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(Hl. Johannes Paul II.)
MOLDAU: Rohringer Irene

Was wir in der Corona-Krise tun

 

Moldau, Mai 2020. Irene Rohringer, Mitarbeiterin bei Concordia und Optima Fide, berichtet über die aktuelle Situation in Moldau in Zeiten der Covid-19-Pandemie.

 „Die veränderte Situation zwingt uns förmlich, zu den Familien hinauszugehen – die Grundversorgung hier in Moldau ist nicht vergleichbar mit der in Österreich, die Kids bekommen jetzt kein Kindergarten- oder Schulessen, sind zu Hause. Alleinerziehende können nicht arbeiten gehen bzw. haben ihre Arbeit verloren, weil alles stillsteht. Löhne werden nicht weiterbezahlt, andere wieder können nicht die übliche Schwarzarbeit verrichten, die sie in bar am Ende des Tages ausgezahlt bekommen usw. usw. Mit einem Wort: Es herrscht bei vielen Mangel an Nahrungsmitteln. Und da können wir sowohl von Concordia her als auch von Optima Fide einspringen. Wir sind auch unterwegs, ausgerüstet mit Maske, Handschuhen, Desinfektionsmitteln und sozialer Distanz. Bevor wir in ein Dorf kommen, fragen wir in der Gemeinde an, ob sie es befürworten oder abraten, das hat sich bewährt.“

 

© Fotos: Irene Rohringer; Die „Maskierten“ auf den Fotos sind wir MitarbeiterInnen von Optima Fide (ich, Ion Copceac und Pavel Terenti in einem Dorf im Südosten des Landes).

 

Irene hat auch Aussagen ihrer KollegInnen gesammelt, die wir hier zu Wort kommen lassen. Stimmen aus Moldau, sozusagen:

 

Was hat sich in Moldau durch die Corona-Epidemie verändert?

 

„Wir halten Distanz – das ist für die MoldauerInnen nicht selbstverständlich. Sich zu umarmen, dass sich die Männer (und nur die Männer, Anm. Irene) sich mit Handschlag grüßen ist selbstverständlich.“

 

„Es hat auch mit sich gebracht, dass wir uns mit Misstrauen begegnen – ‚vielleicht steckst du mich an.‘“

 

„Zum Teil hat es Hamsterkäufe gegeben, das ging so weit, dass gewisse Lebensmittel nicht mehr verfügbar waren. Und dann wurde schon viel mehr weggeworfen als üblich. Diese Haltung, dass man nur an sich denkt und nicht daran, dass ja für andere auch was übrig sein soll, gefällt mir nicht. Aber das kommt auch aus Angst und aus einem Misstrauen dem Staat gegenüber, der im Falle einer echten Lebensmittelkrise vielleicht nicht helfen würde.“

 

„CoVid-19 hat klar gezeigt, WIE verletzlich wir sind. Dass kaum jemand Erspartes, Reserven hat. Und wie marod das medizinische System ist. Dass die ÄrztInnen nicht die nötige Ausrüstung haben. Dass uns zu einem gewissen Zeitpunkt dann auch noch erzählt wird, dass ein Viertel der Angesteckten aus dem medizinischen Bereich sind – aber sie hätten sich NICHT bei der Arbeit angesteckt …?? Wir sind einfach auf einen Ernstfall in keiner Weise vorbereitet, ich will mir nicht ausdenken, wie alles z.B. bei einem starken Erdbeben organisiert würde. Oder wenn wirklich heuer nichts wächst, weil es nicht regnet, und wir Wasser- und Nahrungsmittelmangel haben.“

 

„Ich habe verstanden, dass man in einem Haus am Land, und sei es noch so armselig, Mensch bleiben kann, in den Wohnungen in der Stadt aber degradiert man zum ‚Käfer‘, wenn man nicht raus darf aus der kleinen stickigen Wohnung.“

 

„Gut ist, dass wir gelernt haben, mehr auf unsere Gesundheit zu achten. Das viele Händewaschen haben nun auch solche Leute übernommen, die sonst nicht so auf Hygiene Wert legen.

 

„Es ist ein gutes Zeichen, dass mit der Pandemie hier in Chisinau auch Initiativen entstanden sind, um Notleidenden zu helfen, Kooperationen zwischen Freiwilligen, Geschäften, Stadtgemeinde und Sozialeinrichtungen der Gemeinde“.

 

„Die Angst vor CoVid-19 hat dazu geführt, dass vor allem alte Menschen nicht mehr mit anderen in Kontakt treten wollen, ja dass manche sogar Hilfe ablehnen, aus Furcht angesteckt zu werden“.

 

„Die Strafen, die auferlegt wurden, oft aus nichtigsten Gründen, stehen in keinem Verhältnis zum ‚Vergehen‘ und zu den Einkommen. 22.000 lei – das sind 2 Jahre Pension – hat jemand aufgebrummt bekommen, weil er vom Land mit dem Zug (einziges Transportmittel, sehr selten) um ein Medikament in die Hauptstadt gekommen ist und auf einer Parkbank bis zum Aufsperren der Apotheke wartete.

