Buchtipp: Ein ignatianisches Fitnessbuch
Erfüllt leben
Ein ignatianisches Fitnessbuch
Georg Kraus / Johann Spermann SJ / Tobias Zimmermann SJ
Herder 2020
Ein erfülltes, sinnvolles und glückliches Leben zu führen ist wohl der Wunsch eines jeden Menschen, unabhängig von Zeit und Ort. Auch Ignatius, später Gründer des Jesuitenordens, hat sich auf die Suche danach gemacht und dabei wertvolle Einsichten gewonnen und interessante Methoden entwickelt.
Die drei Autoren des Buches „Erfüllt leben“ – ein Unternehmensberater und zwei Jesuiten, der eine Finanzchef der zentraleuropäischen Jesuiten, der andere Leiter eines Bildungshauses – versuchen, das ignatianische Gedankengut den Menschen von heute gleichsam „schmackhaft“ zu machen. In vier Abschnitten soll der Leser / die Leserin dem Ziel, „erfüllt leben“, nähergebracht werden.
„Mit der Sehnsucht fängt alles an“
So lautet die Überschrift des 1. Kapitels. Auf der Suche nach Glück und Erfüllung ist die Sehnsucht der beste Wegweiser. „Wer du sein willst, kann dir nur dein Herz sagen. Hör auf deine Sehnsucht. Bleib dir treu (S. 35)!“ Das Buch führt in mehreren leicht verständlichen Schritten in die ignatianische Methode der „Unterscheidung der Geister“ ein, damit ich erkennen kann, wohin mich meine Sehnsucht wirklich treibt.
„Dein Leben in die Hand nehmen“
Es gibt „ungeordnete Neigungen“, wie Ignatius sie nennt, die mich blockieren können und mich daran hindern, ein erfülltes Leben zu führen. Sie zu erkennen und zu korrigieren ist notwendig, damit ich wirklich mein Leben führen kann. Die Exerzitien, die im 2. Kapitel dargelegt werden, sind dafür ein bewährtes Instrumentarium. „Die so gewonnene innere Freiheit – Indifferenz – ist aber nicht einfach ein Zustand. Sie ist eine Haltung innerer Gelassenheit, die wir das Leben lang trainieren müssen (S. 85).“
„Am Anderen wachsen“
Ignatianische Kommunikationsstrategien sind erstaunlich aktuell und realistisch. Wie gestaltet man den Rahmen der Kommunikation: bei Tischgesprächen oder in Konferenzen, im Seelsorgsgespräch oder beim „small talk“? Die Autoren erschließen eine Fundgrube von praktischen und alltagstauglichen Übungen und Hinweisen, wie z. B. in der geistlichen Begleitung: „Hilf dem anderen, seine Gedanken zu sortieren und seine Position zu finden. Ziel ist es, dass der andere sich besser versteht und nicht, dass du ihm etwas erklärst (S. 113).“
„Die Gesellschaft gestalten“
Zu einem sinnerfüllten Leben gehört, dass der einzelne Mensch nicht nur an sich selbst denkt, sondern sich in den Dienst der anderen stellt, ohne sich dabei zu verlieren. Die Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens zeigt sich in Grundhaltungen und setzt sich in Handlungen um. Wie das konkret geht, davon handelt der vierte Teil des Buches.
Den Autoren gelingt es eindrucksvoll, die Sprache des 16. Jahrhunderts in die Wortwahl von heute zu übersetzen.
Vielleicht hätten sie bei der Aufzählung der konkreten Ratschläge und der verschiedenen Alltagsübungen ein wenig sparsamer sein können; bei dieser Fülle können der Leserin oder dem Leser manchmal die Lust und der Mut schwinden. Doch insgesamt ist das Anliegen des Buches ausgezeichnet gelungen. Man merkt: Die Autoren haben Menschen im Blick, die eher der jüngeren Generation angehören als der älteren und eher am Rande der Kirche stehen als im Zentrum. Die Chancen stehen gut, dass diese Zielgruppe von dem vorgestellten Buch profitieren wird.
Anton Aigner SJ