Dienstag 19. November 2024
Katechesen von Kardinal Christoph Schönborn

"Geht hinaus in die ganze Welt!" (Mt 28,19-20) - Aus Schülern werden Lehrer

Wortlaut der 7. Katechese von Kardinal Dr. Christoph Schönborn am 22. April 2012 im Stephansdom in Wien.

Lasset uns beten!
Herr Jesus Christus, Du hast gesagt: Einer ist euer Lehrer, Christus, ihr alle seid Brüder. Lass uns bei Dir in die Schule gehen, lass uns von Dir lernen von Deinem Wort, von Deinem Herzen, von Deinem Leben, Deinem Sterben und Deinem Auferstehen. Mach uns bereit, gesendet zu werden, damit wir selber geben können, was wir empfangen haben. So bitten wir Dich, der Du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und herrscht, heute und in Ewigkeit. Amen.

In dieser Katechese geht es um die einfache Frage: Wie werden die Schüler zu Lehrern? Wie werden die, die Jesus in seine Schule genommen hat zu denen, die er als Missionare, als seine Zeugen aussenden kann?
Vor Kurzem noch war ich auf dem Berg der Seligpreisungen in Galiläa. Dorthin hatte der auferstandene Herr die Apostel bestellt, dort ist er ihnen erschienen. Der heilige Matthäus berichtet uns, die Apostel fielen vor ihm nieder in Ehrfurcht und Anbetung, einige hatten noch Zweifel. Jesus spricht sie an: "Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden, darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern [zu meinen Schülern kann man auch übersetzen]. Tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alle befolgen, was ich euch geboten habe" (Mt 28,17-20).

I.

Wie wir schon zu Beginn dieser Katechesen gesehen haben, bedeutet das Wort "macht sie zu meinen Jünger" wörtlich: "macht sie zu meinen Schülern". Schüler sind dazu da, um etwas zu lernen. Die Aufgabe der Lehrer ist, neue Schüler zu machen, zu lehren. Die Jünger Jesu sollen also die, die sie zu Schülern Jesu gemacht haben, auch lehren. Alles das, was sie von ihrem Lehrer gehört haben, sollen sie ihnen weitergeben. Sie erhalten den Auftrag weiterzugeben, was sie vom Herrn gelernt haben. So versteht Paulus seine Aufgabe, wenn er sagt: "Was ich vom Herrn selber empfangen habe, das gebe ich euch weiter" (1Kor 11,23). Sie sollen nicht ein bisschen weitergeben, stückweise, sondern alles. "Alles, was ich euch aufgetragen habe" (Mt 28,20), sollt ihr die anderen lehren, die durch euch meine Jünger werden. Aber was ist dieses alles? Steht das irgendwo geschrieben? Wo finden die Apostel, die Jünger dieses alles? Die Schüler, die zu Lehrern geworden sind, sollen die ganze Lehre des Meisters weitergeben. Aber wo steht diese Lehre? Wie kann man überprüfen, ob die Lehrer die Lehre des Herrn wirklich weitergeben oder ob sie sie nicht verkürzen, nicht eigenes hineinmischen, ob nicht im Lauf der Zeit, der Jahre und Jahrhunderte die Lehre Jesu verändert, verfälscht wurde? Inzwischen sind 2.000 Jahre vergangen. Ist die Lehre nicht längst etwas anderes geworden, als das was Jesus ursprünglich gelehrt hat? Die Apostel haben ihn noch selber gehört, sie waren Ohren- und Augenzeugen. Er hat sie selber geschult und sie waren seine direkten persönlichen Schüler. Solange es die Augen- und Ohrenzeugen gab, konnten sie sich auch gegenseitig kontrollieren, wenn sie erzählt haben, was Jesus gelehrt hat. Da konnte einer sagen: Nein, das hat er nicht so gesagt, sondern so! Sie konnten ihre Erinnerungen austauschen und gegenseitig überprüfen, kontrollieren, ob sie wirklich die Lehre Jesu genau weitergegeben haben. Aber nach dem Tod des letzten Apostels, wer konnte da garantieren, dass die Lehre Jesu nicht allmählich verfälscht wurde? Hat sich da nicht im Lauf der Jahrhunderte vieles um die Lehre Jesu angelagert, dass sie verdeckt, verstellt, unkenntlich macht? Woher wissen wir heute, was Jesus wirklich gelehrt hat, was ursprünglich seine Lehre war?
