Donnerstag 26. Dezember 2024

Begegnungsorte mit Paaren

Wenn man von Ehepastoral spricht, stellt sich grundsätzlich die Frage, wo man eigentlich ansetzen soll. Wie erreicht man vor allem jüngere Paare mit kirchlichen Angeboten und wo gibt es Andockpunkte, damit ein gemeinsamer Weg beginnen könnte?

Pfarre oder Kirche sind vielleicht nicht die ersten Orte, die einem in den Sinn kommen, wenn man an verliebte Paare denkt. Kommt jedoch der Wunsch nach einer kirchlichen Eheschließung auf, gibt es plötzlich einen Verbindungspunkt, wo zwei - teilweise sehr unterschiedliche - Welten aufeinandertreffen. Gerade   hier liegt aber die Möglichkeit eines neuen Kennenlernens von Kirche. Im Zuge der Vorbereitung auf die kirchliche Eheschließung gibt es fünf wesentliche Begegnungsorte mit den Paaren, an denen Ehepastoral ansetzen kann.

 

Anmeldung zur Trauung

 

Wenn ein Paar das erste Mal in die Pfarre kommt um die Trauung anzumelden, geht es wesentlich darum, diese beiden Menschen in der kirchlichen Umgebung willkommen zu heißen. Nicht für alle Paare ist dies ein gewohnter Ort. Kirche darf hier nicht zur „Behörde“ werden. Wir müssen uns Zeit nehmen für die Fragen und Anliegen der Menschen. Auch wir sind nicht an jedem Ort vertraut mit den Regeln und Gebräuchen. Wie wichtig ist es dann, dass wir mit Respekt behandelt werden und uns jemand freundlich weiterhilft. Eine weitere Möglichkeit dieses Willkommen-Heißens kann auch in einer Einladung zum nächsten Gottesdienst der Gemeinde bestehen. 

 

Eheseminar

 

Einen weiteren Begegnungsort stellt das Eheseminar dar. Dieses ist in einigen Diözesen in Österreich verpflichtend vorgesehen und der Besuch wird auch in den übrigen empfohlen. Die Paare setzen sich hierbei intensiv mit ihrer Beziehung, ihren Herkunftsfamilien und ihrer gemeinsamen Zukunftsgestaltung auseinander. Auch hier begegnen sie Kirche in einer ganz bestimmten Form. Wie sie begrüßt werden, wie auf ihre Fragen und Anmerkungen eingegangen wird und welcher Raum ihrer eigenen Spiritualität gegeben wird. Gerade deshalb ist es wichtig, diese Seminare nicht als reine Lehr-Seminare, sondern als Orte gegenseitiger Bereicherung zu verstehen. Hierbei steht nicht die Vermittlung von Wissen sondern der gemeinsame Austausch und der Lebenskontext der Paare im Mittelpunkt.

 

Traugespräch und Trauungsprotokoll

 

Das Traugespräch mit dem Priester oder Diakon und die Abfassung des Trauungsprotokolls sind von der Kirche vorgesehene Formalakte. Gerade hierbei kann aber sichtbar werden, dass die Kirche nicht vorrangig Behörde ist, sondern eine klar pastorale Ausrichtung hat. Auch dieses Gespräch kann als ein seelsorgliches verstanden werden, wo man gemeinsam über die Entscheidung zur Eheschließung und die damit verbundenen Wünsche und Hoffnungen sprechen kann. Die Abfassung des Trauungsprotokolls soll daher nicht den Eindruck einer Prüfungssituation vermitteln. Hierbei ist es besonders wichtig, pastorale Sorgfalt walten zu lassen. Weder geht es darum dem Paar eine Moralpredigt zu halten noch über einzelne kritische Rückfragen einfach hinwegzugehen. Das Gespräch kann vielmehr als Chance gesehen werden, das Paar besser kennenzulernen.

