„Autonomie und Authentizität in seelsorglicher Begleitung immer wichtiger“
Jährliches Austauschtreffen von ca. 50 Begleiter*innen der Erzdiözese Wien
„Es ist eines der Hauptprobleme für ein Leben in ´Entschiedenheit´, dass diese eine Sicherheit voraussetzt. Diese Sicherheit kann in Gott gefunden werden. Wer aber Gott wirklich ist, ist äußerst ungewiss geworden“, so Univ.-Prof. emer. DDr. Walter Schaupp in seinem Impulsvortrag. Am 16. Februar fand das jährliche Austauschtreffen - organisiert vom Bereich „Christsein.Christwerden“ (Pastoralamt) - für all jene statt, die in der Erzdiözese Wien in der Geistlichen Begleitung, in der Berufungspastoral oder im Erwachsenenkatechumenat tätig sind. In einer Zeit, wo sich - vor allem junge - Menschen schwertun, eine definitive Entscheidung zu treffen, ist es wichtig, das Thema „Entschiedenheit für Christus begleiten“ aufzugreifen.
Ich muss es erst ausprobieren…
Für junge Menschen heute ist das Leben ein fortwährender Suchprozess. „Ich muss es erst ausprobieren, bevor ich mich dafür entscheiden kann“, beschreibt Schaupp die Erfahrung vieler. Das erklärt zum Beispiel die mit hoher Intensität geführten Gender-Debatten. Sicherheit darüber, welche geschlechtliche Identität jemand hat, kann oft erst durch Ausprobieren gewonnen werden. Das gilt auch für Jobs, Beziehungen und Glauben. Was das für definitive Entscheidungen wie Ehe, Taufe, Ordensgelübde heißt, wurde an diesem Nachmittag u.a. in kleinen Austauschgruppen diskutiert.
Kein „Verkünden von Wahrheiten“
Erhellend war der Blick auf die Leitwerte junger Menschen heute: Autonomie, Gerechtigkeit und Authentizität. Es genügt nicht mehr in den Glauben einfach hinein zu wachsen. Wie authentisch jemand lebt, ist wichtiger als das Verkünden von Wahrheiten. Institutionen werden nicht mehr automatisch als Garant für Zuverlässigkeit wahrgenommen.
Vergangene Entscheidungen werden zum Gefängnis
Ein entscheidender Faktor bei Entscheidungen ist „das fließende Selbst“, wie es der Philosoph Peter Bieri beschreibt: „Ich weiß nicht, wer ich in 20 Jahren sein werde.“ Eine vergangene Entscheidung kann ganz leicht zum Gefängnis werden, wenn ich mich verändere.
Erfahrungen deuten und einordnen helfen
So wird in der heutigen Situation Treue zu sich selbst und zur eigenen Erfahrung wichtig. Für Seelsorger*innen ist es essentiell, diese Such- und Reifungsprozesse im Blick zu haben. „Diese Erfahrungen begleiten, deuten und einordnen zu helfen, ist die Hauptaufgabe“ ist Schaupps Appell an die Begleiter*innen. „Entschiedenheit kann“, so fasst er zusammen, „als eine Entscheidung verstanden werden, in der die Person sich selbst in Freiheit definiert, die sich stabilisiert und bewährt.“ Es geht also um eine geglückte Selbstbestimmung, die auch in den Krisen und Brüchen lebbare Wachstums- und Reifungsprozesse ermöglicht.
Nach dem spannenden Vortrag tauschten sich die Teilnehmer*innen in Kleingruppen über ihre eigenen Erfahrungen aus. Anschließend gab es die Möglichkeit im Plenum darüber zu diskutieren. Ein gelungenes Treffen, das im nächsten Jahr seine Fortsetzung finden soll.
TERMINAVISO
Nächstes Austauschtreffen für alle, die in der Geistlichen Begleitung, in der Berufungspastoral und im Erwachsenenkatechumenat tätig sind:
1.2.2024, 16-18 Uhr
Stephanisaal, Stephansplatz 3, 1010 Wien
Bereich "Christsein.Christwerden" (Pastoralamt)
Anton Aigner SJ, Edina Kiss, Beate Mayerhofer-Schöpf