Der Katechismus der Katholischen Kirche gilt als eine authentische, gültige Zusammenfassung der katholischen Glaubenslehre heute. Aber was im Katechismus ist wirklich Lehre Jesu? Aber davor muss vielleicht noch eine andere Frage gestellt werden. Hatte Jesus überhaupt eine Lehre? Gibt es so etwas wie eine beschreibbare, klar definierte Lehre Jesu? Haben wir nicht immer schon "gefilterte" Berichte über das, was Jesus gelehrt, getan hat, durch die Brille der Zeitzeugen, durch die Brille ihrer Vorverständnisse, durch das, was sie mitgebracht haben an eigenen Vorstellungen und durch die Art, wie sie Jesu Worte, Taten und Lehren aufgenommen haben und somit die eigene Sichtweise weitergegeben haben? Wir haben nur die vier Evangelien und die anderen Schriften des Neuen Testamentes. Anders kommen wir gar nicht an Jesus heran. Aber kommen wir hinter die Autoren des Neuen Testamentes direkt zu Jesus? Oder haben wir immer nur das, was uns die Zeugen in ihrer Sichtweise berichtet haben. Eine Frage die jeder, der sich mit Theologie beschäftigt, kennenlernt und die manchen Probleme macht. Hat Johannes nicht ein anderes Bild von Jesus gezeichnet, als Matthäus? Und ist Markus nicht doch sehr anders als Lukas? Wo bleibt da Jesus selber? Jeder hat seinen Schwerpunkt, seine eigenen Akzente. Ist die Bergpredigt, wie Matthäus sie überliefert, wirklich die Lehre Jesu, an der wir festhalten sollen? Sind die Gleichnisse, die nur bei Lukas stehen wirklich Jesu Lehre oder die Deutung des Lukas? Und die vielen Reden Jesu, die das Johannesevangelium überliefert, sind die wirklich Lehre Jesu oder nicht vielmehr eine Auslegung des Theologen Johannes? Kurz: finden wir Jesus selber im Neuen Testament? Nur dann können wir von einer Lehre Jesu reden, von dem, was er wirklich selber seinen Jünger gesagt hat, was er sie zu lehren beauftragt hat.
Diese Frage hat mich als jungen Studenten sehr umgetrieben und ich merke immer wieder, dass sie auch Menschen bewegt, die sich heute mit Theologie beschäftigen und oft verwirrt reagieren. Nun haben wir das Glück, dass ein gewisser Joseph Ratzinger, Papst Benedikt XVI., uns gleich zwei dicke Bände über "Jesus von Nazareth" geschenkt hat. Er hat sich intensiv mit dieser Frage auseinandergesetzt und damit auch eine weltweite Diskussion ausgelöst: Können wir den Evangelien trauen? Zeigt das Bild, das die Evangelien von Jesus zeichnen, wirklich Jesus, oder nicht doch eine Übermalung, eine Darstellung, wie es viele Jesusbilder und Christusdarstellungen unterschiedlichster Art gibt? Papst Benedikt XVI. hat die moderne Bibelwissenschaft nicht vernachlässigt, er kennt sie wie kaum jemand anderer unter den großen Theologen unserer Zeit. Er hat sich sein Leben lang intensiv mit dem Wort Gottes, mit der Bibel, besonders mit dem Neuen Testament auseinandergesetzt und auch mit der Exegese, der Bibelwissenschaft. Er sagt selber, er wolle, ohne die moderne Exegese zu vernachlässigen, "doch den Versuch machen, einmal den Jesus der Evangelien als den wirklichen, als den ‚historischen Jesus‘ im eigentlichen Sinn" darstellen. Und er sagt: "Ich denke, dass gerade dieser Jesus - der der Evangelien - eine historisch sinnvolle und stimmige Figur ist" (Jesus von Nazareth I,20-21). Wenn wir einen sicheren Zugang zur Lehre Jesu haben wollen, wenn wir die weitergeben sollen, müssen wir das haben, dann dürfen wir den Evangelien vertrauen. "Lehrt sie alle halten, was ich euch gelehrt habe." Alles, was Jesus gelehrt hat, finden wir zuerst in den Evangelien. Sie sind die reine Quelle der Lehre Jesu. Ich zitiere dazu eine große Theologin, Thérèse von Lisieux. Sie ist schon mit 24 Jahren gestorben und hatte nie einen Lehrstuhl an einer Universität, aber sie ist Kirchenlehrerin. In ihren autobiographischen Manuskripten steht: "Vor allem das Evangelium spricht mich während meiner inneren Gebete an; in ihm finde ich alles, was meiner armen Seele Not tut. Ich entdecke darin stets neue Einsichten, verborgene, geheimnisvolle Sinngehalte." (Ms. A, 83v; zit. Im KKK 127). Thérèse findet im Evangelium alles: "Lehrt sie alles halten, was ich euch gelehrt habe".
Der heilige Hieronymus sagt: "Unkenntnis der Schriften ist Unkenntnis Christi" (zit. KKK 133). Mich beeindruckt es immer neu, Menschen zu begegnen, die in der Heiligen Schrift wirklich "zu Hause" sind, die wirklich das Wort Gottes "verschlungen" haben wie der Prophet Jeremia einmal sagte: "Wenn sich Dein Wort einstellte, dann habe ich es verschlungen" (vgl. Jer 15,16). Menschen, die nach dem Wort Gottes hungern und dürsten, Menschen die innerlich vom Wort Gottes geprägt sind. Es wird mehr und mehr zum Wort, aus dem sie leben, zum Wort, das gewissermaßen ihre Lebenssubstanz ist.


