Freitag 27. Dezember 2024
Pfarrgeschichte

Die Geschichte der Pfarre Meidling und ihrer Orgel

Die Geschichte der Pfarre Meidling begann mit einem Konflikt. Grundherr von Meidling war das Stift Klosterneuburg, das dem Bistum Passau unterstand. Kirchlich gehörte der Ort Meidling zur Pfarre Penzing, die dem 1469 geschaffenen Bistum Wien angehörte. Die Meidlinger hatten den, seit 1679 nachweislichen, Wunsch, eine eigene Kapelle erbauen zu dürfen, um sich den langen und mühsamen Weg nach Penzing zu sparen. Der Wiener Bischof lehnte jedoch stets ab, weil er dadurch Meidling an seinen Passauer Amtsbruder verloren hätte.

Eine neue Situation entstand, als 1729 durch päpstlichen Befehl eine Neuordnung der Diözesanstruktur erfolgte, die der realpolitischen Situation Rechnung trug. Dabei kam das östliche Niederösterreich, einschließlich Klosterneuburg, zur Wiener Kirchenprovinz, die seit 1722 Erzbistum ist.

Drei Jahre später, 1732, genehmigte der Wiener Erzbischof unter Kaiser Karl VI. die nun problemlos gewordene Errichtung einer Kapelle in Meidling. Am 7. Mai 1732 wurde die Grundsteinlegung vorgenommen. 1733 war die Kapelle fertig. Sie befand sich nach der heutigen Adresse im Bereich Niederhofstraße 37 - 41. Wegen der Nähe zum Wienfluss und weil die Gemeinde unter den häufigen Überschwemmungen des Wienflusses sehr zu leiden hatte, wurde sie dem 1729 von Papst Benedikt XII. heilig gesprochenen Johannes von Nepomuk geweiht. Nepomuk galt wegen seines Todes in der Moldau als Schutzpatron gegen Wassergefahren. 1783 wurde die Filialkirche von der Mutterkirche Penzing getrennt und zur „Local-Capellanei“ bestimmt, im darauffolgenden Jahr zur Pfarre erhoben und dem Stift Klosterneuburg zur Bestellung der Priester übergeben. Der erste Pfarrer war Sebastian Koppreiter.

 

Der erste Pfarrhof befand sich in der Meidlinger Hauptstraße 10. Durch den enormen Bevölkerungszuwachs von 527 Gemeindemitgliedern auf 8.000 Bewohner in Ober-, Unter- Meidling und Gaudenzdorf in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Kirchlein zu klein, da auch die Sommergäste des Theresienbades die Gottesdienste besuchten. Die drei Gemeinden entschieden sich, eine neue Pfarrkirche auf einem weiter östlich gelegenen freien Platz, heute Migazziplatz, zu erbauen.

 

Das Grundstück hatte der Besitzer des Theresienbades, Josef Michael Freiherr von Ehrenfels, der Pfarre gespendet. Mit dem Bau wurde der Architekt Prof. Carl Roesner beauftragt. Er lieferte die Pläne zu einer dreischiffigen Kirche, die er der Zeit entsprechend in neoromanischem Stil, einem charakteristischen Gemisch verschiedener historischer Stile, plante.

Am 17. Oktober 1842 wurde unter Anwesenheit des Kaiserhofes die feierliche Grundsteinlegung vorgenommen. Drei Jahre später, am 24. April 1845, nahm Kaiser Ferdinand I. persönlich die feierliche Schlusssteinlegung vor. Die Urkunde, die von der Geistlichkeit, den Meistern, Künstlern und dem Kaiser unterschrieben ist, wurde in einem Glaszylinder in der Mitte des Hochaltarraums versenkt, der Schlussstein darübergelegt, mit Mörtel verstrichen und mit drei Hammerschlägen befestigt.

