Mit dem „gemeinsamen Priestertum“ greift der Diözesanprozess ein großen Anliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils auf: Träger der Mission der Kirche und damit auch der pfarrlichen Seelsorge und des Apostolats sind alle Getauften und Gefirmten (Leitlinien, 2012). Alle Gläubigen gehören durch die Taufe Christus an (vgl. 1Petr 2,9; Offb 1,6). Christsein ist weder ein Ehrenamt, noch ein Hauptamt, sondern eine Lebensentscheidung.
"An dieser Stelle kommt das gemeinsame Priestertum zum Tragen: Träger der Mission der Kirche und damit auch der pfarrlichen Seelsorge und des Apostolats sind alle Getauften und Gefirmten. Diese Perspektive eröffnet einen vom Herkömmlichen vielfach radikal unterschiedlichen Blick auf die Aufgaben und die optimale Verfassung der Kirche vor Ort: Pfarre, Pfarrer, Gemeindeleben, Gemeindeleitung,... Die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind nicht bloß eine Nachjustierung des Bestehenden, sondern vielfach ein echter Neubeginn."
Was heißt es, Anteil zu haben am gemeinsamen Priestertum?
"Jeder Getaufte ist berufen zur Heiligkeit, wobei Heiligkeit nicht moralische Tadellosigkeit bedeutet, sondern intensive Gemeinschaft mit dem Dreifaltigen Gott. Sie verwirklicht sich u.a. im Gebet, in der Hingabe v.a. im Alltagsleben, in der Nächstenliebe, in der Bereitschaft zu Vergebung, im Empfang der Sakramente, in der Weitergabe des Glaubens," schreibt Stephan Turnovszky den Pfarrgemeinderäten im Vikariat Nord.
Die Rede vom gemeinsamen Priestertum dient aber nicht dazu, Laien als Arbeitskräfte zu missbrauchen, um Strukturen aufrechtzuerhalten, sondern das Priestertum aller Getauften wird die Themen und Aktivitäten der Pfarren und Diözese so verändern, dass sie mehr ihrer Sendung entsprechen.
Neues Miteinander von Priestern und Laien
Damit einher geht ein neues Miteinander von gemeinsamen Priestertum der Gläubigen und Weihepriesteramt. Wie das gemeinsame Priestertum und das Weihepriesteramt in der Praxis zueinander stehen und aufeinander bezogen sind, ist weiterzuentwickeln, stellt Christoph Kardinal Schönborn in seinem Hirtenbrief 2011 fest: "Ich sage es ohne Umschweife, wir brauchen heute in der Kirche eine tief greifende doppelte Bekehrung: Wir Priester müssen uns bekehren, uns tatsächlich in den Dienst des gemeinsamen Priestertums aller zu stellen. Die Laien brauchen eine Bekehrung zur inneren dankbaren Haltung, von den Priestern etwas zu empfangen, das sie sich selber nicht geben können. Das hat weitreichende Konsequenzen, wenn wir bereit sind, uns gegenseitig zu tragen, wertzuschätzen, mit den Charismen zu beschenken und Hirtensorge gemeinsam wahrzunehmen."
Schönborn zu einigen Fragen des gemeinsamen Priestertums (20.6.2011)
Schönborn bei Chrisammesse (19.4.2011)