II.

Es muss schon etwas Einzigartiges gewesen sein, Jesus als Lehrer zu erleben: "Als Jesus diese Rede beendet hatte, war die Menge sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der göttliche Vollmacht hat und nicht wie ihre Schriftgelehrten" (Mt 7,28-29). Seine Jünger scheinen etwas von der Kraft seiner Lehre mitbekommen zu haben und dann selber etwas davon ausgestrahlt zu haben. Denn nach Ostern und nach Pfingsten treten sie mit großer Vollmacht und großer Autorität auf. "Tag für Tag lehrten sie unermüdlich im Tempel und in den Häusern und verkündeten das Evangelium von Jesus, dem Christus", so heißt es in der Apostelgeschichte (Apg 5,42). Und immer wieder dazu das Wort "metaparesias", mit Zuversicht, mit Kraft, mit Autorität. Die Lehre Jesu lebt weiter in der Lehre der Apostel. Das hat erstaunliche, überraschende Kraft, die ganze Apostelgeschichte gibt uns viele Zeugnisse davon, etwa die Heilung des gelähmten Bettlers an der goldenen "schönen Pforte" des Tempels. Darüber werden Petrus und Johannes vor dem Hohen Rat verhört, und es heißt: "Als der Hohe Rat den Freimut des Petrus und Johannes sahen und merkten, dass es ungelehrte und einfache Leute waren, wunderten sie sich." Im Griechischen steht da "agrammatoi kai idiotai", ungelehrt, nicht studiert, schlichte und einfache Leute. Und sie wunderten sich darüber, dass sie mit einer solchen Kraft und Klarheit verkündigten. Daran sieht man, die Lehre der Apostel ist Weitergabe der Lehre Jesu, sie besteht nicht in ausgeklügelten Theorien, sondern ist kraftvoll und klar. Diese Lehre hat ein einziges Thema: Jesus Christus, den Herrn. Über ihn können sie unmöglich schweigen. Sie können seinen Namen nicht mehr verschweigen, sie müssen über ihn reden, obwohl der Hohe Rat verlangt, dass sie nie wieder im Namen Jesu predigen und lehren dürfen. Man hat sie also erlebt als Menschen, die den Namen Jesu predigen und lehren. Die Apostel antworten: "Unmöglich können wir schweigen, über das, was wir gesehen und gehört haben" (Apg 4,20).
So war das damals am Anfang: sie verkündeten und lehrten die Person Jesu Christi. Das war das Neue, das war der Neue, der wesentliche Inhalt ihrer Lehre. Aber ist es dabei geblieben? Haben sich nicht inzwischen in den 2.000 Jahren weitere Lehre daran gehängt, herum gruppiert, die es viel schwieriger machen zu sagen, worin nun wirklich die Lehre Jesu besteht, was später dazugekommen ist?
Heuer wird es 50 Jahre, dass das II. Vatikanische Konzil begonnen hat und der Heilige Vater hat ein Jahr des Glaubens ausgerufen, das mit dem 11. Oktober, der Eröffnung des Konzils vor 50 Jahren, beginnen soll. Es ist auch 20 Jahre her seit der Veröffentlichung des Katechismus der Katholischen Kirche, der bewusst am 11. Oktober 1992, 30 Jahre nach Konzilsbeginn veröffentlicht wurde. Noch einmal die Frage: Ist das alles, was das Konzil lehrt, was der Katechismus lehrt, "Lehre Jesu"? Das ist doch viel zu kompliziert! Ist Jesus nicht viel einfacher? Passt das noch zu den unstudierten und ungelehrten Aposteln, die vor dem Hohen Rat standen? Muss man dieses ganze Gepäck der Glaubenslehre im Rucksack haben, um heute ein Christ sein zu können? Anderseits stellen wir fest, dass die Kenntnis des Glaubens, der Glaubenslehre, in weiten Bereichen des Volkes Gottes ganz dramatische Defizite aufweist. Man spricht heute vom "Analphabetismus" der Christen in Glaubenssachen. Papst Benedikt hat wohl deshalb das "Jahr des Glaubens" ausgerufen, damit wir wieder bessere Schüler und bessere Lehrer der Lehre Jesu werden. Aber noch einmal die Frage: Wo finden wir mit all den vielen Lehren, den dicken Büchern, die Mitte der Lehre Christi, sozusagen ihren lebendigen Kern? Wenn das nicht Sache von Gelehrten und Spezialisten sein soll, sondern gerade von den Einfachen, dann muss die Lehre Jesu auch zugänglich und erreichbar sein, versteh- und lebbar, für die besonders, denen Jesus die Erkenntnis und die Kenntnis seiner Lehre besonders zugesprochen hat. Sie erinnern sich an den Jubelruf Jesu: "Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du alles das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast" (Mt 11,25).

