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Hauskirchen im Erzbistum Berlin

„Gemeinsam Worte für das Unaussprechliche ausprobieren, das, was im Innersten bewegt versuchen in Sprache fassen, sich austauschen über Glaubensdinge – ich weiß gar nicht mehr, wie ich ohne unserem Hauskreis sein konnte.“ Diese Aussage von Jenny, einer Frau im Hauskreis in Köpenick, verdeutlicht welch wichtige Aufgabe eine Hauskirche haben kann. Gerade hier in der Diaspora in Berlin, wo zwei Drittel der Bevölkerung ohne religiöses Bekenntnis sind, ist das Treffen mit anderen Getauften etwas Besonderes. Viele erleben Ablehnung oder zumindest Unverständnis, wenn sie in einem Gespräch am Arbeitsplatz oder in anderen Zusammenhängen die Größe Gott durchschimmern lassen. Sich als Glaubende auszutauschen heißt z.B. eigene Fragen und Zweifel auszusprechen, aber auch Licht-Momente zu benennen und sie miteinander zu teilen – getragen von der Gewissheit, dass die anderen einem wohlgesonnen sind und nicht für verrückt halten. Mit Gleichgesinnten das Vertrauen in den liebenden Gott zu stärken, auch wenn man ihn nicht immer versteht, die Hoffnung konkret zu machen –  all das kann in der Gemeinschaft einer Hauskirche Platz haben.

 

Wie entstand diese Hauskirche, dieser Hauskreis in Köpenick?

Anfang des Jahres 2013 übersiedelte ich, der Liebe wegen, nach Berlin. Am Stadtrand, in Köpenick entdeckte ich meine neue Wohnpfarre, in der ich eine stark ausgebildete Diaspora‑Identität antraf. In Köpenick sind 3% der EinwohnerInnen katholisch, aber die Kirche ist sogar beim Aschenkreuz um 9 Uhr voll. Interessiert las ich das Angebot der Gemeinde und entdeckte einen vom Diakon Alfons Eising angebotenen Glaubenskurs nach Vallendar in der Fastenzeit, den ich einfach als Teilnehmerin besuchen wollte (als Theologin ist mir die andere Rolle vertrauter). Ich war fasziniert davon, mit welcher Offenheit die TeilnehmerInnen über ihren Glauben sprachen, wie tief das gemeinsame Gebet ging und welch zentrale Rolle die wöchentlichen Treffen bei manchen einnahmen. Außerdem lernte ich viele Menschen kennen, die ihren Glauben auf ganz unterschiedliche Weise in ihrem je speziellen Alltag lebten.

In der Osterzeit kam bei einem Gemeindecafé (Agape nach dem Sonntags-Gottesdienst) das Gespräch mit einigen aus dem nun abgeschlossenen Kurs darauf, wie schmerzlich die  Treffen vermisst werden. Es entstand eine Lücke und die Sehnsucht nach weiterem Austausch wuchs und schnell war die Idee am Tisch, sich weiterhin zu treffen. Ich wurde gefragt, ob ich die Treffen inhaltlich vorbereiten könne - es brauche ja nicht viel, das Zusammensein, der Austausch und das gemeinsame Gebet seien wertvoll genug. Diese Aufgabe lockte mich: mich mit anderen Gemeindemitgliedern zusammen auf den Weg nach einer intensiveren Gottesbeziehung zu machen. Schnell fanden sich weitere interessierte Mitglieder des ehemaligen Glaubenskurses und schon waren wir eine kleine Gruppe von neun Personen.

Wir begannen mit monatlichen Treffen, für die ich mir immer ein Thema überlegte (Vertrauen, Zweifel, Fronleichnam, …) und tourten durch die Wohnzimmer. Einen passenden Ablauf hatten wir schnell gefunden: Ankommen mit Essen, geistliches Gespräch angeregt durch eine Bibelstelle, Gebet. Als Name für unsere Runde erwies sich „Hauskreis“ als geeignet, da er für viele die Begegnung auf Augenhöhe sowie den vertrauten Rahmen ausdrückte. Einige aus der Runde haben Zeit gebraucht, um sich öffnen zu können, da das Sprechen über so ganz persönliche Dinge sehr ungewohnt ist.

 

Gibt es Hauskirchen nur in Köpenick?

In der Zeit der Entstehung dieses neuen Hauskreises wurde ich auf die Pallottinische Gemeinschaft in Neukölln hingewiesen, die sich der Hauskirchen angenommen hatte. Pater Kalle Lenz und Lissy Eichert organisierten alle zwei Monate ein Treffen aller, die Hauskirchen leiteten oder daran interessiert waren. Bei diesen Treffen lernte ich die Bandbreite der ca. 20 teilnehmenden Hauskirchen kennen: die Frequenz der Treffen variiert von wöchentlich bis alle sechs Wochen; viele treffen einander abends, eine Gruppe trifft sich vormittags; manche machen max. 60 Minuten, andere bleiben bis ins Morgengrauen zusammen; inhaltlich richten sich manche nach dem Evangelium des kommenden Sonntags, manche nach dem des vorherigen, andere greifen Themen auf und suchen Bibelstellen dazu (wie wir damals), andere orientierten sich an aufbereiteter geistlicher Literatur; manche singen viel, andere schweigen lange miteinander; manche sind ziemlich im selben Alter, eine Gruppe hat eine Altersspanne von 19 bis 83 Jahren; manche nehmen sich eine Stunde Zeit für das gemeinsame Essen, bei anderen gibt es nur Tee oder Wasser, … wie es für die jeweilige Gruppe eben passt. Auch die Namen sind sehr unterschiedlich. Die Treffen in Neukölln dienen nicht nur dem Austausch sondern vor allem dem Auftanken.

