READER von Mag.a Margit Appel und Mag.a Elisabeth Ohnemus im Rahmen der Online-Veranstaltung „Erfolgreich argumentieren für Care-Gerechtigkeit“.
Meine Sicht: Ich möchte nicht mehr schweigen…
Ich möchte nicht mehr verschweigen, dass ich Christin bin…
Ich möchte nicht mehr in eine Schublade gesteckt werden, wenn ich sage, dass ich „römisch-katholisch“ bin ... („Wie kannst du nur?!“(
Ich möchte aber auch nicht mehr darüber schweigen, was mir in der Amtskirche nicht gefällt - insbesondere als junge Frau…
Ich möchte nicht länger gefällig sein, alles so hinnehmen oder vielleicht sogar schamhaft wegschauen oder weglächeln - mich nur ‚egoistisch‘ auf meine persönliche spirituelle Quelle fokussieren, aus all ihren wundervollen Ritualen schöpfen, und alles andere ausblenden…
Mein nahestehendes Umfeld weiß, dass ich gläubige Christin bin, dass ich in ausgewählte Kirchen und Gottesdienste gehe, die mich anziehen und sehr viel aus meinem Glauben und meiner Spiritualität schöpfe. Jeden Tag fühle ich mich getragen, geschützt, geführt und vor allem geliebt.
Jeden Tag habe ich gleichzeitig Angst, wenn ich daran denke, dies offen kund zu tun… Angst „entdeckt zu werden“ … Angst vor Verurteilung… Angst, in eine „Schublade“ gesteckt zu werden.
Als ich meine Spiritualität und meinen Glauben - besonders seit 2018 - wiederentdecken durfte, hat sich vieles für mich zum Positiven verändert, wofür ich jeden Tag von Herzen dankbar bin. Und genau das Positive, dieses Gefühl von …
… bedingungsloser Liebe,
… von ALL_Eins sein mit mir und der Welt,
… in meiner vollen Kraft sein,
… mich trauen, meine Talente zu leben,
… in Resonanz mit mir und anderen sichtbar sein und strahlen,
… das zu tun, was ich liebe - für und mit Menschen, die lieben, was ich tue…
Genau das möchte ich laut erzählen, mich austauschen, mitmischen und dieses Licht, diese Freude, dieses Wissen gemeinsam verstärkt weitergeben, teilen, vermehren und feiern.
2018 landete ich beruflich in Nürnberg. Dort gab es die „Offene City Kirche“ von der katholischen Kirche. Ich traf auf eine Kirchengemeinde, in der ich das erste Mal so richtig das Gefühl hatte, dass ich so sein darf, wie ich bin - mit all meinen Sorgen, Ängsten und gleichzeitig Interessen und Talenten - und auch die anderen sein dürfen und von Herzen „Willkommen“ sind - so wie sie sind.
So waren tatsächlich die Menschen dabei, die tagsüber auf der Straße betteln oder als Prostituierte ihr Geld verdienen, es waren die „schicken“ Business-Leute, deren Gedanken vermutlich - wie bei mir - sehr viel um die Arbeit, Leistung und Anerkennung kreisten, es waren Rollstuhlfahrer*innen, Homosexuelle, Geschiedene da, und es waren Menschen aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Glaubensformen und einem vielfältigen religiösen Hintergrund da, genauso wie auch Atheist*innen…. zumindest vermutete ich das. Alle Lebensformen waren hier und durften es sein. Keiner hat gefragt, keine hat geurteilt.
Genau da spüre ich eine große Spannung in mir zwischen Amtskirche und Glaube… zwischen den von Menschen gemachten Dogmen und Vorschriften und dem Vorbild Jesu: Er schließt niemand aus… er lädt ALLE ein! So soll Kirche sein!
Maria-Theresia Dippon