III.


Die "Lehre Christi" muss für einfache Menschen doch zugänglich sein! Das entspricht auch meiner Erfahrung. Ich habe oft bei ganz einfachen Menschen in besonderer Tiefe die Kenntnis der Lehre Jesu erfahren. Und immer wieder hat mich die Frage bewegt: Woher haben sie diese Kenntnis? Woher kommt dieses tiefe Verstehen, diese unerschütterliche Klarheit über den Herrn und über seine Lehre? Den denkerischen Zugang zu dieser für mich ganz festen Gewissheit habe ich vor vielen Jahren, vor genau 33 Jahren, in einer Predigt von Kardinal Ratzinger gefunden, die er als Erzbischof von München am 31. Dezember, zu Silvester 1979 im Münchner Dom gehalten hat. Ich halte diese Rede für eines der ganz großen Meisterstücke dieses großen Lehrers. Bevor ich auf diese Predigt eingehe, die unser Thema zentral angeht, möchte ich noch eine kleine Bemerkung des heiligen Johannes Chrysostomus vorausschicken in seiner Auslegung der Schlussworte des Matthäusevangeliums "… und lehrt sie alles halten, was ich euch gelehrt habe". Er sagt, dass der Auftrag Jesu: "Lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe…", unmittelbar nach dem Taufbefehl steht. "Geht zu allen Völkern, macht alle Menschen zu meinen Jüngern, tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles halten". Chrysostomus kommentiert das: "Jesus befiehlt ihnen, die Lehre von der Taufe, die er ihnen als Zusammenfassung der gesamten Lehre anvertraut, über den Erdkreis auszugießen" (Homilie 90 bzw. 91 in Mt, zu Mt 28,11-20, Üs. Prinz Max von Sachsen, Regensburg 1911, 615).
Die Lehre Jesu sieht der heilige Johannes Chrysostomus als die Lehre von der Taufe; die Tauflehre, die Taufkatechese, die Summe der Lehre Jesu. Nicht umsonst hat die alte Kirche das Katechumenat, die Vorbereitung für die Taufe der Erwachsenen, als besonders wichtig und unumgänglich betrachtet. Im Katechumenat wird ihnen die Lehre Jesu vermittelt, eingeprägt. Sie soll vor allem innerlich aufgenommen werden. Genau hier bei dieser Frage, was uns die Taufe lehrt, was wir in der Taufe übereignet bekommen haben, setzt die Predigt von Kardinal Ratzinger an. Es ging damals - ich erinnere mich noch sehr genau, ich war damals ein junger Professor in der Schweiz, dort hat das besonders hohe Wellen geschlagen - um den Entzug der Lehrerlaubnis für Professor Hans Küng, der Schweizer Theologe, Professor in Tübingen, Kollege von Professor Ratzinger, damals in Tübingen. Papst Johannes Paul II. war gerade ein Jahr Papst. Man hatte ihn begeistert begrüßt, den Papst, der "aus einem fernen Land" kommt, den ersten nicht-italienischen Papst. - Es war wie eine kalte Dusche. Er entzieht dem berühmten Professor Hans Küng die Erlaubnis, im Namen der Katholischen Kirche zu lehren. Plötzlich stand Papst Johannes Paul II. als erzkonservativ und als Feind der Freiheit da. Und die ganze Frage des kirchlichen Lehramtes stand ganz virulent in der Diskussion. Der Entzug der "missio canonica", also der Erlaubnis im Namen der Katholischen Kirche zu lehren, wurde vielfach, so erinnert Kardinal Ratzinger, als autoritäre Unterdrückungsmaßnahme gebrandmarkt, als Angriff auf das heilige Ur-Recht der Freiheit. Ich kann mich erinnern, wie heftig diese Debatte damals in der Schweiz geführt wurde. Die freie Meinungsäußerung schien aus der Kirche verbannt zu sein, Menschenrechte gewissermaßen mit Füßen getreten. In dieser Diskussion ging es vor allem um die Frage des Christusbekenntnisses. Ich kann mich noch gut erinnern. Nachdem Hans Küng 1974 sein Buch "Christsein" veröffentlicht hatte, stellte Kardinal Höffner ihm die Frage: "Sagen Sie klar und deutlich: Glauben Sie, dass Jesus, der Christus, der Messias, Sohn des lebendigen Gottes ist?" Die Antwort war ausweichend. Hans Küng sprach in seinem Buch "Christsein" von Jesus als dem "Sachwalter Gottes". Aber das klare Bekenntnis zu ihm als Sohn des lebendigen Gottes, blieb aus. Die Debatte spitzte sich dann zu auf die Frage: Gibt es überhaupt Formeln des Glaubens, auf die man verpflichten kann? Kann man überhaupt den Glauben in Formeln fassen? Lässt sich die Lehre Jesu, lässt sich das, was die Person Jesu betrifft, auf Begriffe, auf lehrmäßige Sätze zurückführen? Wenn ja, welche Aussagen passen auf Jesus? Passen diese Aussagen immer, auch heute, oder nur damals in bestimmten Zeiten und Kulturen?