 

Habt ihr eure Form gleich gefunden?

In Köpenick veränderte sich der Hauskreis mit der Zeit sehr stark, er wurde und  wird immer mehr „unser“ Hauskreis. Von einem gemeinsamen (oft warmen) Abendessen zu Beginn, bei dem wir uns auch viel Zeit nahmen für Austausch über das Alltägliche sind wir nun zu einem kleinen Snack nebenbei gekommen, anders ausgedrückt geben wir nun der geistigen Nahrung und Stärkung mehr Gewicht als der körperlichen. Da die Findung und Aufbereitung der Themen immer mit Arbeit verbunden war, haben wir uns entschlossen, die Bibel durch zu lesen. Ich leite zwar klar den Hauskreis, kann aber auch nicht immer und andere trauten sich nicht zu diesen hohen Anspruch zu erfüllen. So haben wir mit dem Buch Tobit begonnen, das uns einige Monate begleitet hat. Dabei kamen natürlich viele Themen wie Leid, Partnerschaft, Begräbnisse, Wiedersehensfreude und Gottes Begleitung auf dem Weg zur Sprache. Auch die Teilnehmer und Teilnehmerinnen haben gewechselt, wobei es natürlich einen „harten Kern“ gibt. Mit der Zeit haben sich die beiden Männer zurückgezogen und so sind wir nun ein rein weiblicher Hauskreis. Da unser Hauskreis klar spirituell (und nicht wissenschaftlich) ausgerichtet ist, hat sich eine Frau verabschiedet, die Bibelwissen suchte und historisch-kritische Exegese forderte. Andere haben wiederum gehört von unseren Treffen und  wollten ihrer Sehnsucht auch endlich mehr Platz im Leben geben. Mittlerweile sind wir elf Mitglieder, aber es ist sehr selten, dass alle da sind. Auch treffen wir einander nun alle vierzehn Tage im Pfarrhaus, da das für alle gut erreichbar ist und deutlich wird, dass Gott der Gastgeber ist.

 

Wie läuft ein Treffen im köpenicker Hauskreis ab?

Alle zwei Wochen treffen wir einander am Freitag um 19 Uhr im Pfarrhaus. Wir beginnen mit einem kurzen Gebet, an das eine Ankommensrunde anschließt, bei dem jede erzählt, was im Leben gerade so läuft, was ihr durch „Kopf und Herz“ geht. Nebenbei wird gegessen. Nach dem wir so das Leben ein Stück miteinander geteilt haben gehen wir über zum Bibelteilen. Wir lesen zurzeit das Markusevangelium, aktuell sind wir im siebten Kapitel. Eine liest den kommenden Abschnitt vor, dann halten wir eine Stille und nach dem zweiten Mal Lesen einer anderen Person kommen wir darüber ins Gespräch. Der Fokus liegt dabei klar darauf, was mir diese Stelle jetzt gerade sagen will, wo mir Gott etwas zuflüstern will, welches Wort meine Sehnsucht anzieht. Es kam schon vor, dass wir einen Abend lang bei einer Perikope geblieben sind, dafür haben wir an einem anderen Abend sogar ein ganzes Kapitel gelesen, da lassen wir uns voll und ganz vom Geist leiten. Spätestens um 20:45 Uhr kommen wir zum Gebetsteil. Nach einem einleitenden Gebet wenden wir uns nun direkt an den Lebendigen, über den wir bis jetzt viel gesprochen haben. Nun ist Platz für Dank, Bitten, Klage und Lobpreis, wobei die Formulierungen manchmal auch erst gemeinsam gesucht werden. Das Gelesene gibt oft Anregungen, aber auch das aktuelle Geschehen in der Welt oder im Umfeld kann zu Gott gebracht werden. So beten wir miteinander und auch füreinander, manchmal singen und tanzen wir und sprechen einander Segen zu. Den Abschluss bildet das Vater Unser, bei dem wir einander die Hände reichen, um uns bewusst zu machen, dass wir und alle Seine geliebten Kinder sind. Gestärkt durch einen Segen für die kommende Zeit machen wir uns wieder auf den je eigenen Weg.

 

Gibt es noch andere Wege zu einer Hauskirche?

In Friedrichsfelde arbeite ich als Gemeindereferentin (Pastoralassistentin) und mir wurde immer klarer, dass ich auch dort eine Hauskirche gründen sollte. Bei einigen Personen in der Gemeinde hatte ich eine Sehnsucht, eine spirituelle Tiefe wahrgenommen und sie direkt auf eine mögliche Hauskirche angesprochen und sie gleich gefragt, für wen dieses Angebot auch etwas sein könnte. Herr Pfarrer Thomma hat gefragt, ob er auch kommen könne, da es ihn sehr interessiert, mit Gemeindemitgliedern in ein geistliches Gespräch zu kommen. Nach einiger Zeit habe ich ein erstes Treffen angesetzt, bei dem wir sogar zu sechst waren. Eine kurze Vorstellung von mir, was in so einer Hauskirche alles möglich wäre, führte sehr schnell zu dem Ergebnis, dass wir uns ein Mal im Monat in den Gemeinderäumen treffen (eine Teilnehmerin fährt mit dem Rollator und das ist in Wohnungen manchmal schwierig), höchstens 90 Minuten zusammen sind und das Evangelium von dem kommenden Sonntag als Grundlage unseres Austausches nehmen (so können sich alle, die das wollen, vorbereiten). Als Name haben wir „Glaubenskreis“ gefunden, da es ja schließlich um unseren Glauben geht. Bei dem dritten Treffen vorletzte Woche waren wir bereits neun Personen, die einander alle in einer vertrauten Offenheit begegnen, als wären wir schon Jahre ein fixer Kreis.

Diözesaner Entwicklungsprozess APG2.1
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