Aber der Staatspräsent postet auf fb, wie er mit seiner Familie Erholung von der Quarantäne im Park genoss – die Kluft zwischen den sozialen Schichten wird noch tiefer. Das betrifft auch die SchülerInnen. Die, deren Eltern sich keine Smartphones und Internet leisten können, bleiben hinten. Eine alleinstehende Mutter von vier schulpflichtigen Kindern erzählte, dass ihr die Schule mit Polizei und Strafe drohte, wenn die Kinder vom Tele-Unterricht fern bleiben. Aber sie hat einfach kein Geld für Internet, muss schauen, wie sie mit den täglichen Ausgaben über die Runden kommt.“

 

„Die CoVid-19-Krise“ hat die Transport-Probleme verschärft. Die Maxitaxis bzw. Autobusse dürfen nicht fahren , nicht einmal von den Dörfern nach Chisinau oder in die Raionsstädte. Aber fast niemand hat ein Auto. Auch dass in der Hauptstadt Samstag, Sonntag kein einziges Öffi fährt bzw. wochentags nur zu bestimmten Stunden, und man nur mit Taxi zur Arbeit fahren kann, ist ein finanzieller Nachteil.“

 

„Mehr als der Virus selbst macht uns zu schaffen, dass unsere ohnehin schwache Wirtschaft noch mehr in Mitleidenschaft gezogen wird damit, dass man nicht arbeiten darf. Und auch fallen die Überweisungen unserer Landsleute aus dem Ausland weg, weil die z.B. in Italien, Spanien, Deutschland auch nicht arbeiten dürfen. Und wenn sich dann jemand aufregt, dass sie selber zurückkommen, sie sollten besser bleiben wo sie sind mit dem Virus, dann ist das nicht okay, immerhin halten sie schon mehr als 20 Jahre den Staatshaushalt trotz allem am Laufen. Und sie sind hier zu Hause.“

 

Wie reagiert die Partnerorganisation auf die Veränderung?

 

„Es ist sehr gut, dass unsere Suppenküchen, unter Berücksichtigung aller Auflagen und zum Teil schon auch unter dem Stress der Angst vor Ansteckung, weiter arbeiten, denn gerade in dieser Zeit brauchen vor allem die alten Leute noch mehr unsere Unterstützung.“

 

„Das ist momentan das wichtigste in unserer Arbeit – dass die Menschen zu essen haben. Normalerweise konzentrieren wir uns nicht auf direkte materielle Hilfe, aber die Situation erfordert das.“

 

„Ich glaube, dass es gar nicht schlecht ist, auch von zu Hause aus zu arbeiten wo es möglich ist. Wenn die Kinder nicht daheim wären, könnte es sogar effizienter sein als im Büro – keine Anfahrtszeiten, keine Ablenkung, Freiheit in der Einteilung. Natürlich – mit den Kids, die man auch noch beim Lernen betreuen muss, ist das eine Herausforderung.“

 

„Concordia hilft uns mit Autos und Kollegen als Chauffeure mit den Fahrten zu/von der Arbeit, damit wir nicht der Gefahr der Ansteckung in den Öffis ausgesetzt sind bzw. fahren die ja gar nicht. Das ist natürlich ein Vorteil. Gut ist, dass die Straßen so frei sind wie nie. Das könnte auch nach CoVid-19 so bleiben.“

 

Irene, wie hat sich deine Arbeit verändert?

 

Irene Rohringer: „Meine eigene Arbeit bei Concordia findet sich in all dem wieder. Bei Optima Fide bin ich viel mit einem KollegInnen von einem anderen Projekt mit Lebensmittel- und anderer Hilfe unterwegs. Eigentlich könnten/sollten wir jemanden einstellen, aber die Ausgangsbeschränkungen erlauben keine Treffen. Berufsmäßig spüre ich die Einschränkungen der Quarantäne gar nicht, privat sehne ich mich aber nach den FreundInnen, nach Gemeinschaft. Trotzdem – mir geht’s wirklich gut, die „Familie“ im Concordia-Kinderhaus ersetzt vieles. Mit den Restriktionen ergibt es sich jetzt von allein, dass wir jeden Abend zusammen beten, um ein Ende der Pandemie und um den Beginn des Regens, damit wir auch heuer wieder zu essen haben bzw. was wir verteilen können.“

 

 

Zur Person

 

Irene Rohringer ist Mitarbeiterin von Horizont3000 und hat langjährige Einsatzerfahrung in der Republik Moldau. Davor arbeitete sie in der Erzdiözese Wien.

 

Zur Partnerorganisation

 

Concordia, Proiecte Sociale Moldova, wurde 2004 in der Republik Moldau gegründet. Sie bietet Hilfe bei nötiger Fremdunterbringung von Kindern, Hilfe für alte Menschen, Familien in Not und generell für benachteiligte Menschen. Die Projekte sind vor allem in Dörfern angesiedelt.

 

Ziel des Personaleinsatzes

 

Ziel des Einsatzes in den kommenden zwei Jahren ist die Unterstützung im Bereich Familienhilfe – Aufbau und Entwicklung. Ziel ist, dass Hilfe über das Materielle hinausgeht bzw. auch dazu beiträgt, dass eine Familie im Weiteren sich selber besser „durchbringen“ kann (z.B. mit Nutztieren). Unterstützung für die Familien auch im sozialen Bereich – Kindern Ausbildung ermöglichen, Gewaltbekämpfung, Paar-Training, allgemeine soziale und „administrative“ Kompetenzen fördern.

 

 

Erstellt von: R. Reisenauer, Referat Weltkirche und EZA, Mai 2020

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