 

Am 8. Mai 1845 vollzog der Fürsterzbischof von Wien, Vinzenz Milde, die Einweihung der Kirche. Die bisherige Kapelle hatte damit ihre Funktion verloren und wurde in der Folge abgetragen. 1945 wurde die Kirche bei Luftangriffen schwer beschädigt. Die künstlerische Innenausstattung ging durch die Kriegsbeschädigung weitgehend verloren. Noch im gleichen Jahr begann aber der Wiederaufbau, der jedoch wegen Material- und Geldmangel immer wieder behindert wurde. Erst 1958 konnte er abgeschlossen werden. Im gleichen Jahr wurden das neue Presbyterium nach Plänen von Gustav Peichl und die monumentale Kreuzigungsgruppe von Erich Pieler an der Presbyteriumswand fertig. Der Kreuzweg, ein keramischer Relieffries, stammt von Alfred Kirchner (1963).

 

In der Tauf- und Trauungskapelle hängt ein Bild der Schwarzen Madonna von Czenstochau. In der alten Meidlinger Kirche schmückte es den Hochaltar. Im Neubau kam es zuerst in die Taufkapelle, wurde jedoch 1850 auf Drängen der Gläubigen wieder auf den Hochaltar versetzt. In den Kriegswirren im April 1945 verschwand das Bild. 1983 tauchte es völlig unversehrt bei einem Altwarenhändler auf, konnte vom Stift zurückgekauft werden und zum 200-jährigen Jubiläum der Pfarre Meidling wieder seinen angestammten Platz einnehmen.

Die Pfarrchronik gibt wenig Aufschluss über die auf der Empore errichtete St. Josefs-Jubiläumsorgel, dürftig sind die Eintragungen. Auch in den Zeitungen finden sich nahezu keine Berichte. Aus den wenigen Notizen lassen sich trotzdem einige Fakten zusammentragen.

Die ursprünglich eingebaute Orgel entsprach nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr den Anforderungen und Vorstellungen der Pfarrverantwortlichen.

1932 findet sich daher folgender Aufruf an die Meidlinger Bevölkerung:

 

"Am 7. Mai 1732 ist der Grundstein zur ersten Pfarrkirche in Meidling gelegt worden. Anfang Mai 1733 wurde die Kirche eingeweiht und am 16. Mai 1733, am Feste des hl. Johann von Nepomuk, fand der erste heilige Gottesdienst statt. Für die katholische Bevölkerung Meidlings ist dieser Gedenktag ein historisches und zugleich freudiges Ereignis. Ein guter Gedanke war es, aus diesem Anlass die alte Orgel der Pfarrkirche umzubauen, welche spätestens bis zum Jubiläum des Jahres 1933 fertiggestellt sein soll. Bekanntlich fällt in das heurige Jahr das 40 jähr. Priesterjubiläum unseres hochverehrten Herrn Dechants [Pfarrer Philipp Hönigschmied, Anm.]. Da der Umbau der Orgel einer seiner sehnsüchtigen Wünsche ist, wollen wir dieses Jubiläum nicht vor übergehen lassen, ohne ihm durch Beiträge, gleichsam als Jubiläumsgeschenk, zur Erfüllung seines Lieblingswunsches zu verhelfen und ihm so ein Zeugnis unserer Liebe und Verehrung zu zollen. Wir sind daher fest überzeugt, dass wir ihm sein hingebungsvolles Wirken als Seelenhirte dieser Pfarre durch reichliche Spenden zum Orgelbau am besten vergelten. Die Kosten des Orgelbaues betragen 30.000 ATS, wovon ein Teil bereits gedeckt ist. Es ergeht daher auf diesem Wege an alle Pfarrangehörigen die dringende Bitte, durch 1-Schilling-Spenden zum Orgelbaufond dem hochw. Herrn Dechant eine große Freude zu bereiten. Jedes Pfarrkind spende, was es kann!"

 

Am 5. April 1932 war es dann soweit, dass die neue Orgel beim Orgelbauer Johann M. Kauffmann, Wien 6, um den Betrag von 32.000 Schilling bestellt werden konnte. Ein Drittel musste am 1. Juli, das zweite Drittel am 1. August, dem Termin, an dem der Bau begonnen werden sollte, das letzte Drittel nach sechs Monaten, nach Vollendung und Übergabe der Orgel, also Ende Jänner 1934, bezahlt werden. Beim Abschluss des Vertrages fehlten allerdings noch 10.000 Schilling. Pfarrer Konsistorialrat Dechant Philipp Hönigschmied fügte dieser Notiz den Stoßseufzer hinzu:

"Sammle; diese fehlen mir noch!" – "Deus det nobis suam Pacem!" (Der Herr gebe uns seinen Frieden!)


