Verabschiedung von langgedienten Mitgliedern des Beirats
Meine Frau Berti und ich waren nach dem Krieg geboren worden - am Schulweg begegneten wir noch russische Soldaten, es gab im Dorf noch keinen Traktor, sondern Pferdefuhrwerke, die Straßen waren Schotterwege, jede Familie hatte Felder oder einen Garten, Kühe oder Ziegen, um sich selbst zu versorgen. Das Sternsingen - wo wir in jedes Haus gingen - war unsere erste Begegnung mit Mission und Entwicklungshilfe. Kaum der Pflichtschule entwachsen, wurden Berti und ich zur Jugendführung gewählt. Die Minibrotaktion wurde ins Leben gerufen und wir trugen die Brote von Haus zu Haus und der Erlös war für arme Leute in Übersee - das war eine weitere Begegnung Entwicklungshilfe.
© 2012, Franz und Berti Naderer
1969 wurde ich - auf Vorschlag von Diözesanjugendseelsorger Josef Neumayer, von Kardinal König zum Diözesanjugendsekretär bestellt (Vikariate gab es noch nicht) und bald darauf zum stellvertretenden Vorsitzenden der Katholischen Landjugend Österreichs (KLJ) gewählt. Bei einer Europakonferenz der KLJ in Lourdes entstand die Idee, junge Leute als Entwicklungshelfer nach Übersee zu entsenden. Das war ein weiterer Anstoß, einmal selbst auf Einsatz zu gehen.
1971 heirateten wir in Thern, wohnten in der Prinz Eugen Straße in Wien und: unser erster Sohn wurde geboren. 1973 übersiedelte Pfarrer Neumayer nach Göllersdorf und wir wurden von der Erzdiözese beauftragt, mit eine Team junger Leute im Pfarrhof in Groß Stelzendorf ein Jugend-Bildungs-Zentrum einzurichten. Im Jugendzentrum wurden unter anderem auch Vorbereitungskurse für angehende Entwicklungshelfer angeboten. Dabei waren auch Familien mit Kinder. Das ermunterte uns, auch wieder, an einen Entwicklungshilfeeinsatz zu denken. Unser zweiter Sohn wurde geboren
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1976 fragte der kanadische Jesuit Paul Desmarais beim Österreichischen Entwicklungsdienst (ÖED) in Wien um eine Familie für ein Landwirtschaftsprojekt in Sambia an. Wir meldeten uns in dieser Zeit auch grad beim ÖED. Nach einem halbjährigen Lehrgang im Herbst 1976 in Mödling und einem dreimonatigen Sprachkurs in London machten wir uns als junge Familie im Frühjahr 1977 – nach einer Sendungsfeier in der Pfarrkirche Gr.Stelzendorf – auf den Weg ins ferne Sambia. Dort folgte ein weiterer Sprachkurs in Chichewa eine der 70 Landessprachen. Unsere Heimat sollte nun für 2 ½ Jahre die 1905 von Jesuiten gegründete Kasisi Mission - nahe der Hauptstadt Lusaka - sein. Dort entwickelte der Kanadische Agrarfachmann Desemarais unter dem Motto „go back to the land“ eine Art Landwirtschaftsschule, das heutige Kasisi Agricultural Training Centre“(www.katczm.org). Eine einheimische Landwirtfamilie und die „Neuen aus Österreich“ leiteten dieses Training Center, halfen bei der Buchhaltung, beim Ein- und Verkauf der Produkte und Geräte und waren Berater in allen anstehenden Fragen.
Nach der Rückkunft wohnten wir in Groß Weikersdorf und organisierten zusammen mit Padre Herbert Leuthner, späterer Missionar in Ecuador, KMB Sekretär Josef Hofbauer und Caritas Chef Felix Pertram die diözesane Indochina-Flüchtlingsaktion. Wir bauten ein Haus in Unterthern und zwei weitere Söhne kamen zur Welt.
Es folgten Vorträge in Schulen, Gefängnissen, Pfarren, bei Gruppen der Katholischen Aktion und schließlich holte uns Weihbischof Florian Kuntner als Berater in den Diözesanen Missionsrat. Der Landwirtschaftslehrer Aaron Kabanda, mit dem wir in KASISI zusammengearbeitet haben besuchte uns in Thern und gründete mit Ortspfarrer Dr. Franz Würfel eine Pfarrpartnerschaft. Eine Selbstbesteuerungsgruppe wurde gegründet, aus der ein Weltladen in Hollabrunn entstand.
2018 reisten wir noch einmal nach Sambia und durften erleben, wie erfolgreich sich Kasisi entwickelt hatte und wie aus den Kindern und Jugendlichen von damals - nach 40 Jahren - tatkräftige, gut ausgebildete Erwachsene geworden sind, die nun selbst an einer guten Entwicklung ihres Heimatlandes mit Engagement mitarbeiten.
In der Rückschau erkennen wir: Unser Leben war ereignisreich, manchmal auch anstrengend, berührend und fordernd. Die Zeit der Mitarbeit am Stephansplatz war eine lange und gute. Jetzt ist es Zeit, an Jüngere zu übergeben und "Zikomo Qwambiri" – vielen Dank - zu sagen.