Eine Fronleichnamsprozession.
Eine Fronleichnamsprozession.
Über Fronleichnam, seine Bedeutung, die Ursprünge und die geschichtliche Entwicklung.
Was Urban IV. zur Einsetzung des Festes über das ”Sakrament der Eucharistie zu unserem Heil“ schrieb und wie aus gegenreformatorischem Triumphalismus die Feierlichkeit des heutigen Festes wurde.
Zur Bedeutung des Fronleichnamsfestes "propter nostram salutem": Was Urban IV. zur Einsetzung des Festes über das "Sakrament der Eucharistie zu unserem Heil" schrieb. Das von Christus eingesetzte Sakrament sei ein "hervorragendes und ausgezeichnetes Zeichen des Gedächtnisses seiner außerordentlichen Liebe, mit der er uns liebte".
So steht es in der Bulle "Transiturus de hoc mundo" vom 11. August 1264, mit der Papst Urban IV. das Fronleichnamsfest für die ganze Kirche einführte. Dieses Schreiben entwickle eine "erfreulich ganzheitliche Darstellung von der Eucharistie als Opfer und Mahl", urteilte der Liturgiker Adolf Adam in seinem Standardwerk "Das Kirchenjahr mitfeiern".
"Was ist, wenn eine ganze Gruppe von Menschen feierlich durch die Straßen zieht und einem Stück Brot folgt?", fragt Pater Günter Reitzi OP, Prior der Dominikaner.
Es ist tatsächlich auffällig, wie deutlich der Papst die Bedeutung des Kommunionempfangs unterstrich – in einer Zeit, in der die ehrfürchtige Scheu vor dem Empfang der Eucharistie übergroß und das Verlangen nach der "beseligenden Schau" des Allerheiligsten überstark geworden war: "Dieses Brot wird verzehrt, aber wahrhaft nicht aufgezehrt", heißt es in der Bulle: "Es wird gegessen, aber nicht umgewandelt; denn es wird keineswegs in den Essenden umgeformt, sondern, wenn es würdig empfangen wird, wird ihm der Empfangende gleichgestaltet."
Schon Augustinus hatte in einer Predigt am Ostermorgen für die Neugetauften über die Eucharistie gesagt: "Seid, was ihr seht, und empfangt, was ihr seid!" (Sermo 272). So will Fronleichnam – auch von seiner ursprünglichen Intention her – das Bewusstsein auf die Wandlung der Gläubigen, die Gleichgestaltung mit dem eucharistischen Herrn lenken, der mit der Kirche als dem pilgernden Volk Gottes unterwegs ist (Prozession). Dass das Fest am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitssonntag gefeiert wird, macht die enge Verbindung zur Feier der Einsetzung des Altarsakraments am Gründonnerstag deutlich.
Geschichtlich waren die Verbindungen Urbans IV. mit Lüttich von Bedeutung. Vormals Erzdiakon dieses Bistums, hielt der Papst Konktakt mit Bischof Robert von Lüttich, der das Fest bereits 1246 für seine Diözese eingeführt hatte. Und der tat dies aufgrund jener berühmt gewordenen Vision der Juliana von Lüttich, in der die Augustinernonne die glänzende Mondscheibe mit einer dunklen Stelle sah. Dies wurde ihr als Fehlen eines Festes zu Ehren der allerheiligsten Eucharistie im kirchlichen Jahr gedeutet.
Als „allerschädlichstes Jahresfest" bezeichnete Martin Luther Fronleichnam: Es sei unbiblisch und mit seinen prunkvollen Prozessionen geradezu gotteslästerlich.
Das Konzil von Trient antwortete mit einer Aufwertung des Festes, mit dem die Kirche den katholischen Glauben an die bleibende Realpräsenz Christi in den eucharistischen Gestalten betonte. Fronleichnam müsse den Triumph der Wahrheit derart darstellen, forderte das Konzil, dass „deren Gegner angesichts solchen Glanzes und einer solchen Freude der ganzen Kirche [...] entweder dahinschmelzen oder aber von Scham erschüttert letztlich zur Einsicht kommen".
Dieser „polemische" Satz, der „unseren ökumenischen Ohren weh tut", schrieb Kardinal Joseph Ratzinger, später Papst Emeritus Benedikt XVI., habe „gewiss nicht unerheblich dazu beigetragen [...], das Fest bei unseren evangelischen Brüdern in Misskredit zu bringen". Die wussten sich zu wehren – und brachten in gemischt-konfessionellen Gebieten just am Fronleichnamstag die Jauche auf ihren Feldern aus.
Das Fronleichnamsfest, das zu Beginn des 13. Jahrhunderts seinen Ausgang von Lüttich nahm und 1264 für die ganze Kirche als Hochfest verbindlich wurde, kannte zunächst noch keine Prozession. Aus Flurumgängen entwickelte sich die Fronleichnamsprozession, die in der Zeit der Gegenreformation zur katholischen Machtkundgebung mit großem Gepränge gestaltet wurde.
