Nicht nur in Österreich, sondern weltweit ist eine wachsende Verbreitung eines Diskurses zu beobachten, der Menschen „am Rande“ ausgrenzt, abwertet und zu Schuldigen macht. Sozialdarwinistische Ideologien der Ungleichwertigkeit scheinen zunehmend salonfähig zu werden: „Der Fittere setzt sich durch“, „wer nichts produziert und nichts konsumiert, ist überflüssig“. Die Armen werden zu Störfaktoren gemacht, anstatt die Armut und deren Ursachen zu bekämpfen, findet eine Bekämpfung armutsbetroffener Menschen statt, wie Caritas-Präsident Landau vor kurzem feststellte. In manchen Ländern wie in Brasilien oder auf den Philippinen findet ein regelrechter „Krieg gegen die Armen“ statt. Ein konstruiertes „Wir“ wird „den Anderen“ (behinderten und langzeitarbeitslosen Menschen, Asylwerbern, Muslimen …) gegenübergestellt, entsprechende negative Zuschreibungen der Gruppe der „Anderen“ legitimieren schließlich deren Ausgrenzung, Diskriminierung - bis hin zu „säubernden“ Morden. Letztlich rechtfertigen Ideologien der Ungleichwertigkeit die bestehende soziale Ungleichheit.
Papst Franziskus hat dieses Phänomen wiederholt mit dem Wort „Wegwerfkultur“ bezeichnet. Gleichzeitig spricht er von einer „armen Kirche für die Armen“, die „an die Ränder geht“ und dort gerade von den Armen und Ausgeschlossenen lernt und evangelisiert wird. Wer an die Ränder geht, gelangt zur Mitte der christlichen Botschaft - der Papst initiiert damit eine dem Evangelium gemäße Umkehrung der Verhältnisse, einen grundlegenden Perspektivwechsel: Was wir bislang für die Peripherie gehalten haben, wird zum Zentrum.
Welche Antworten gibt die Kirche auf die verschiedenen Formen der Ausschließung und Entwürdigung bei uns und weltweit - gerade wenn der gesellschaftliche Konsens über die Solidarität mit den „Schwächeren“ immer brüchiger bzw. politisch immer mehr torpediert wird? Was können wir daraus für unser Selbstverständnis als Kirche und unser weltkirchliches Engagement lernen?
In ENCUENTRO 2019 gehen wir diesen Fragen nach. Im Mittelpunkt unserer diözesanen Weltkirche-Tagung steht heuer das Thema: „An die Ränder der Gesellschaft – zur Mitte der Botschaft“ - Jüngerschaft und Mission from the margins. Wir laden dazu ein, konkrete Erfahrungen von einer Kirche kennenzulernen, die „an die Ränder geht“, die von den armen, entrechteten und ausgeschlossenen Menschen von den Rändern her verwandelt wird und die Gesellschaft verändert. Impulse aus der Orts- und Weltkirche - von Armenpfarrer und VinziWerke-Gründer Wolfgang Pucher CM und Didier Ouedraogo und Odette Savadogo von der Caritas Burkina Faso -, Dialoggespräche, Workshops und gemeinsames Feiern sollen uns unseren missionarischen Auftrag in der Welt von heute als Jünger*innen Christi neu verständlich werden lassen und Mut zu entschlossenem Handeln geben.
Ein frohes Osterfest und Vertrauen in unseren auferstandenen Herrn
wünschen Ihnen
Christian Zettl, Roland Reisenauer und Claudia List vom Referat Weltkirche
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