"TheChurchIsOurHome"
Vatican News hat fünf Menschen begleitet, die an dem Treffen teilgenommen haben:
Einer von ihnen ist Justin Glyn. Der Jesuit kommt aus Neuseeland und arbeitet als Jurist, Kirchenrechtler, Seelsorger, Dozent im Seminar und als Schriftsteller. Seit seiner Geburt ist er sehbehindert, trägt eine spezielle Brille und hat einen Blindenstock dabei.
„Manchmal sprechen die Leute sehr laut mit mir. Sie sehen, dass ich blind bin, und nehmen deshalb an, dass ich nicht hören oder Informationen nicht verarbeiten kann. Ich habe auch schon erlebt, dass Menschen gar nicht mit mir gesprochen haben, sondern mit denen, die neben mir oder bei mir waren, weil sie glaubten, dass ich nicht in der Lage sei zu antworten.“
Auch Giulia Cirillo, die im Rollstuhl sitzt, stört, wie viele Menschen mit ihr und über sie sprechen. „Äußerungen wie „Die Arme“ zeigen eine Haltung, die ich nicht sehr mag – auch wenn ich weiß, dass manche das nicht mit schlechter Absicht sagen oder mitleidig. Die Bezeichnung „armes Ding“ hilft meiner Meinung nach weder denen, die mit uns sprechen, ihre Vorurteile zu überwinden, noch hilft sie uns, uns selbst und unsere Lebensbedingungen besser anzunehmen.“
Die Leitfrage für das Treffen war, welche Wege der Kirche und Gläubigen mit Behinderung offenstehen. Die Teilnehmer wünschen sich besonders eins: mehr Inklusion. Die Kirche solle auf praktischer Ebene mit einbinden und einladender sein. Sie könne Schritte unternehmen, damit sich alle willkommen fühlen.
Diskriminierung auch in der Kirche
Aktuell ist das nämlich nicht der Fall. Die Gesprächspartner in den Videos verdeutlichen zum Beispiel, dass sich einige Priester weigern, ihnen Sakramente zu spenden, oder dass sie an Einkehrtagen von Menschen ohne Behinderung getrennt werden. Solche Vorfälle diskriminieren.
Cirillo wünscht sich, dass die Kirche ihnen nicht mit Mitleid begegnet, sondern wirklich einbezieht. „Gott will nicht, dass wir leiden, Gott will, dass wir uns freuen und dass wir guten Gebrauch machen von unseren vielen Talenten, trotz der objektiven Grenzen, die eine Behinderung uns manchmal auferlegt. Trotz der Tatsache, dass wir manche Dinge tun können und andere nicht.“
Glyn schlägt konkret vor, wie die Kirche Menschen mit Behinderung besser einbinden kann. „Ihre Theologie betrachten und sehen, wo wir als Kirche Menschen ausgegrenzt haben aufgrund eines Menschenbildes, das Behinderung als eine Folge der Erbsünde oder als eine Art besondere Gnade betrachtet. Wir haben einen Prozess eingeleitet mit Menschen aus der ganzen Welt mit allen Arten von Behinderungen und Menschen, die sich nicht unbedingt als Menschen mit Behinderung betrachten. Sehen Sie, wir haben uns gemeinsam auf den Weg gemacht, um zu verstehen, was wir in der Kirche bedeuten.“
Treffen mit dem Papst
In die Beratungen konnten die Menschen mit Behinderung all das einfließen lassen, was ihnen in Bezug auf die Synode am Herzen liegt. Eine Synode ist ein gesetzgebendes Treffen, zum Beispiel von Bischöfen. Aus den Diskussionen haben sie das Papier „Die Kirche ist unser Zuhause“ zusammengestellt. Cirillo hat das Papier Papst Franziskus persönlich übergeben – stellvertretend für alle.
„Ich danke dem Papst, weil er uns alle liebt und in gewisser Weise auf die gleiche Stufe gestellt hat.“ Auch Justin Glyn war sehr bewegt von dem Treffen mit Papst Franziskus. „Er saß kürzlich im Rollstuhl und geht heute, wie ich, mit einem Stock. […] Ich hatte also ein Gefühl tiefer Dankbarkeit für meine Begegnung mit dem Papst, und ich hoffe, dass dies auch der Anfang ist. Denn auch wenn er mir nicht viel gesagt hat, hatte ich das Gefühl, dass seine Taten viel mehr sagten als Worte.“
Die Menschen mit Behinderung freuen sich über den Dialog. Allerdings gibt es dabei eine wichtige Sache zu beachten, erklärt Glyn:
„Ich möchte nur sagen, dass dies ein Prozess ist, der jetzt beginnt, aber noch nicht zu Ende ist. Dies ist ein Prozess, den wir gemeinsam gehen, und je mehr Menschen davon lernen, desto besser.“
(vaticannews – franziska gömmel)