Predigt zum Stephanitag 2017
Liebe Diakone!
Liebe Familien der Diakone!
Geschätztes Domkapitel! Mitarbeiter des Domes, der Dommusik!
Liebe Brüder und Schwestern hier im Dom!
Jahr für Jahr nach Weihnachten ist Stephanus. Nach der Geburt des Kindes der Tod des ersten Märtyrers. Wie hängt das zusammen? Vielleicht nur ein zufälliges Terminzusammentreffen, dass dieses Fest eben an diesem 26. Dezember gefeiert wird? Es besteht ein tiefer Zusammenhang. Denn das Kind in der Krippe ist nicht nur eine gute Nachricht für uns, eine Freude, die uns verkündet wird, sondern es ist eine Einladung. Wenn Gott diesen Weg gewählt hat, so Mensch zu werden, dann ist das eine Einladung an uns, ihm nachzufolgen. Am heutigen Fest des heiligen Stephanus bekommen wir gewissermaßen ganz direkt, gleich nach Weihnachten, ein starkes Bild von dem, was es heißt, diesem Kind nachzufolgen. Christ zu sein. In der Nachfolge Jesu zu leben.
Bei Stephanus und bei den ersten sieben Diakonen fällt mir als erstes auf, dass die Apostel ganz stark gespürt haben, sie haben einen vorrangigen Dienst. Wir erinnern uns, wie das war in der Urgemeinde in Jerusalem. Die Zahl der Gläubigen wuchs sehr stark, die Zahl der Armen auch. Es brauchte viel Dienst an den Armen, vor allem an den Witwen und die Apostel haben gespürt, das wird uns zu viel. Wir müssen ja auch und zuerst uns dem Gebet und der Verkündigung widmen, wie es beim heiligen Lukas in der Apostelgeschichte heißt: der Diakonie des Wortes, dem Dienst des Wortes müssen wir uns widmen, der Verkündigung. Das ist unser Auftrag. So haben sie diese sieben Männer ausgewählt, die wir die ersten Diakone nennen. Diese Diakone sollten vor allem sich um die Armen in der Gemeinde kümmern. Sie sollten eben Diener, Diakone der Armen sein. Aber dann zeigt sich sehr schnell etwas Überraschendes: auch sie verkündigen.
Und Stephanus als erster. Ein Mann mit einem mächtigen Wort, glaubwürdig, überzeugend. Das zeigt uns etwas für die Nachfolge Christi, liebe Diakone, in die ihr gestellt seid mit eurem Dienst. Der karitative Dienst und der Dienst der Verkündigung können nicht getrennt werden. Manchmal haben wir bei uns den Eindruck, dass die Caritas eine Sache ist, und das Leben der Kirche die andere. Das darf man nicht auseinander dividieren. Das gehört zusammen. Eine Nächstenliebe ohne Verkündigung, oder eine Verkündigung ohne Nächstenliebe geht nicht. Die ersten Diakone zeigen uns sehr mächtig und eindrucksvoll, wie sehr von Anfang an die Diakonie, der Dienst an den Notleidenden, den Armen, den Kranken untrennbar verbunden ist mit der Verkündigung des Evangeliums. Der heilige Franziskus hat dieses wunderbare Wort gesagt: Verkündet allen Menschen das Evangelium, wenn notwendig auch mit Worten. Natürlich ist die überzeugendste Verkündigung die des Lebens. Das, liebe Diakone, ist euer Dienst: zuerst das überzeugende Zeugnis des eigenen Lebens.
Ein zweites zeigt das Geschick des Stephanus. In der Nachfolge Jesu begegnet man Widerspruch. Ich weiß, wir Österreicher neigen dazu, alles zu harmonisieren, und jedem Recht zu geben und es möglichst allen Recht zu machen. Das Evangelium stößt an. Jesus ist ein Stein des Anstoßes. So hat es schon Simeon verkündet, als das Kind in den Tempel gebracht wurde: „Er wird ein Stein des Anstoßes sein“.
Stephanus zeigt in seiner langen Rede, die wir gehört haben, wie er vor dem Hohen Rat und den Verantwortlichen in Jerusalem zeigt, dass Jesus der Messias ist und dass er verfolgt wird. Das Kreuz gehört zum Evangelium. Das Kreuz gehört zu diesem Kind, und nicht umsonst steht neben der Krippe das Kreuz. Aber das alles wäre nicht das Entscheidende, wenn nicht ein drittes dazu käme. Wir haben es eben gehört, Stephanus betet für seine Verfolger. Erst damit wird die Nachfolge Christi, die Nachfolge Jesu wirklich wirksam. Stephanus macht das, was Jesus getan hat, als man ihn gekreuzigt hat: „Vater vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun“. Stephanus sagt: „Herr Jesus, rechne ihnen diese Sünde nicht an“. Erst dieses vergeben, verzeihen, diese Bitte um Gottes Vergebung und Barmherzigkeit macht das Zeugnis des Stephanus wirksam.
Ganz nebenbei wird gesagt: Ein junger Mann stand dabei. Man hat die Kleider des Stephanus, die ihn gesteinigt haben, zu seinen Füßen niedergelegt. Er hieß Saulus, und er war ein fast muss man sagen: ein fanatischer Gegner Jesu. Stephanus hat auch für ihn gebetet. Und sein Gebet ist erhört worden. Aus dem Saulus, dem Verfolger, wurde Paulus, der leidenschaftliche Apostel Jesu Christi. Unmittelbar nach dem Tod des Stephanus begann eine heftige Verfolgung in Jerusalem. Und viele der Christen mussten weg und sind geflüchtet. Daraus wurde die erste große Christenmission. Aus der Verfolgung wurde die Ausbreitung des Christentums. Aus der Bitte um Vergebung wurde die Gnade der Bekehrung.
Brüder und Schwestern, so verstehen wir schon, warum es sinnvoll ist, dass am Tag nach Weihnachten Stephanus gefeiert wird. Er lädt uns ein, dem Kind in der Krippe, Jesus, nachzufolgen. Auch mit unserem Leben.