute darin, "dass wir gar nicht mehr damit rechnen, dass irgendjemand auf uns wartet", stellt Appel fest. "Und auch wir erwarten nichts mehr." Die Adventzeit wäre eine Gelegenheit, sich zu besinnen und zu erkennen, dass jemand auf uns wartet. "Und jemand erwartet von uns, dass wir unser Leben ändern; dass wir unser Leben für eine Gottesbegegnung öffnen. Und Gottesbegegnung bedeutet christlich gesehen auch immer, dass wir unsere Masken, Verfälschungen und Verhärtungen abwerfen und empfänglich werden für - biblisch gesprochen - den 'Bruder', in dem uns Jesus begegnen will: Der Bruder, in dem Jesus uns erwartet."
Wir gar nicht mehr damit rechnen, dass irgendjemand auf uns wartet.
Das "Brudersein" habe christlich gesehen auch immer die Bedeutung, "dass der andere derjenige ist, mit dem potentiell gemeinsam ein Fest gefeiert werden kann", so Kurt Appel. Ein Fest könne mit dem anderen aber nur dann gefeiert werden, "wenn man sich auch wirklich öffnet und den anderen nicht zum Gegenstand seiner Bedürfnisse herunter würdigt, sonst wird das nie ein echtes Fest".
Der Bruder, in dem Jesus uns erwarte, begegne uns mitten im Alltag, fügt Appel hinzu. Deshalb sei der Advent auch dazu da, gewisse mechanische Abläufe bewusst zu unterbrechen: "Damit der Mensch sich sensibilisiert für mögliche festliche Begegnungsweisen mit Gott."