Gelebte Tradition seit 1610
Die Schottenwallfahrt
Erstmals erwähnt ist eine Wallfahrt nach Mariabrunn am 2.7.1610, die von der zum Schottenkloster gehörenden, aber außerhalb der Stadtmauer liegenden, Kirche St. Ulrich (heute 7. Bezirk) ausging. Dazu eine im Schottenkloster aufgefundene Handschrift: „als im Jahre 1610 etliche wenig Burgerspersohnen, auf obbemelten Festtag der Haimbsuchung Mariae ein Wallfahrth mit einander nach obbesagtem Kirchl Vnser Lieben Frauen Prunn genant, angestelt, haben sich tails in St. Francisci der Capuziner, tails aber in St. Vdalrici Kürchn zue Morgens in aller früe versambelt.“ Unterwegs sollen sich immer mehr Menschen mit Kreuzen und Fahnen dem Zug angeschlossen haben, und so erreichte eine lange Prozession die kleine Holzkapelle Mariabrunn. Darin hielt Kapuzinerpater Marco von Wang eine Predigt und ein gesungenes Hochamt. Beim Zurückkehren machte die Prozession noch Halt für eine Vesper „bey Vnser Lieben Frauen Zue Yezing“, also in Maria Hietzing. Auch 1611 und 12 gingen die Schottenwallfahrten von St. Ulrich aus und immer mehr Menschen gingen mit.
Im darauffolgenden Jahr wurde ein schönes, großes Kruzifix angefertigt und „auf Befelen deß Hochwirdigen Herrn Melchiorn Clösels, Bischoffens zue Wienn …mit beglaidtung vieler 1000 Personen…“ von St. Stephan aus nach Mariabrunn getragen und wurde von „Herrn Alphonso de Requiescens, Bischoven zue Passau etc.“ geweiht. Laut Protokollum wurde es in einer prunkvollen Prozession überbracht, nachdem es von „seiner Eminenz, Kardinal Klehsl, Bischof von Wien und Wiener Neustadt“, feierlich geweiht worden war. Dieses Kruzifix wurde in der damaligen Marienkapelle aufgestellt und schmückt seit 1714 den Kreuzaltar der 1655 vollendeten Kirche.
Ab 1614 geht die jährliche Prozession von der Schottenkirche aus. In diesem Jahr wurden zwei Bilder, Maria und den Hl. Johannes darstellend, mitgebracht.
Bischöfliche Erlaubnis 1615
Da der Zulauf immer größer wurde, haben die zwölf Wallfahrtsorganisatoren beschlossen, um offizielle Genehmigung der Schotten-Wallfahrten bei Bischof Klesl anzusuchen, die dieser am 11.6.1615 erteilte: „Wir Melchior Klesl… thuen khundt Jedermeniglich, daß wir von etlich fromben Catholischen Euffrigen Herzen vnd gemüetter wegen confirmirung vnnd Bestattigung Jahrlichen Procession, so iedezeit in fest vnndt Feyrtag der Heimbsuchung Marie Von Wienn auß nach Vnser Lieben Frauen Zum Prun angestelt, ersuecht worden.“ Von nun an gab es also durch fast zwei Jahrhunderte die jährliche Schottenwallfahrt. Deren Teilnehmer schlossen sich 1632 zur Bruderschaft „Maria Heimsuchung“ zusammen und so pflegte eine „unglaubliche vieltausendköpfige Menge“ mitzugehen.