Von der Fronleichnams-Rivalität zwischen den Konfessionen ist heute kaum etwas geblieben. In Deutschland wird mancherorts Fronleichnam sogar ökumenisch begangen: Der katholische Priester schreitet mit der konsekrierten Hostie in der Monstranz unter dem „Himmel" – Seite an Seite mit dem evangelischen Pastor, der das Evangeliar mit erhobenen Händen trägt. Luther würde staunen.
Zweifellos ist Fronleichnam aber ein katholisches Fest geblieben: Auch die orthodoxen Kirchen kennen kein vergleichbares Fest. Fronleichnam hat viele Wandlungen durchgemacht.
Das Zweite Vatikanische Konzil hat zudem einen anderen theologischen Deutungsschwerpunkt ermöglicht: In der Prozession kommt die Pilgerschaft des Volkes Gottes zum Ausdruck, das die österliche Freude des Sieges Christi über den Tod feiert. „So wird die österliche Freude als das eigentliche Element des Ökumenischen und des Missionarischen gekennzeichnet", schreibt Ratzinger: „In ihr sollten die Christen wetteifern und an ihr sich der Welt zu erkennen geben."
Allen Glanz des Schönen aufzubieten, solle die Freude aller Freuden ausdrücken: „Die Liebe ist stärker als der Tod, Gott ist in Jesus Christus mitten unter uns."
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Papst Benedikt XVI. nennt in seinem Buch "Gott ist uns nah" drei ”Bauelemente“ die darüber Aufschluss geben, was und wie bei der Fronleichnamsprozession gefeiert wird:
Wenn wir verstehen wollen, was Fronleichnam bedeutet, empfiehlt es sich, ganz schlicht auf die liturgische Gestalt hinzuschauen, in der die Kirche den Sinn dieses Festes feiernd auslegt und begeht.
Über das Gemeinsame aller christlichen Feste hinaus sind es vor allen Dingen drei Bauelemente, die das Besondere der festlichen Gestalt dieses Tages ausmachen.
Da ist zunächst das Stehen vor dem Herrn, zum Herrn und so das Stehen beieinander.
Da ist dann das Gehen mit dem Herrn, die Prozession und schließlich das in alledem Gemeinte, die Mitte und der Höhepunkt davon: das Knien vor dem Herrn, die Anbetung, die Verherrlichung und die Freude über seine Nähe.
In der alten Kirche gab es dafür den Ausdruck Statio. Als das Christentum sich über die Welt hin ausbreitete, legten seine Boten von Anfang an größten Wert darauf, dass es in jeder Stadt nur einen Bischof, nur einen Altar gab. Darin sollte sich die Einheit des einen Herrn ausdrücken, der in der Umarmung vom Kreuz her uns zusammenschließt, der über die Grenzen hinweg, die das irdische Leben zieht, uns zu einem Leib macht.
Das gemeinsame Stehen beim Herrn und mit dem Herrn hat von Anfang an auch das Gehen zum Herrn hervorgebracht. Denn an sich ist man ja nicht beieinander. Deswegen konnte die Statio nur dadurch sein, dass man sich vorher sammelte und in der processio zueinander ging.
Dies ist der zweite Anruf von Fronleichnam. Wir können nur zueinander stehen, wenn wir zunächst unter dem Geleit des Herrn zueinander gehen.
Wir können zum Herrn nur kommen in diesem procedere, in diesem Herausgehen und Vorangehen, in dem wir unsere eigenen Vorurteile, unsere Grenzen und Absperrungen überschreiten, vorausgehen, zugehen auf ihn und dorthin gehen, wo wir einander treffen können.
Und da ist endlich das Knien vor dem Herrn: die Anbetung . Wenn der Herr sich uns gibt, kann ihn empfangen nur zugleich sein: sich vor ihm beugen, ihn verherrlichen, ihn anbeten.
Und auch heute steht es nicht gegen die Würde und Freiheit und Größe des Menschen, das Knie zu beugen, Gehorsam vor ihm zu haben, ihn anzubeten und zu verherrlichen. Denn wenn wir ihn leugnen, um nicht anbeten zu müssen, dann bleibt ja nur die ewige Notwendigkeit der Materie übrig. Dann sind wir wirklich unfrei, nur irgendein Staubkorn, das in der großen Mühle des Weltalls herumgeschleudert wird und sich vergeblich Freiheit einzureden versucht.
Nur wenn er der Schöpfer ist, ist der Grund aller Dinge Freiheit und können wir frei sein. Und indem sich unsere Freiheit vor ihm beugt, wird sie nicht aufgehoben, sondern erst wahrhaft angenommen und endgültig gemacht. Aber an diesem Tag kommt noch eines dazu.
Der, den wir anbeten – ich sagte es schon – ist nicht eine ferne Macht. Er hat sich selbst vor uns hingekniet, um unsere Füße zu waschen. Und das gibt unserer Anbetung das Gelöste, das Hoffende und das Frohe, weil wir uns vor dem beugen, der sich selbst gebeugt hat, weil wir uns in die Liebe hineinbeugen, die nicht versklavt, sondern verwandelt.
Gott ist uns nah von Joseph Ratzinger, erschienen im St. Ulrich Verlag
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