Gelobt sei Jesus Christus! In Ewigkeit, Amen!
Sia lodato Gesù Cristo! Sempre sia lodato!
Liebe Brüder und Schwestern! Liebe Gläubige!
Unser Heiliger Vater, Papst Benedikt XVI., hat einmal in einer Weihnachtspredigt eine Geschichte erzählt, die er bei Elie Wiesel, dem jüdischen Schriftsteller und Autor, aufgezeichnet gefunden hat. Elie Wiesel erzählt da, dass Jeschiel, ein kleiner Bub, zu seinem Großvater, dem berühmten Rabbi Baruch, weinend ins Zimmer gestürzt gekommen ist. Große Tränen rollen ihm über die Wangen, und er klagt: "Mein Freund hat mich ganz und gar verlassen. Er ist ungerecht und sehr unschön zu mir!" Ja, kannst du mir das nicht näher erklären, was da passiert ist? Fragt der Rabbi, sein Großvater. "Ja", antwortet der Kleine. "Wir haben Verstecken gespielt, und ich habe mich so gut versteckt, dass der andere mich nicht finden konnte. Aber da hat er einfach aufgehört, mich zu suchen, und er ist weggegangen. Ist das nicht unschön?" Das schönste Versteck hat seine Schönheit verloren, weil der andere das Spiel abbricht. Nun streichelt ihm der Meister die Wangen, es treten ihm selbst die Tränen in die Augen, und er sagt:"Ja, das ist gewiss sehr unschön. Und siehst du: mit Gott ist es genauso. Er hat sich versteckt, und wir schauen nicht nach ihm. Denk dir nur: Gott verbirgt sich, und wir Menschen suchen ihn nicht einmal".
Gott verbirgt sich – und wir suchen ihn nicht einmal! Gott blendet uns nicht mit dem Glanz seiner Gottheit, erzwingt uns nicht mit der Macht seiner Gottheit. Er will, dass wir ihn suchen, wir, seine Geschöpfe, denen er die Freiheit geschenkt hat. Gott verbirgt sich, damit wir ihn in Freiheit und Liebe suchen können. Und dann fügt der Heilige Vater hinzu: "Und welch ein Versteck hat er gefunden! Er versteckt sich in einem Kind, in einem Stall. Da ist er nun so gut versteckt, so genial versteckt, dass die Gefahr besteht, dass wir zu suchen aufhören". (Joseph Ratzinger Benedikt XVI., Weihnachtspredigten, Augsburg 2007, S 19-21).
Brüder und Schwestern, ist das nicht die Gefahr für unsere Zeit, die Gefahr für uns, zu suchen aufzuhören? Heute wird uns alles fertig serviert, von der Nahrung bis zu den Nachrichten. Alles muss „instant“ sein. Suchen am Computer, sich etwas "angoogeln", und in Sekundenschnelle hat man jede Information. Keine mühsamen Recherchen mehr, kein selbständiges Suchen und Nachgehen, und so auch im Geistigen und Geistlichen: ein langer Weg des Suchens ist viel zu mühsam! Es muss schnelle, sofortige geistige Erfahrung, geistliches Erlebnis, ein Event muss es sein. Lieber schnell eine religiöse Erfahrung, statt das langwierige Suchen eines geistlichen Weges.
Brüder und Schwestern, das ist mein Wunsch für das zweite Jahrzehnt des neuen Millenniums, in das wir bald hineingehen: Dass uns wieder eine Zeit der Gottsuche geschenkt werde. Die Medien sind zurzeit voll von Meldungen darüber, wie schlecht es der Religion und der Kirche in unserem Land geht, wie niedrig die Quoten der Religion sind. Mich beunruhigt die Frage des großen Rabbi Baruch: Gott verbirgt sich, und wir Menschen suchen ihn nicht einmal!
Heute sagt uns das Evangelium, der große Prolog des Johannesevangeliums, was da passiert. "Das Licht leuchtet in die Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen. Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf". Mitten in diese Traurigkeit platzt aber eine Nachricht: "Das Wort ist Fleisch geworden und es hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des Eingeborenen vom Vater, voll Gnade und Wahrheit". Dieses Schauen, dieses Finden ist uns versprochen, wenn wir nur nicht aufhören zu suchen. Diese Freude des Findens ist uns verheißen. Wie sehr dürfen wir einander die Freude des Findens beim Christus-Kind, beim Christkind wünschen! Aber eines ist vorausgesetzt: dass wir nicht aufhören zu suchen. Diese Weihnachtsfreude wünsche ich uns allen! Amen.