Sonntag 22. Dezember 2024

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JULI 2024

DIE KATEGORIALE SEELSORGE

IM PORTRÄT

OMA, OPA, ERZÄHLT MIR VOM LIEBEN GOTT!

Oma, Opa, warum betest Du vor dem Mittagessen? Opa, warum gehst Du am Sonntag in die Kirche? Kannst Du mir eine Geschichte von Jesus erzählen? Was ist das eigentlich für ein Buch, in dem diese Geschichten stehen?

 

Solche und ähnliche Fragen fordern Großeltern im Alltag immer wieder heraus, ihren eigenen Glauben zu überdenken und in kindgerechte Sprache zu bringen. Viele Kinder wachsen heute nicht mehr in einem kirchlich geprägten Umfeld auf. Trotzdem gibt es eine Sehnsucht nach etwas oder nach jemandem, der unser Leben trägt, ihm Sinn gibt. Großeltern finden Antworten auf viele Fragen des Lebens oft in ihrem Glauben.

 

Kardinal König hat die großen Fragen des Lebens so zusammengefasst: „Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und was ist der Sinn des Ganzen?“ Großeltern haben im Laufe ihres Lebens schon verschiedene Herausforderungen erlebt, sie haben Antworten auf diverse Fragen gefunden und im gleichen Moment wieder daran gezweifelt. Um Enkelkinder im Glauben begleiten zu können, bedarf es des reflektierten Glaubens erwachsener Menschen, eines Glaubens, der die Höhen und Tiefen des menschlichen Lebens mitgetragen hat.

 

 

Die junge Elterngeneration ist oft religiös sozialisiert aufgewachsen – Jungschar, ministrieren, Gottesdienstbesuch gehörten durchaus zum Alltag. Urbedürfnisse des Menschen nach Zuwendung, Gemeinschaft, einer Aufgabe, Ritualen wurden hier gestillt. Im Laufe des Erwachsenwerdens distanzierten sie sich immer mehr davon. In ihrer Rolle als Eltern sehnen sie sich nun nach den kindlichen Erfahrungen und möchten auch ihre Kinder daran teilhaben lassen. Doch sie fühlen sich unsicher, religiöse Fragen zu beantworten, Rituale auszuüben oder den Alltag aus dem Glauben zu deuten. Wenn für Oma und Opa der gelebte Glaube zum Alltag gehört, können die Kinder hier den Grundstein der religiösen Erziehung erfahren. Das erfordert natürlich viel Fingerspitzengefühl und eine gute, aufrichtige Kommunikation zwischen Eltern und Großeltern, damit die Eltern sich nicht überrollt fühlen. Erziehung ist schließlich Aufgabe der Eltern und nicht der Großeltern. Großeltern können die Eltern dabei nach ihren Möglichkeiten unterstützen, müssen aber die Weltanschauungen, Ansichten und Einstellungen der Eltern respektieren.

 

Wie können Großeltern – wenn es auch im Sinn der Eltern ist – ihre Enkelkinder auf dem religiösen Weg begleiten?

 

  • Vorbild sein

Wenn die Enkel erleben, dass Oma und Opa vor dem Essen beten, dass sie den Gottesdienst besuchen, ist der gelebte Glaube wohl das beste Zeugnis. Kinder lernen durch Vorbilder. Sie ahmen uns nach, wollen so sein wie die Erwachsenen. Dazu bedarf es aber nicht einer Fassade, sondern eines durchdachten, reflektierten und gelebten Glaubens. Wie gehe ich mit meinen Zweifeln um? Nach welchen Kriterien treffe ich meine Entscheidungen?

 

  • Im Gespräch sein

Dazu gehört einmal das persönliche Gespräch mit Gott, das Gebet. Daran kann man natürlich auch die Enkelkinder teilhaben lassen. Gebet ist ein Sprechen und Hören auf Gott. Deshalb soll unsere Gebetssprache auch der Sprachentwicklung der Kinder angepasst werden. Das Abendgebet mit einer Zweijährigen kann also „Heute war ein schöner Tag. Wir waren am Spielplatz. Danke, lieber Gott!“ lauten.

 

Im Gespräch sein heißt aber auch, das intergenerationelle Gespräch immer wieder zu suchen. Familiengespräche sollen sich nicht nur um das Wetter, das Essen oder den Urlaub drehen. Kinder dürfen auch Gefühle, Zweifel und Ängste äußern – und das gilt sowohl für die erwachsenen Kinder und als auch für die Enkelkinder.

Voraussetzung für jedes Gespräch sind offene Ohren. Menschen, die zuhören können, sind etwas besonders Wertvolles.

 

  • Kinder stärken

Das grenzenlose Urvertrauen von Säuglingen möchte niemand missbrauchen. Durch dieses erste Vertrauen in die Liebe der Eltern ist auch der Grundstein religiöser Bindung gelegt. Sagen Sie Ihrem Enkel immer wieder, wie sehr Sie seine Begabungen schätzen, was Sie an Ihm besonders finden. Auch die christliche Tradition des Namenstagsfeierns kann Kinder bestärken. Meine Eltern haben meinen Namen ausgesucht, weil er ihnen besonders gut gefällt, weil sie denken, dass er zu mir passt. Großeltern können die Geschichte des Heiligen erzählen, der in seiner Weise ein besonderer Freund, eine besondere Freundin Jesu war.

Eine Umarmung mit der Zusage „Gott hat dich lieb“ stärkt das Kind in seiner Gottesbeziehung.