Kardinal Ratzinger ging damals in der Silvesterpredigt der Frage nach: "Der christliche Glaube ist … von Anfang an unter der Formel aufgetreten: Ich glaube, dass dies so uns so ist. So deutlich hat Paulus das im 6. Kapitel des Römerbriefes herausgestellt. Im Vers 17 sagt Paulus, die für uns von höchster Bedeutung stehende Aussage: ‚Gott sei gedankt: ihr wart Sklaven der Sünde, und seid vom Herzen gehorsam geworden gegenüber dem Typos der Lehre, in den hinein ihr übergeben worden seid‘". So lautet wörtlich übersetzt eine etwas seltsame, schwierige Formulierung. Kardinal Ratzinger kommentiert sie.
Lassen Sie mich zuerst etwas über den Gehorsam sagen, weil Paulus das anspricht: ihr seid vom Herzen her gehorsam geworden gegenüber der Lehre. Ratzinger sagt: "Der Gegensatz zur Sklaverei, zur Unfreiheit ist für Paulus nicht die Bindungslosigkeit, sondern der von Herzen her kommende Gehorsam". "Vom Herzen gehorsam", das ist keine sklavische Unterwerfung, sondern das liebende Einschwingen in den Willen des Anderen, im Vertrauen, in Freiheit. Jesus hat seinen Gehorsam dem Vater gegenüber gelebt, im vollen Vertrauen in Freiheit, Einschwingen in seinen Willen. Gerade der Ungehorsam dem Willen Gottes gegenüber wurde zur Ursache unserer Unfreiheit. Der Gehorsam dem Willen Gottes gegenüber ist Freiheit. In der ganzen Debatte um den "Aufruf zum Ungehorsam" sollten wir viel ernsthafter das christliche Verständnis des Gehorsams thematisieren. Eines ist klar: die Schüler Jesu, seine Jünger, können selber nur Lehrer des Glaubens werden, wenn sie "vom Herzen gehorsam" sind, nämlich hörend auf den Willen und das Wort Gottes.
Kardinal Ratzinger: "Aber nun ist da noch etwas sehr Wichtiges: Der Gehorsam hat einen sehr konkreten Inhalt: Paulus bezieht ihn auf den ‚Typos von Lehre, dem ihr übergeben worden seid‘. Der Apostel weist damit … auf das Glaubensbekenntnis beziehungsweise auf eine katechismusartige Formulierung der Lehre hin, die der Inhalt der Taufe ist".
Die Taufe ist nicht irgendein Ritual, sondern "ein inhaltlicher Vorgang": es ist das Eintreten in eine gemeinsame Form, in ein gemeinsames Glaubensbekenntnis, in den Glauben der Kirche. Der Glaube hat sehr konkrete, "für jedermann verständliche inhaltliche Aussage(n)". Die Aussagen des Glaubens erklärt Kardinal Ratzinger mit einer hilfreichen Unterscheidung. Er sagt, die Glaubensaussagen sind "unerschöpflich", aber "nicht unfassbar und beliebig". Sie sind unerschöpflich, "und daher immer neu zu vertiefen", aber nicht unbestimmt, sodass jeder damit machen könnte, was er will. Glauben, dass Jesus der Christus ist, der Sohn des lebendigen Gottes, ist etwas ganz Bestimmtes, auch wenn es unerschöpflich ist. Paulus sagt etwas Eigenartiges: "Nicht die Tradition wird dem Täufling übergeben, sondern der Täufling der Tradition. Sie wird nicht sein Eigentum, das er beliebig gestalten kann, sondern er wird ihr Eigentum. Sie ist die größere Form, die ihn gestaltet und nicht umgekehrt". Paulus sagt: "Ihr wurdet dem Typos der Lehre übergeben". Nicht wir sind die Eigentümer des Glaubens, sondern wir werden dem Glauben übereignet. Wie der Jünger nur Schüler Jesu werden kann, wenn er sich ganz dem Meister übereignet und anvertraut, sich von ihm prägen lasst, so kann er erst recht nicht Lehrer sein, wenn er sich nicht ganz der Lehre Jesu übergeben hat. Die Lehre Jesu ist das Maß, die Richtschnur, der "Kanon" der Lehre.