 

Vorbereitung der Feier

 

Die Zeit der Vorbereitung auf eine Hochzeit ist meist eine sehr intensive Zeit. Gerade hier ist es wichtig, dass Kirche als unterstützend und nicht als weitere Herausforderung erfahren wird. Nicht allen Paaren sind die kirchlichen Formalitäten und Abläufe gleich gut bekannt. Daher ist es besonders wichtig, dass die Pfarre versucht, den Paaren so viel Bürokratie wie möglich abzunehmen und sie so gut es geht bei der Planung der Feier zu unterstützen.

 

Aber auch der inhaltliche Aspekt der Feiergestaltung ist von Bedeutung. Vielleicht sind manche Wünsche der Paare auf den ersten Blick etwas ungewohnt. Möglicherweise zählt nicht jedes Lied oder jede Textstelle, die ausgewählt werden, zum kirchlichen Standardrepertoire. Nicht alles muss tatsächlich in die Feier übernommen werden, aber hinter so manchem Wunsch steht vielleicht eine tiefe emotionale Erinnerung. Fatal wäre es daher, einem solchen Anliegen mit dem Verweis auf das Kirchenrecht oder die Liturgieordnung zu begegnen. Sinnvoller erscheint es nach den Gründen zu fragen und gemeinsam zu überlegen, wie und in welcher Form die vielleicht wichtige Erinnerung ihren Platz in der Trauungsliturgie finden kann. Dadurch wird die Feier wirklich zum Fest der Brautleute, mit dem sie sich auch inhaltlich identifizieren können. Sie ist mehr als „nur“ eine schöne Feier, die nach einem liturgischen Rahmen abläuft, dem man sich fügen muss, und wird auf diese Weise zur ganz persönlichen Feier jenes Paares.

 

Feier des Sakraments

 

Dies führt uns zum fünften Punkt, der Feier selbst. Lange haben die Paare auf diesen Tag hingearbeitet. Viel Planung ist in dieses Fest geflossen und nun ist der Moment gekommen, wo sie einander tatsächlich vor Gott, Familie und Freunden das Sakrament der Ehe spenden. Hier begegnen wir dem Paar nun als Feiernde und dürfen als Kirche mit ihnen mitfeiern. Es sollte uns daher bewusst sein, dass es ihr besonderer Tag ist und dass dabei, wie bei einem Fest üblich, schon einmal die eine oder andere Regel außer Kraft gesetzt werden kann. Nicht jedes Gesangbuch wird vielleicht an den gewohnten Platz zurückkehren und möglicherweise wird auch nach der Feier noch etwas Reis oder Blumenblätter zu finden sein. Wie bei jedem Fest kommt für die Gastgeber nach dem Spaß das Aufräumen. Die Gastgeber, das sind wir als Pfarrgemeinde. Natürlich bitten wir die Feiernden sorgfältig mit den Dingen umzugehen, aber im Freudentaumel kann schon einmal das eine oder das andere zu Bruch gehen. Das gehört dazu. Wir können uns freuen, dass diese beiden Menschen uns teilhaben lassen an ihrem besonderen Moment, und hoffen, dass es ihnen bei uns so gut gefallen hat, dass sie uns bald wieder besuchen kommen.

 

Die pastorale Begleitung der Paare hat somit schon weit vor dem Höhepunkt, der Trauung, begonnen. Auf den unterschiedlichsten Stationen ihres Weges dorthin sind wir ihnen begegnet und konnten sie mit kleinen und großen Dingen unterstützen. Entscheidend ist, dass der Höhepunkt nicht zugleich zum Endpunkt wird. Ehepastoral kann sich nicht nur auf die Vorbereitung der Paare beziehen, sondern muss auch die Begleitung nach der Eheschließung inkludieren. Die genannten fünf Begegnungsorte sind somit eine erste Chance, ein erstes Kennenlernen, aus dem vielleicht eine lange und gute Freundschaft und ein gemeinsamer Weg erwachsen kann. 

 

von Stephan Fraß-Poindl

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