Am 24. August 1932 wurde die bisherige Orgel abgetragen. Als letztes Lied erklang "Maria zu lieben ist allzeit mein Sinn". Die alte Orgel hatte 20 Register, von welchen 10 Register in die neue Orgel eingebaut werden sollten. Bereits am 2. April 1933 konnte die Vorweihe der St. Josefs-Jubiläumsorgel vorgenommen werden. Die Zeitschrift für Instrumentenbau schreibt im Jahr 1933 über diese Orgel:
"Wenn man daher die Beurteilung der in einige Worte zusammenfassen will, so muß man sagen, dass sie ein mächtiges, klangschönes und auch klangreiches Werk von richtigem Klangaufbau und durchaus guter Klangwirkung ist und daher die stilgerechte Wiedergabe alle wertvollen Orgelmusik ermöglicht. Die Funktion des rein elektrischen Spieltisches und der elektropneumatischen Traktur ist tadellos, die Orgel ist daher auch vom technischen Standpunkt als ein einwandfrei zu bezeichnen. Die Firma J.M. Kauffmann hat in den letzten Jahren zweifellos einen künstlerischen Aufschwung zu verzeichnen, der sich auch bei kleineren Werken feststellen läßt."

 

Am 14. Mai 1933 beging die Kirche St. Johann von Nepomuk das Jubiläum des 200jährigen Bestandes einer Kirche in Meidling, das 150jährige Jubiläum der Pfarre und das 40jährige Priesterjubiläum von Dechant Philipp Hönigschmied. Im Rahmen dieser Feierlichkeiten konnte während des Pontifi kalamtes auch die neue Orgel vom Generalabt des Stiftes Klosterneuburg,    Dr. Josef Kluger, eingeweiht werden. Ein gemeinsames Mittagessen bildete den Abschluss der Feierlichkeiten. In der Pfarrchronik werden die anwesenden Personen namentlich angeführt:

"Anwesend waren: Hochwdgst. Herr Prälat Dr. Josef Kluger, Generalabt des Stiftes Klosterneuburg. Frl. Rosa Drahokupill, Orgelpatin. Herr Kammerrat Josef Gerhold, Herr Nationalrat Leopold Kunschak, Herr Magistratsrat Rudolf Gschladt, H. H. Dr. Leo, Zeremoniär des hochwdgst. Herrn Prälaten, Herr Prof. Ignaz L. Weber, Regenschori d. Pfarrkirche, Herr Rechnungsrat Schumacher, Dr. Friedr. Weidinger, H. H. Monsg. Dr. Josef Schulenburg (Lourdes-Kirche XII), H. H. Prof. Aldobrand Roczek, Pfarrer v. Höfl ein, H. H. Dechant Philipp Hönigschmied, Pfarrer v. Meidling, H. H. Werner Taschner, Koop., H. H. Leander Marschall, Koop, H. H. Willibald Fischer, Koop. H. H. Alois Kremar, Koop. Herr Raimund Drahokupill sen., Vater der Orgelpatin. Frau Stephanie Köttner, Ob. Postverwltgattin, deren Schwester, Herr Johann Kauffmann sen. und jun.Orgelbauer, Herr Franz Reiter, Führer der Orgelpatin, Herr Alois Kuzel,Mesner, zwei Theologen aus dem Stifte Klosterneuburg u. zw. Herr Gregor Lingl u. Herr Alfons Bartosch, zwei Theologen aus St. Stefan: Herr Karl Hussovits u. Herr Ferdinand Grolik."