Für mich als jungen Theologiestudenten war das ein einschneidendes Erlebnis. Ich möchte als persönliches Zeugnis sagen, wie ich das erlebt, innerlich erfasst habe. Wir hatten in Fribourg eine charismatische Gebetsgruppe. Es waren die Jahre, wo die charismatische Erneuerung noch sehr jung war. Ich war in dieser Gebetsgruppe "einfaches Mitglied", ich als Pater und Universitätsprofessor. Die Gebetsgruppe wurde von einem Mann geleitet, François Baetig, der ein Gärtner war. Und er war mir ein echter Lehrer, ein Lehrer in Sachen Jesu. Nicht nur wegen seiner nüchternen und tiefen Frömmigkeit, sondern auch wegen seinem ganz sicheren Gespür für das, was der Glaube lehrt und was nicht zum Glauben gehört. Dieses ganz sichere Gespür für die Lehre des Glaubens hatte er nicht von einem Universitätsstudium. Er hatte nicht Theologie studiert an der Uni, sondern er hatte eine innere Erkenntnis, die aus einer langen Glaubenserfahrung, aus einem tiefen Gebetsleben, aus einer gelebten Vertrautheit mit dem Herrn kam. Wenn François von der Eucharistie sprach, dann wusste ich, er spricht von der Wirklichkeit. Wenn ich Vorlesungen über die Eucharistie gehalten habe, was ich oft gemacht habe, akademische Vorlesungen, war da sehr viel Wissen, sehr viel Historisches, Theologisches, Reflektiertes, aber mir war immer klar, François, Leiter unserer Gebetsgruppe, weiß, wovon er spricht, wenn er von der Eucharistie spricht. Es war ihm keine angelernte Theorie, sondern gelebte Kenntnis. Natürlich kannte er seinen Katechismus, damals lernten ihn die Jugendlichen noch. Ich denke, das ist heute einer der großen Nöte unserer Generationen, dass wir die Grundkenntnisse, die wir früher durch den Katechismus bekommen haben, auch formelmäßig nicht mehr haben. Ich denke bei manchen Begegnungen mit Muslimen, mit welcher Präzision sie ihren "Katechismus" aufsagen können, sicher angelernt, aber sie können es. Unsere jüngere Generation hat diesen Halt nicht mehr mitbekommen und tut sich dementsprechend schwer zu sagen, was eigentlich Kern der Lehre Christi ist, worin sie besteht und was sie konkret auch an Formulierungen bedeutet. Aber bei unserem Gärtner François war das nicht nur Katechismuswissen. Ich habe oft darüber nachgedacht, auch theologisch, sozusagen vom Fach her: Was war das eigentlich? In diesem Nachdenken war für mich die Silvesterpredigt von Kardinal Ratzinger damals 1979 ein "Schlüsselerlebnis". In seiner Auseinandersetzung mit Hans Küng bezog sich der Münchner Erzbischof auf die Tageslesung vom 31. Dezember aus dem ersten Johannesbrief. Da heißt es: "Meine Kinder, es ist die letzte Stunde. Ihr habt gehört, dass der Antichrist kommt, und jetzt sind viele Antichristen gekommen… Ihr habt die Salbung von dem, der heilig ist, und ihr wisst es alle… wer leugnet, dass Jesus der Sohn ist, hat auch den Vater nicht; wer bekennt, dass er der Sohn ist, hat auch den Vater. Für euch gilt: Was ihr von Anfang an gehört habt, das soll in euch bleiben; wenn das, was ihr von Anfang an gehört habt, in euch bleibt, dann bleibt ihr im Sohn und im Vater. Dies habe ich euch über die geschrieben, die euch in die Irre führen. Für euch aber gilt: Die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr braucht euch von niemand belehren zu lassen. Alles was seine Salbung euch lehrt, ist wahr und keine Lüge. Bleibt in ihm wie es euch seine Salbung gelehrt hat" (1 Joh 2,18-27).