Die Jesuitenwallfahrt
Die zweitälteste Wallfahrt ist die der Jesuiten, deren „Maria Verkündigungsbruderschaft“ 1622 ihre bisherige Wallfahrt nach „Nickolspurg“ wegen einer Seuche hierher verlegte, wo sie „nach Predigt und Hochamt ein Mahl einzunehmen pflegten“. Doch 1731 beschloss die Bruderschaft ab nun nach St. Stephan zum Bild Maria Pötsch zu pilgern, weil „im Jahr vorher diese Gäste ein nicht genug feines Mahl erhalten hatten.“
Acht Wachszieher genügten wegen der Menge an Wallfahrern zur Zeit des französisch-schwedischen Krieges nicht, um alle Weihegeschenke herzustellen. Bald nach Ende des Türkenkriegs, am 2.7.1684, erschienen zahlreiche Prozessionen „obwohl unsere Marienstatue noch nicht zurückgebracht war.“
Weiterentwicklung der Wallfahrten
Lange Zeit blieben die Schotten- und Jesuitenwallfahrt die einzigen urkundlich erwähnten. Erst 50 Jahre später gesellten sich andere dazu:
- 1670 Pfarre Gießhübel
- 1674 Pfarre Ottakring „umb Abwendung der Khäfer vnd unzüffer“ von ihren Weinreben
- 1679 Pfarre Speising am 20. August, sowie Baumgarten und Mauer am 4. September
- 1692 am 15. August Lainz und am 8. September Hütteldorf
- 1694 Salmannsdorf, Neustift und Sievering am 15. Juni wegen des großen „Reiffs“
- 1702 Kirche am Hof und Professhaus der „Herren Burger Bruderschafft“
Das Wienerische Andachts-Büchl aus 1702 berichtet, dass die Schottenwallfahrt um 5 Uhr früh nach Mariabrunn aufbrach und am Rückweg in Hütteldorf das Mittagmahl einnahm, in Hietzing einer Vesper und Litanei beiwohnte und bei den Karmeliten auf der Laimgrube mit einer Predigt empfangen wurde. Der Tag endete schließlich in der Schottenkirche mit dem feierlichen Te deum laudamus. Alle Geistlichen des Stiftes bekamen dann alljährlich zum Abendessen Huhn und Salat, was zusammen unter 4 Gulden kostete. Nett die Bemerkung von 1764, dass es „Lämererschlägelein anstatt der Hünl, welche gar zu theuer waren, gab, was 3 Gulden 20 Kreuzer kostete. Wein gab es laut Rechnungen erst ab 1776 um 2 Gulden 42 dazu.
Vor 300 Jahren gelobte die Pfarre Alservorstadt anlässlich der Pest 1713 eine jährliche Wallfahrt nach Mariabrunn zu machen. Und so machten sich Pfarrmitglieder am 24.4.1713 erstmals auf den Weg. Ausgenommen 1800 – 1967, kommen sie bis heute, und so werden sie im September zur Jubiläumswallfahrt nach Mariabrunn aufbrechen. Das Bild von der 50. Wallfahrt ist in Mariabrunn zu sehen.
Das Schottenstift hatte zur damaligen Zeit 13 Musiker beschäftigt. Bei der Wallfahrt nach Mariabrunn gingen aber nur wenige davon, sowie vier Sängerknaben mit. Den Instrumentalisten des Schottenstiftes wurden für die Wallfahrt und das Requiem und Lobamt am nächsten Tag 36 Gulden von der Frauenbruderschaft bezahlt. Der Regens Chori erhielt 1 Gulden, der Organist 3, die vier Sängerknaben je 2 Gulden, die Sänger und Geiger zwischen 2,30 und 3,30 und die Instrumentendiener 1 Gulden. 1755 wurde 1 Organist, 1 Bassist, 1 Tenor, 3 „Violinisten“ und 1 Violoncellist bezahlt.
1782 kamen viele Pilger aus Wien, „sowie der frommen Gemeinde Perchtoldsdorf.“ Nach der Predigt sang „unter Paukenschlägen der ehrwürdige Weltpriester Antonius Richard mit Assistenz die Messe und die Vesper samt Litanei ab.“
Verbote unter Joseph II.
1782 verbot der Kaiser die „allzuvielen Prozessionen“ bis auf zwei, abgesehen von „Vorbitten um Regen, gesegnete Aerndte, oder wegen sonstigen allgemeinen Anliegen.“ Daher ist am 2.7.1783 letztmalig, eine Schottenwallfahrt verzeichnet, denn per 9.8.1783 waren alle Bruderschaften untersagt, und den Wallfahrten somit die Organisationsbasis entzogen. Auch die beiden Nachfolger Josephs II. ließen manche kirchliche Verbote aufrecht. So wurden mit Hofverordnung vom 17.7.1795 „die heimlich entstandenen neuen Bruderschaften“ aufs schärfste untersagt und ebenso die „Prozessions- und Wallfahrtszüge“. Jedoch „‘s wär net Wien,“ wenn im Wallfahrtsverzeichnis Mariabrunns nicht trotzdem 1795 34, 1796 32 und 1797 36 Wallfahrten angeführt wären. Ab 2.7.1791 werden auch wieder Schottenwallfahrten erwähnt: Der Schottenprälat P. Benedikt Pointner kam mit drei Geistlichen und einigen Bürgern von Wien und sie verrichteten ihre „verlobte alljährliche Andacht, aber nur in Stille ohne aller Procession und Einläuten“. 1795 kam der Schottenabt mit dem Zwettler Klostervorsteher und zwei Geistlichen zu Messe und Andacht. Außer „Domestiken“ des Herrn Prälaten war niemand mitgekommen. Die letzte Schottenwallfaht wird 1800 angeführt.