 

Am 14. Dezember 1933 war die Orgel bezahlt. Die Abrechnung der Kosten findet sich ebenfalls in der Pfarrchronik: "Die Orgel hat gekostet 36.036 S. Samt den Nebenkosten: Fenster, Verglasung, Treppeabbrechen, neu aufstellen, elektrotechn.Arbeiten; Beleuchtung abmontieren und neuaufmontieren 4000 S., also hat die Orgel rund 40.000 S. gekostet. Heute samt W. U. Steuer und Krisensteuer an Kaufmann sen. die letzten 2000 S. ausbezahlt.“

 

Während des Bombenangriffs am 13. Februar 1944 wurde zwar die Kirche nicht direkt getroffen, die Schäden waren jedoch erheblich: "Was sich aber unseren Blicken darbot, war ein Bild fürchterlichster Zerstörung. Kirche und Pfarrhof so stark mitgenommen, dass man kaum an ein Aufbauen denken kann. Dabei waren die Bomben nicht direkt gefallen, sondern nur in allernächster Nähe. Rings um uns alles zerstört. … In der Kirche ist das rechte Seitenschiff durchgeschlagen,alle Fenster mit Rahmen herausgerissen, das Hochaltarbild schwer beschädigt. Paramente konnten zum größten Teile geborgen werden, wenn auch beschädigt. Die Orgel hatte scheinbar wenig Schaden gelitten."

 

Die Chronik von 1946 gibt über die Instandsetzung Auskunft: "Unsere Orgel wurde von J. M. Kauffmann so weit instandgesetzt, dass sie am 6. Jänner mit einem Manual und am 13. schon mit zwei spielbar wurde. Das 3. Manual blieb unbenützbar, bis 1965 eine Generalreparatur vorgenommen wurde. J. M. Kauffmann sei hier besonderer Dank gesagt für seine selbstlose Hilfe. Am 6. Jänner wurde das 1. Musikalische Hochamt "Schuberts G-Dur Messe" gehalten.

 

Prof. Hans W. Bousska

(Bezirksmuseum Meidling)

 

Nach Kriegsende war das Pfarrleben der Meidlinger vom Wiederaufbau geprägt. Aus Geld und Materialknappheit konnte erst im Jahr 1958 der Wiederaufbau und die "neue" Ausgestaltung des Innenraums der Kirche mit der monomentalen Kreuzigungsgruppe im Zentrum abgeschlossen werden.

 

In der Zeit von Jänner 1946 bis Dezember 1947 wurde die Orgel notdürftig repariert. 1961 erfolgte dann schließlich die Besichtigung und Aufnahme der fehlenden Pfeifen.

 

Am 9. Mai 1961 wurde ein Offert der Fa. Kauffmann für die Generalreparatur der schwer kriegsbeschädigten Orgel eingeholt: Grundarbeit und Pfeifenergänzung des 1. & 2. Manuals, Reparatur des Orgelgehäuses, Wiederinstandsetzung des 3. Manuals, genereller Membranen-Austausch, Spieltisch-Überholung mit Einbau eines neuen Vorrelais. Anfertigung von 964 Pfeifen (Holz und Metall). Kosten: 98.144,00 Schilling. 1964 bis 1965 erfolgte die Reparatur. 1986 wurde ein eventueller Chororgelbau ins Auge gefasst.

 

Am 31. März 2003 erfolgte die Besichtigung der Orgel durch Orgelbaumeister Franz Windtner (St. Florian):

"Ich sehe in der Orgel ein großes, interessantes, erhaltungsfähiges, liturgietaugliches Instrument… Eine Verwendung der Orgel über den gottesdienstlichen Gebrauch hinaus, etwa für eine konzertante Nutzung, ist durchaus möglich, bei entsprechender Auswahl der Literatur.“"(Zitat aus dem Offert)

 

2010 wurde der Orgelbauförderverein Wien-Meidling gegründet. Seitdem finden regelmäßig Konzerte und andere Projekte, die regen Zuspruch finden, statt.

 

Christiane Steindl
 

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Bildquellen:

Bild 1: Bildarchiv Wien Museum

Bilder 2, 4, 5 und 6: Bildarchiv Bezirksmuseum Meidling

Bilder 3, 7, 8, 9 und 10: Bildarchiv Orgelbauförderverein Wien-Meidling

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