Kardinal Ratzinger zeigt dann in dieser langen Predigt, was die konkrete Situation ist, die der Apostel Johannes in diesem Brief im Blick hat: die Gnosis. Diese damals aufkommende Lehre hat versucht, für die Gebildeteren das Christentum symbolisch zu interpretieren. Gottes Sohnschaft, jungfräuliche Empfängnis, Kreuzestod, Auferstehung, leeres Grab, alles nur symbolisch; die Wunder Jesu, alles nur symbolisch. Für die "feineren Geister", die Gebildeteren, wollte man nicht etwas so Rohes, Wörtliches, wie das die "primitiven Leute" sahen, das war etwas für feinere Geister, ein Christentum, das dem Zeitgeist der damaligen eingängig war. Genau diese Situation zeichnet Kardinal Ratzinger als das, worum es in der Auseinandersetzung mit Hans Küng ging. Ist das Christentum, ist die Lehre von Jesus für die "Primitiven" etwas Wörtliches und für die "Gescheiteren", die Gebildeten etwas Symbolisches? Sind nur die einfachen Gläubigen primitiv, dass sie glauben, dass die Wunder Jesu wirklich so geschehen sind, dass er wirklich von Jungfrau Maria empfangen wurde oder vom Heiligen Geist, dass er wirklich auferstanden ist, so wie es uns das Evangelium sagt? Genau um diese Auseinandersetzung ging es. Ich erinnere mich an eine liebe Verwandte, die damals das Erfolgsbuch von Hans Küng "Christsein" las, und am Schluss sagte: "Dieses Buch hat mich von vielem befreit". Ich fragte sie: "Wovon hat es dich befreit?" Dann hat sie aufgezählt, dass Jesus von der Jungfrau Maria empfangen sei und dass die Wunder wörtlich zu nehmen sind und dass er leiblich auferstanden ist. Dann habe ich sie gefragt: "Was bleibt dann am Schluss übrig?" Da war sie dann sehr nachdenklich und hat gemerkt, diese Befreiung ist das Ende des Glaubens, da geht es wirklich um das Wesentliche. Bleibt vom Christentum nur ein allgemeines "Weltethos" übrig, ein allgemeiner Humanismus, der mit christlichen Worten verbrämt wird? Dieser ist aber gepaart mit dem Anspruch echter Wissenschaftlichkeit, sozusagen "Wissensstand auf der Höhe der Zeit", während der kirchliche Glaube und sein realistisches Verständnis als primitiv, vorwissenschaftlich, unaufgeklärt hingestellt wird. Das geht bis heute so weiter, wenn Hans Küng nun seinerseits ein Jesusbuch herausbringt mit dem Anspruch, das dies jetzt das wissenschaftliche, das vernünftige sei, im Unterschied zum Jesus-Buch des Papstes.
Zurück zur Predigt von Kardinal Ratzinger. Dieser Verächtlichmachung des einfachen Glaubens durch die Intellektuellen und ihre Auslegungskünste stellt Johannes den Satz entgegen: "Ihr habt die Salbung und ihr alle seid Wissende… Ihr kennt die Wahrheit… Die Salbung bleibt in euch und ihr braucht euch von niemand belehren zu lassen". Ratzinger erklärt: Johannes meint mit der "Salbung" zuerst Christus selber, "ihr habt Christus, den ‚Gesalbten‘, und ihr braucht euch nicht belehren zu lassen". Er selber lehrt uns alles, ihn zu haben, ihn zu kennen, ihn zu lieben ist der Weg, seine Lehre zu kennen. Er ist sie "in Person". Das Wort "Salbung" bezieht sich aber auch auf "die Taufe und den in der Taufe übermittelten gemeinsamen Glauben. Was Johannes hier schreibt, ließe sich also auf die Formel bringen: Nicht die Gelehrten bestimmen, was an dem Taufglauben wahr ist, sondern der Taufglaube bestimmt, was an den gelehrten Auslegungen gültig ist. Nicht die Intellektuellen messen die Einfachen, sondern die Einfachen messen die Intellektuellen. Nicht die intellektuellen Auslegungen sind das Maß für das Taufbekenntnis, sondern das Taufbekenntnis in seiner naiven Wörtlichkeit ist das Maß aller Theologie. Der Getaufte, im Taufglauben Stehende, braucht keine Belehrung. Er hat die entscheidende Wahrheit empfangen und trägt sie mit dem Glauben selbst in sich".
Diese Worte von Kardinal Ratzinger waren damals zum Jahreswechsel 1979-80 für mich die denkerische Bestätigung dessen, was ich als junger Professor ganz anschaulich mit dem Leiter unserer Gebetsgruppe erlebte. Wenn er, der einfache Gärtner, von den Dingen des Glaubens sprach, konnte ich wahrnehmen, dass diese Glaubensklarheit immer auch das Maß für meine theologische Lehrtätigkeit sein musste. Nie darf ich als "gelehrter Theologe" über dem Glauben der Einfachen zu stehen beanspruchen. Meine Aufgabe als Theologieprofessor war es, diesem Glauben zu dienen, seine Schönheit und Stimmigkeit darzustellen und ihn gegen Angriffe zu verteidigen.
Kardinal Ratzinger, der damals noch nicht Präfekt der Glaubenskongregation war, hat die Aufgabe des kirchlichen Lehramtes damals auf den Punkt gebracht: "Das kirchliche Lehramt schützt den Glauben der Einfachen; derer, die nicht Bücher schreiben, nicht im Fernsehen sprechen und keine Leitartikel in den Zeitungen verfassen können: Das ist sein demokratischer Auftrag. Es soll denen Stimme geben, die keine haben".
Ich durfte diese Erfahrung in meiner Tätigkeit als Theologieprofessor immer neu erleben: Stimme der einfachen Glaubenden zu sein. Durch das Studium, das Forschen, das Arbeiten mit den großen Meistern der Theologie, den Kirchenvätern, dem heiligen Thomas von Aquin, den geistlichen Lehrerrinnen und Lehrern die Stimmigkeit der Glaubenslehre der Kirche aufzuzeigen und in ihr die lebendige Lehre Jesu zu vernehmen.
