Varanasi: Gemeinsame Initiative für Kinder ohne Kindheit
Der Gründer, Emmanuel Georg (Pater Abhi) ist ein katholischer Priester aus der Indischen Missionsgesellschaft (IMS), einem männlichen Orden, der 1941 in Indien gegründet wurde. Seit 25 Jahren arbeitet er im Bereich Entwicklung für soziale Randgruppen. Bei seinen Reisen per Bahn kam er in Kontakt mit zahlreichen Kindern und Jugendlichen zwischen 3 und 17 Jahren, die in den Zügen und auf den Bahnhöfen des Subkontinentes um Essen bettelten.
Allein in Varanasi sind es rund 300 Kinder und Jugendliche sowie viele andere Leute aus den nahen Slums und Dörfern der Umgebung, die am Bahnhof für sich und ihre Familien um Almosen betteln. Um wenigstens einem Teil von ihnen helfen zu können, wurde der Verein DARE gegründet, in dem neben anderen Freiwilligen auch einige unserer Schwestern aus der Provinz Varanasi mitarbeiten und darüber berichten.
Bisher haben wir innerhalb von fünf Jahren 343 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren retten können, die aus verschiedenen Gründen von zu Hause ausgerissen und in großer Gefahr waren in die Fänge von Menschenhändlern zu geraten. Manche konnten wieder in ihre Familien zurückkehren, andere werden in solchen Fällen an Heime vermittelt, bis nach Rücksprache mit den Eltern die Lage geklärt ist. Buben, die wir von Kinderarbeit befreien können, werden an eine andere Organisation zwecks Möglichkeit einer Rehabilitierung weiter vermittelt.
Andere, die eine ständige Begleitung und Unterkunft benötigen, kommen ebenfalls in geeignete Heime. DARE finanziert ihre Schulbildung und kommt auch für die sonstigen Bedürfnisse auf. Im eigenen Heim des Vereins sind derzeit 25 Mädchen zwischen 3 und 15 Jahren untergebracht. Die meisten von ihnen gehen in unsere St. Mary s Schule bzw. in den dortigen Kindergarten. Einige sind Vollwaisen, andere haben nur einen Elternteil oder sind Kinder von Obdachlosen, die auch am Bahnhof schlafen.
Alphabetisierung am Bahnhof
Die Verwaltung hat im Warteraum einen Platz für unsere Arbeit mit den Kindern zur Verfügung gestellt. 15 Straßsenkinder kommen täglich für zwei Stunden zum Unterricht. Dabei ist auch die Polizei vertreten zwecks Unterweisung hinsichtlich Verhalten in der Öffentlichkeit und Information über Verkehrsregeln etc. und auch, um eventuelle Störenfriede vom Unterricht fernzuhalten. Wir haben vier Alphabetisierungs-Zentren und die Kinder kommen von Montag bis Samstag für je zwei Stunden zum Lernen. Bei diesem Anlass bekommen sie auch jeweils zu essen. Dieses Programm nennen wir: "Lernen mit einer Mahlzeit".
Um das Interesse wach zu halten, werden zu festgesetzten Zeiten auch Ausflüge organisiert und nationale wie auch christliche Feste mit gebührender Feierlichkeit begangen. Ein Höhepunkt ist diesbezüglich für alle unsere Mitarbeiter die Feier des Weihnachtsfestes im DARE- Zentrum. Persönlichkeiten von der Direktion der Eisenbahn und der Polizei, Eltern der Kinder und ihre Erzieher im Heim, Mitarbeiter in anderen gemeinnützigen Organisationen, die sich der Kinder annehmen und zahlreiche
befreundete Personen aus verschiedenen Religionen feiern gemeinsam. Unter anderem präsentieren dabei unsere Straßenkinder ein inhaltsreiches Kulturprogramm und bekommen zum Abschluss ein Geschenk.
Besonders hervorgehoben sei hier auch der „Tag des Mädchens" mit Transparenten und Slogans, um dessen Bedeutung gerade in diesem Kulturkreis besser hervorzuheben.
Gesundheitscamp am Bahnhof
An jedem Donnerstag findet in drei Zentren ein Gesundheitscamp statt. Medikamente für alltägliche Krankheiten werden dabei verabreicht. Patienten mit Beschwerden, die einer näheren Untersuchung bedürfen, werden an Spitäler weitergeleitet. In Fällen von Missbrauch an Kindern und Jugendlichen wird eingehende Rechtshilfe vermittelt.
Unser Team leistet hier am Bahnhof von Varanasi rund um die Uhr gezielte Hilfe. Wir sind zur Stelle wenn wir erfahren, dass ein Kind ohne Begleitung gefunden wurde oder von daheim ausgerissen ist. Vorübergehend gewähren wir Zuflucht, bis der Fall geklärt ist. Viele geistig oder körperlich behinderte Kinder landen an unserem Stützpunkt, doch es fehlt am nötigen Platz. Um noch effektiver arbeiten zu können, brauchen wir ein größeres Büro und insbesondere ein eigenes Heim für die Buben.
Die Tätigkeit und Hilfe für die Straßenkinder wie auch die Zusammenarbeit mit unserem Team erfahre ich als innere Bereicherung und Erfüllung meiner missionarischen Berufung.
(Entnommen aus: Zeitschrift der Missionsschwestern "Königin der Apostel" Nr. 1/2019)