Jaroslav - Kunstinstallation von Štefan Papčo
Die Skulptur ist Teil einer aus fünf geschnitzten Personen bestehenden Gruppe mit
dem Titel Citizens. Die Skulpturen wurden über einen Zeitraum von 3 Jahren an
unterschiedlichen Bergwänden in Europa angebracht. Die wetterbedingten Veränderungen
wurden laufend fotografiert und in Ausstellungsräume live übertragen.
Hinter dieser Aktion standen reale Situationen in den 1970er und 1980er
Jahren in der Tschechoslowakei. Damals wurde es tschechischen Bergsteigern
erlaubt zweimal im Jahr Berge im Ausland zu besteigen, wenn sie vorher die
schwierigsten Anstiege in der Hohen Tatra geschafft hatten. Durch die Bergsteiger
wurden unbemerkt Brücken zwischen West und Ost gebaut. In einer Zeit in der die
tschechische Regierung auf Abschottung setzte.
Die Positionierung der Skulptur im sakralen Raum stellt neue, andere inhaltliche
Verbindungen und Brücken her. Das fehlende Gesicht, die Entpersonalisierung zieht
den Betrachter gleichsam in die Konzeption der Skulptur mit hinein. Er wird durch
das gedankliche Vervollständigen der Skulptur quasi zum Mitschöpfer. Gerade im Zusammenhang
mit dem Be- und Gedenkmonat November. In Verbindung mit Mechaye
Hametim, dem Gedenken an die NS-Progrome 1938, liegt die Assoziation zum
geschundenen Körper und zum Tod, zur Mumie sehr nahe.
„Die leere Skulptur ist Sinnbild für extremste Situationen, durch die Menschen in
lebensbedrohliche Grenzsituationen eintreten,“ so Christof Cremer, Kunstkurator
der Gemeinde St. Ruprecht. „Beim Betrachten der Skulptur“, so Cremer weiter,
„denke ich auch an die Ent-mensch-lichung durch menschenverachtende Systeme
und Diktaturen. Die Bestialität von Menschen zerstört alles – sogar die Seele.
Eine andere Assoziation: Die Skulptur wirkt wie eine Pietà, die darauf wartet
einen Menschen aufnehmen, bergen zu können. Ein dritter Gedanke: Die Skulptur
wirkt auch wie eine verlassene Haut einer Raupe, wie ein leerer Sarkophag.“
„In der Winterzeit lässt die Skulptur uns auch an die vielen „gesichtslosen“ Obdachlosen
am Rande der Gesellschaft denken, die in Schlafsäcken im Freien die Winternächte
zu überleben versuchen. Wie an eine leere Behausung. Der Mensch fehlt, die Hülle, die
ihn umgeben und schützen soll, bleibt leer zurück, in einer eingefroren menschlichen
Bewegung. Die „Alltagspose“ wird mittels Materialübersetzung zu etwas erhabenem.“
Zur Person:
Štefan Papčo (geboren 1983 in Ružomberok, Slowakei) studierte an der Akademie
der bildenden Künste in Bratislava im Bildhaueratelier von Jozef Jankovič, wo er
an der Facultat de Belles Arts in Barcelona (Spanien) und an der Faculdade de
Belles Artes in Porto (Portugal) residierte. In den Jahren 2011 und 2013 nahm
er an von Residency Unlimited und Triangle Arts Association organisierten
Residences in New York teil, wo er 2011 beim Dumbo Arts Festival den DAF
Grand Prize und das Best Open Studio erhielt. Seine Kunstwerke sind in mehreren
renommierten Sammlungen vertreten. Darunter die Slowakische Nationalgalerie
in Bratislava, das Museum Caldic Collectie in den Niederlanden und die Aegidius-
Sammlung in Luxemburg.