Kehren wir zur Ausgangsfrage zurück: Wie werden die Jünger, die Schüler Jesu zu Lehrern des Glaubens? Versuchen wir, die bisherige Antwort zusammenzufassen, ehe wir einen letzten Schritt zum Thema versuchen. Ein Erstes ist deutlich geworden: die echten Lehrer des Glaubens bleiben immer in der Schule des Meisters, bleiben Jünger und Jüngerinnen des Herrn. Nie haben wir ausgelernt, was es heißt, Ihm nachzufolgen. Das Leben mit Jesus, der vertraute Umgang mit ihm bleibt die Quelle, aus der alles Lehren strömt. Das gilt für die Eltern, die ihren Kindern den Glauben weitergeben wollen; das gilt für den Theologieprofessor, der den Glauben reflektiert. Das ist meine eigene Erfahrung von 16 Jahren Lehrtätigkeit: So unerlässlich das gründliche und fleißige Studium ist, die wirklichen tiefen Einsichten kommen aus dem Umgang mit dem Herrn, wenn in der Betrachtung, im Gebet etwas "einleuchtet", von innen her erfasst wird. Das ist dann "die Salbung, die uns alles lehrt", wie Johannes sagt.
Ein zweites wurde deutlich: zum christlichen Lehrer des Glaubens gehört auch Wissen: ganz schlicht das Kennen der Heiligen Schrift, besonders der Evangelien. Aber auch jenes Grundwissen des Glaubens, das Paulus den "Typos der Lehre" nannte, im Glaubensbekenntnis zusammengefasst, ist nicht zuerst eine Sammlung von Sätzen, sondern besteht in Ereignissen und Tatsachen: dass Gott tatsächlich der Schöpfer aller Dinge ist, dass Jesus tatsächlich der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes ist, wirklich von Maria der Jungfrau empfangen, wirklich für uns Mensch geworden ist zu unserem Heil, wirklich gelitten hat, gestorben, begraben und wahrhaft auferstanden ist; und dass der Heilige Geist wirklich die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche trägt.
Die Lehre, die die Jünger weitergeben sollen, ist vor allem das Bekenntnis zu diesen Tatsachen. Worin besteht denn die Lehre des hl. Paulus? Er sagt es selbst ganz klar: "Denn als erstes habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas, dann den Zwölf… Das ist unsere Botschaft, und das ist der Glaube, den ihr angenommen habt" (1 Kor 15,3-11).

IV.


Im heutigen Tagesevangelium sagt der Auferstandene zu den Jüngern, die im Abendmahlsaal versammelt sind: "So steht es in der Schrift: Der Messias wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen, und in seinem Namen wird man allen Völkern, angefangen in Jerusalem, verkünden, sie sollen umkehren, damit ihre Sünden vergeben werden. Ihr seid Zeugen davon. Und ich werde die Gabe, die mein Vater verheißen hat, zu euch herabsenden" (Lk 24,46-49).
Die Lehrer sollen nicht nur lehren, sondern Zeugen sein. Ein Wort von Papst Paul VI. ist berühmt geworden. In "Evangelii nuntiandi" vom 8. Dezember 1975 sagte er: "Der heutige Mensch hört lieber auf Zeugen als auf Gelehrte, und wenn er auf Gelehrte hört, dann deshalb, weil sie Zeugen sind" (Nr. 41). Dieses oft zitierte Wort ist ein treues Echo dessen, was Jesus seinen Jüngern gesagt hat: "Ihr werdet meine Zeugen sein" (Apg 1,8).
Zeuge heißt im Griechischen martys. Der Zeuge ist der Märtyrer. Wie werden die Schüler zu Lehrern? Indem sie zu Zeugen werden. Am Märtyrer wird klar, dass die Lehre, die Jesus seinen Jüngern aufträgt, vor allem ein Bekenntnis, ein Zeugnis ist: Es geht darum, sich öffentlich zu Jesus und zu seinem Namen bekennen; "Wer sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen" (Mt 10,32). Die Verkündigung des Evangeliums ist nicht ohne Feindschaft und Verfolgung möglich. Erik Peterson sagt es in seiner berühmten Schrift "Zeuge der Wahrheit" (1937, also schon mitten in der Nazizeit geschrieben): "Solange das Evangelium in dieser Welt verkündet wird - also bis an das Ende der Zeit - solange wird die Kirche auch Märtyrer haben" (op.cit S. 176; Ausgewählte Schriften, Bd. 1, Würzburg 1994, S.100).
Auch wenn nicht alle zum Martyrium berufen sind, so doch zum Zeugnis. Und zu diesem gehört das Kreuz. Das täglich auf sich zu nehmen, ist der Weg der Nachfolge. Aber nach dem Auftrag Jesu: "Lehrt sie alles halten, was ich euch geboten habe" steht das unverbrüchliche Wort der Verheißung: "Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt" (Mt 28,20).

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