Hochgebet in Leichter Sprache
Im Februar 2024 wurde von der deutschen Bischofskonferenz zum ersten Mal ein Hochgebet in Leichter Sprache zur Erprobung im Gottesdienst gutgeheißen. Damit soll Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung bzw. Lernschwierigkeiten der Zugang zum Gottesdienst erleichtert werden. Vor kurzem ist die Ausgabe für den liturgischen Gebrauch, ergänzt mit Hinweisen zum praktischen Vollzug, im Deutschen Liturgischen Institut erschienen.
Was ist Leichte Sprache?
Leichte Sprache ist im Umfeld der Bewegung für Behindertenrechte entstanden und möchte Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung die Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen (vgl. dazu die UN-Behindertenrechtskonvention, beschlossen 2006). Seit 2009 gibt es erste Regelwerke (ähnlich wie bei der Gebärdensprache). Damit soll eine größtmögliche Verständlichkeit erzielt werden, z.B.:
- Keine Fremdwörter
- Kurze Sätze mit jeweils einer Aussage
- Möglichst genaue Beschreibungen von dem, was gemeint ist
- Vorrangige Verwendung von Verben, Vermeidung von Substantiven und Genetiven
- Positive Sprache, Wörter wie „nicht“ werden vermieden.
- Vermeidung bildhafter Sprache
Für wen ist das Hochgebet gedacht - und für wen nicht?
Das Hochgebet ist für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen bzw. Lernschwächen gedacht. Diese Personen sind auf Satzformulierungen angewiesen, die im Präsens (Gegenwart) formuliert sind und zwei bis drei oder sechs bis acht Wörter umfassen.
Die deutschen Bischöfe formulieren in der Pastoralen Einführung, dass das Hochgebet für „solche Messen vorgesehen (ist), die von Gemeinden mit Menschen mit kognitiver Behinderung gefeiert werden.“ (vgl. PE zum Hochgebet in Leichter Sprache, Nr. 9)
Dazu gehören wohl alle Gottesdienste speziell für diese Personengruppe (in Schulen, Wohneinrichtungen, etc.), allerdings gibt es immer mehr Gemeinden, die auch sog. „inklusive Gottesdienste“ anbieten, in denen sich Menschen mit und ohne Behinderung begegnen.
Für Menschen mit Demenz ist dieses Hochgebet nicht gedacht und auch nicht geeignet, da für diese Menschen die Formulierungen der "eingebeteten" Hochgebete hilfreich sind. Denn dadurch kann Vertrautes anklingen und zu Beruhigung und dem Gefühl der Geborgenheit führen. Und für Gottesdienste mit Kindern gibt es bereits seit 1974 drei eigene Hochgebete, die dem Verständnis der Kinder angepasst sind.
Zum Text
Der Text ist eine Übersetzung des Hochgebet II in Leichter Sprache, bei der wesentliche Elemente der Originalfassung des Hochgebets erhalten bleiben (z.B. Sanctus, Einsetzungsworte, Akklamation „Geheimnis des Glaubens“, Doxologie). Damit soll das Hochgebet auch in Gottesdiensten verwenden werden können, in denen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam feiern.
Predrag Bukovec und Franz Josef Zeßner-Spitzenberg nehmen in ihrem aktuellen Artikel der Zeitschrift Gottesdienst das Hochgebet auch aus liturgiewissenschaftlicher Sicht unter die Lupe. Sie beschäftigen sich v.a. mit der liturgischen Sprache und ihrer Bedeutung. Dabei fragen sie bei großer Wertschätzung für den Text auch kritisch, ob es nicht bedeutet, „Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen zu unterschätzen, wenn man allein auf Leichte Sprache setzt, anstatt ihnen durch poetische Sprache Zugänge zu eröffnen, die von ihrer Behinderung nicht betroffen sind?“ (vgl. Gottesdienst 13/2024, S. 151)
Die theologische Diskussion und die Erfahrungen in der Praxis tragen hoffentlich zu einer guten Weiterentwicklung und einem vertieften Verständnis bei.
Volltext: Hochgebet in Leichter Sprache (www.dbk.de)
Wichtiger Hinweis für Österreich
Die österreichische Bischofskonferenz wird bei ihrer Sitzung im Herbst 2024 über die Verwendung in Österreich entscheiden. Das führt zu der etwas verwirrenden Situation, dass es diesen Text zwar schon gibt, dieser aber derzeit nur in Deutschland verwendet werden kann.
Aktueller Lesehinweis aus der Zeitschrift Gottesdienst, Heft 13/2024:
Isabelle Molz, Wie sprechen im Gottesdienst?, S. 141-143 (Leitartikel)
Predrag Bukovec / Franz Josef Zeßner-Spitzenberg, Das Hochgebet in leichter Sprache. Ein liturgiewissenschaftlicher Zwischenruf, S. 150-151
Manuel Uder, Editorial, S. 142