 

  • Bewusstsein schaffen

Zur religiösen Begleitung der Enkel gehört ganz wesentlich die ethische Handlungsweise. Kinder sind uns in ihrem Umweltbewusstsein oft ein Vorbild. Wir können diesen Gedanken in den größeren der Schöpfungsverantwortung mit hineinnehmen. Gott hat die Welt erschaffen, damit wir gut mit ihr umgehen. Das hat Auswirkungen auf unser Konsumverhalten, auf die Auswahl unserer Lebensmittel, auf unsere Mobilität.

 

Gott hat uns in ein großes Miteinander von Völkern und Kulturen gestellt. Unser Zugang zu Menschen mit anderer Herkunft oder Muttersprache ist Zeichen dieses Bewusstseins.

Auch in unserer heute so schnelllebigen Zeit können wir von Kindern lernen. Sie lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen, wenn sie einen Käfer auf der Wiese beobachten. Nehmen wir in der Begleitung unserer Enkel das Tempo heraus, Entschleunigung tut uns allen gut.

 

  • Feste feiern

Der Jahreskreis steckt voller Symbolik, die die Kinder immer neu fasziniert – von den Kerzen am Adventkranz, der Schokolade im Adventkalender, dem Christbaum und der Krippe, den Heiligen drei Königen bis zu den Palmbuschen, der Osterkerze und dem Osterfeuer ist ein großer Bogen gespannt. Kinder sind sensibel für diese Symbole, sie bestehen darauf, dass jedes Jahr alles wieder so ist wie im Vorjahr. Vielleicht kann es Aufgabe der Großeltern sein, diese Rituale mit Geschichten und Leben zu füllen und nicht als Deko-Artikel dem Handel zu überlassen.

 

Auch der Alltag kann von religiösen Ritualen durchzogen sein – das Anzünden einer Kerze beim Mittagessen das gemeinsame Zurückschauen auf den Tag beim Abendgebet, das Kreuzerl auf der Stirn beim Abschied.

 

Und auch der Sonntagsgottesdienst ist ein Ritual, das Sicherheit gibt, unseren Alltag in eine göttliche Dimension bringt. Großeltern können ihre Kinder immer wieder zum Gottesdienst mitnehmen. Vielleicht gibt es auch einmal die Möglichkeit, eine leere Kirche mit Oma und Opa zu erkunden und ein Kerzerl anzuzünden!

 

Oma, Opa, erzähl mir vom Lieben Gott!

Diesem Wunsch unserer Enkel sollen wir nicht nur mit Worten nachkommen, sondern mit unserem ganzen Leben. Es gibt so viele Möglichkeiten dazu!

 


Gedanken einer Oma

"So – nun bin ich also in einer neuen Generation angekommen. Ich bin Oma geworden. Mein Sohn ist Vater geworden.

 

Wo ist die Zeit geblieben, als mein Mann und ich unser Baby endlich in die Arme schließen konnten. Wie stolz waren wir auf ihn, bei jedem leisen Laut waren wir zur Stelle, um unseren Buben zu zeigen, dass Mama und Papa da sind, dass er nicht allein ist! Wie viel haben wir gemeinsam gelacht, miteinander gespielt, gemeinsam die Welt erobert! Wie viele schlaflose Nächte haben wir verbracht, mit Zahnen und Fieber und erst später, als Konzert- und Discobesuche wichtig wurden. Wir haben gemeinsam Feste gefeiert und sind durch Höhen und Tiefen gegangen. Gemeinsam mit seinen Geschwistern hat er unsere Nerven strapaziert.  Wir haben ihn durchs Leben begleitet. Nun ist er erwachsen, hat seine Ausbildung abgeschlossen, geheiratet und ist selber Vater geworden.

 

All das, was wir mit ihm an schönen Tagen und manchmal in schwierigen Zeiten verbringen durften, sind nun seine Aufgaben. Wir werden und können sie ihm nicht abnehmen. Aber wir können ihn und seine Frau dort unterstützen, wo sie uns brauchen – einmal eine Stunde Schlaf schenken, einen Korb Wäsche bügeln. Und wir können ihnen ihre Eigenständigkeit lassen, ihre Art, unser Enkelkind zu erziehen. Unsere Enkelkinder werden am meisten davon profitieren, wenn die Eltern und Großeltern an einem Strang ziehen, wenn wir uns nicht gegenseitig ausspielen.

 

Ich freue mich darauf, mit meinem Enkel die Welt wieder mit Kinderaugen entdecken zu dürfen, mit Gummistiefeln durch Lacken zu laufen, gemeinsam einen Kuchen zu backen und dabei den Teig zu schlecken. Ich freue mich darauf, Bücher vorzulesen, Lieder zu singen, Kinderlachen zu hören. Vielleicht kann ich ein bisschen etwas von meiner Erfahrung weitergeben, dass Höhen und Tiefen zum Leben dazugehören.

 

Vielleicht kann ich meinem Enkelkind einmal erzählen, was mir geholfen hat, Krisen zu bewältigen – in dem Wissen, dass es seinen eigenen Weg finden wird, seine Höhen und Tiefen des Lebens zu meistern. Ich kann meinem Enkelkind davon erzählen, dass ich an einen Gott glaube, der uns alle in seinen Händen hält und von dem wir uns getragen wissen.

Vielleicht muss ich mich auch manchmal zurücknehmen und nicht zu viel von mir und meinem Leben erzählen, sondern darauf hören, was mein Enkel mir aus seinem Leben erzählen will. Ich werde die Ohren spitzen!

 

Beatrix Auer

Leiterin der Seniorenpastoral der Kategorialen Seelsorge und selbst Großmutter von 3 Enkeln (2, 5 und 7 Jahre alt)

 


 

 

 

 

 

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