Gesegnete Weihnachten Ihnen allen!
Liebe Leserinnen und Leser des „Sonntag“!
In vielen Häusern steht unter dem Christbaum eine Krippe. Oft ein ganzer Miniatur-Stall, manchmal sogar mit ein bisschen Landschaft drumherum. Wieviel Liebe und Sorgfalt wird drauf verwendet, dass alles so ist, wie es sich gehört, dass die Figuren richtig stehen und der Stern nicht schief hängt!
Es ist ein schönes Bild, dass sich in den Weihnachtstagen die Menschen um die Krippe versammeln, dass oft auch die Verwandtschaft dazukommt. Ganz in der Mitte ist dann das Jesuskind, um ihn herum Maria und Josef, dann kommen die Hirten. Und rund um diese Krippenfiguren die Menschen aus „Fleisch und Blut“: Vater, Mutter, Kinder… In einem weiteren Kreis die Großfamilie: Großeltern, Onkel, Tanten, Cousins und Kusinen. So versammelt sich in diesen Tagen die ganze „weitere Verwandtschaft“ Jesu, nämlich alle Christen, um die Krippe und um den Heiland, der in ihr liegt.
Wir sind eine große, sehr große Familie. Leider gibt es aber in den Familien auch Spannungen, in Kleinfamilien, in Großfamilien, in der Kirche und in der ganzen Menschheitsfamilie. Gerade auch zu Weihnachten, wo Wunsch und Realität oft so schmerzhaft auseinanderklaffen.
Meine Hoffnung und Ermutigung
für Sie alle zu Weihnachten ist: dass es Ihnen gelingt, sich wirklich im Blick auf die Krippe zu versammeln. Mit Blick auf das Kind, das da in Windeln gewickelt liegt - und die Welt verwandelt. Das Kind, in dem das Angesicht Gottes aufleuchtet. Bleiben Sie oft vor diesem Kind stehen und sprechen Sie mit ihm. Zwei, drei kurze Sätze, Stoßseufzer, Bitten. Gott hört Sie! Vielleicht nehmen dann die Spannungen ab, und der Friede zu. Vielleicht finden wir so die Kraft, füreinander zu beten. Gerade auch für die, die uns am meisten auf die Nerven gehen.
Und noch ein Weihnachtswunsch an Sie: Denken Sie daran, dass es eine Krippe ist, um die wir uns versammeln. Es ist ein Stall, ein Notquartier. Da muss nicht alles perfekt sein. Die Heilige Familie war auch so damit zufrieden. Nehmen Sie sich die Freiheit, die Behaglichkeit wichtiger zu nehmen als die Perfektion. Wie es uns der Heilige Josef in den meisten Krippendarstellungen vormacht: nicht auf der Jagd nach dem letzten Spinnweben, sondern bei seiner Familie. Offen und aufmerksam für das Wunder, das da geschieht.
Einen allerletzten Wunsch möchte ich noch sagen, und hoffe, dass er nicht allzu vermessen ist: Wenn Sie heuer den heiligen Josef in die Krippe stellen, denken Sie auch einen Moment an mich und beten Sie für Ihren Bischof, der das braucht. Beten Sie vielleicht auch für den Papst und für die ganze Kirche und ein gutes Gelingen der Familiensynode. Ich wiederum werde für Sie alle beten und für den Frieden in Ihren Familien.
Ein gesegnetes Weihnachtsfest wünscht Ihnen
Ihr
+ Christoph Kard. Schönborn