Sonntag 24. November 2024

Ehrenamt in der Telefonseelsorge

Als ich eines Tages mehr über die Tätigkeiten der Telefonseelsorge erfahren habe, ist in mir der Entschluss gereift, mich zu bewerben. Ehrenamtliches Engagement war nichts Neues für mich. Schon immer war ich in der Pfarre tätig. Auch wenn mein Leben mit einem stabilen Freundeskreis und vielen Aktivitäten ausgefüllt war, fehlte mir etwas. Ich habe überlegt, was meinem Leben in der Pension Sinn geben könnte. So war ich nach meiner Pensionierung über 10 Jahre mit großer Freude als Mitarbeiter bei der Telefonseelsorge tätig.

 

Nach der Bewerbung wurde ich zu einem Aufnahmegespräch gebeten. Nach positiver Beurteilung erfolgt die Einladung zum Ausbildungskurs. Diese Ausbildung beginnt immer im Jänner und dauert ein Jahr. Im Zentrum der Ausbildung steht die Personzentrierte Gesprächsführung. Es geht primär nicht um die Problemlösung, sondern im Vordergrund steht immer der Mensch.

 

Jeder hat die Ressourcen, die er oder sie zum Leben braucht, die aber manchmal verschüttet sind. Dem Gegenüber zu helfen, diese Ressourcen wieder für sich zu entdecken und selber Möglichkeiten zu finden, die Krise zu bewältigen, ist eine sehr erfüllende Aufgabe. Gleichgültig, um welche Themenstellung es sich handelt geht es darum, dem Menschen Wertschätzung entgegenzubringen. Es wird nicht be- oder verurteilt.

 

„Danke, dass Sie mir zugehört haben“ . Oft habe ich diesen Satz gehört. Und manchmal war meine Antwort: „Danke, dass Sie mir ihr Vertrauen geschenkt haben“.

 

Was dabei auffällt, ist, dass richtiges Zuhören nicht selbstverständlich ist. Viele Menschen hören gar nicht richtig hin, was der andere sagt. Sie wollen gleich ihre eigenen Erfahrungen oder Meinungen erwidern.

 

Es klingt überraschend, dass man für das „Zuhören lernen“ so eine lange Ausbildungszeit braucht. Ich lernte in dieser Zeit, meine eigenen Gefühle, die während eines Gespräches hochkommen, bewusst zu werden und richtig zu deuten. Gehört zB. die Hilflosigkeit, die ich gerade in mir spüre, wirklich mir oder ist es die Hilflosigkeit des Gegenübers?

 

Gefühle anzusprechen, kann sehr entlastend sein und hilft weiter in die Tiefe zu gehen. Auch Ärger, Wut, Trauer sind Gefühle, die man achtsam ansprechen kann und die so von der Oberfläche rasch tiefer führen.

 

Viele Gespräche bei der Telefonseelsorge haben einen präventiven Charakter. Es hilft, wenn man redet, bevor etwas passiert. Ganz besonders trifft das bei Suizidgedanken zu. Für Anrufende und Schreibende kann es sehr entlastend sein, auch darüber offen zu reden ohne belehrt zu werden. Auch, wenn eine schwierige Entscheidung zu treffen ist, kann die Meinung eines Unbeteiligten eine neue Perspektive eröffnen.
 

Manche Gespräche bleiben länger im Gedächtnis haften und beschäftigten einen auch nach Dienstende weiter. Dafür hatte ich die Gelegenheit bei der monatlich verpflichtenden Supervision teilzunehmen und mich auszutauschen.

 

Mir half es zusätzlich, nach Dienstende in der Stille der nahe gelegenen Kirche die Sorgen und Probleme im Gebet vor Gott hinzutragen und so innerlich frei zu werden.

 

Klaus Scherling

Telefonseelsorge
Stephansplatz 6
1010 Wien

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