40 Tage und 40 Nächte war Gott mit dem Volk Israel unterwegs - wenngleich oft im Verborgenen.
40 Tage und 40 Nächte war Gott mit dem Volk Israel unterwegs - wenngleich oft im Verborgenen.
Fasten ist kein Selbstzweck, sondern soll den eigentlichen Sinn der 40 Tage unterstützen: Die Begegnung mit Gott am Ende, aber auch schon während der Zeit. Denn Gott ist immer mit seinem Volk unterwegs, erzählt die Bibel - wenngleich oft verborgen, in einer Wolke oder Feuersäule...
Die Vorbereitungszeit auf Ostern nennt die kirchliche Tradition einfach die "Vierzig Tage", oder lateinisch "Quadragesima". Es ist eine geprägte Zeit, die die Chance für einen Neuanfang bietet - wie die Zahl 40 in der christlich-jüdischen Tradition immer wieder symbolisiert. Jesus soll nach seiner Taufe 40 Tage in der Wüste verbracht haben, so überliefert es das Neue Testament. (Vgl. Mk 1,13) Der in den Evangelien angegebene Zeitraum von 40 Tagen meint nicht bloß eine abgezählte Menge von Tagen, sondern erinnert an andere besondere Zeiten der biblischen Geschichte, die mit 40 Tagen und 40 Nächten oder auch mit 40 Jahren angegeben werden.
Beispielsweise wird im Buch Exodus von 40 Tagen, die Mose auf dem Berg Sinai verbrachte, erzählt: "Mose ging mitten in die Wolke hinein und stieg auf den Berg hinauf. Vierzig Tage und vierzig Nächte blieb Mose auf dem Berg." (Ex 24,18) Und ein paar Kapitel weiter ist noch einmal von 40 Tagen die Rede: "Mose blieb dort beim Herrn vierzig Tage und vierzig Nächte. Er aß kein Brot und trank kein Wasser. Er schrieb die Worte des Bundes, die zehn Worte, auf Tafeln." (Ex 34,28) Die 40 Tage sind demnach vor allem eine Zeit der Begegnung mit Gott, begleitet von Fasten und Beten, oder auch von der Vertiefung in das Wort Gottes.
Ein Blick in die biblischen Geschichten, die von 40 Tagen oder 40 Jahren erzählen, zeigt auch, dass der Zeitraum nicht in erster Linie für das Fasten steht. 40 Jahre können eine Durststrecke symbolisieren, nämlich den Weg des Volkes Israel durch die Wüste hin zu dem von Gott gelobten Land (Jos 5,6). 40 Tage können eine Periode der Gottesferne meinen, etwa die Zeit, die der alttestamentliche Prophet Elija zum Gottesberg Horeb unterwegs ist (1 Kön 19,8). Schließlich sind die 40 Tage eine Chance zur Umkehr, die der sündigen Stadt Ninive gegeben werden, um sich wieder Gott zuzuwenden, so kündigt es der Prophet Jona an (Jona 3,4). Vor diesem Hintergrund wird klar, dass das Fasten kein Selbstzweck der 40 Tage ist, sondern den eigentlichen Sinn der 40 Tage unterstützen will: Die Begegnung mit Gott am Ende, aber auch schon während der 40 Tage und Nächte, denn Gott ist mit dem Volk Israel unterwegs - wenngleich oft verborgen. In der biblischen Sprache steht die Wolke oder die Feuersäule für die Verborgenheit Gottes.
Am Ende der so genannten Fastenzeit ist Ostern, das größte christliche Fest überhaupt, an dem mit der Auferstehung Jesu ein von Gott gesetzter Neuanfang nach einer Zeit der Gottesferne gefeiert wird. Die 40 Tage ergeben sich aus den sieben Wochen, von denen jeweils der Sonntag als Tag der Auferstehung abzuziehen ist.
Das Zweite Vatikanische Konzil sagt, dass die vierzigtägige Fastenzeit, auf das Ostergeheimnis vorbereiten soll und eine zweifache Aufgabe hat: Einerseits Erinnerung und Vorbereitung auf die Taufe und andererseits Buße, also Umkehr. Das hat geschichtliche Gründe, denn als sich in den ersten christlichen Jahrhunderten, die "Quadragesima" entwickelte, war sie die Zeit, in der die Taufbewerber in mehreren Stufen auf die Taufe zugingen und in der sich die Büßer, also Menschen, die eine schwere Sünde (Mord, Glaubensabfall und Ehebruch) begangen hatten und dadurch aus der Gemeinde ausgeschlossen wurden, auf das damals einmalig gewährte Sakrament der Buße und Wiedereingliederung vorbereiteten. Fasten begleitete die Menschen auf ihrem Weg in die kirchliche Gemeinschaft.
Heute sind die "Vierzig Tage" vor Ostern für die meisten Menschen eine Gelegenheit sich an ihre Taufe "zu erinnern", oder wohl eher sich ihr Getauftsein bewusst zu machen; eine Zeit zum Fasten, Umkehren und Neuwerden.
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