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Unsere fast zertrümmerte Madonna

Niemand weiß, woher sie kam. Wir wissen nur, dass ein Russe unsere Madonna in einer Autowerkstatt fand und zertrümmern wollte. Der ehemalige Pfarrer P. Franz Dreschers hielt 1972 ihre abenteuerliche Geschichte in einem lesenswerten Artikel fest.

Hier ein kurzer Auszug daraus: 

 

Während der Bauzeit an der Notkirche kam eines Tages ein Automechaniker aus der Nachbarschaft zu mir. Er brachte mir die Einladung seines Chefs, Muttergottes in einer Kisteich möchte einmal zu ihm kommen, er hätte in einer Kiste etwas gefunden, für das ich wohl Verwendung hätte. Ich kann nicht behaupten, dass mich die Neugierde nicht geplagt hätte, und so fragte ich sofort, was es denn genau sei. Der Mechaniker gab mir zur Antwort, es handle sich um eine Muttergottesstatue. Für einen Augenblick zögerte ich. Natürlich war ich dankbar für eine schöne Figur, die unseren Gottesdienstraum vervollständigen könnte. Aber man musste sich erst genau überzeugen; denn schließlich wollte ich nicht irgendetwas in unsere Kirche hineinstellen.

 

Ein Pater in der Autowerkstatt

 

Der Meister empfing mich freundlich in der Werkstatt: „Kommen Sie, Pater, schauen Sie sich einmal das Marterl an!“ Er nahm mich mit in sein Büro. Dort stand auf seinem Schreibtisch die Statue. Ich sah sie, und es verschlug mir wirklich den Atem. Begeistert fragte ich: „Wie kommen Sie denn an solch ein Prachtstück? Normalerweise haben Sie es doch nur mit Autos zu tun, an denen etwas nicht in Ordnung ist!“ – „Ich weiß es selber nicht recht“, meinte der Meister, „aber Sie wissen ja, ich konnte nicht immer über meine Werkstatt und die Lagerräume verfügen. Es hat sich da manches an Kisten angesammelt, um die sich heute niemand mehr kümmert und für die es wahrscheinlich keine rechten Eigentümer mehr gibt. 

 

Brachiale Gewalt – und eine Heldentat

 

Als der Krieg vorbei war, kamen die Russen auch in meine Werkstatt und das Magazin. Sie brachen alle Kisten und Kästen auf, überall suchten sie etwas Brecheisen-Attacke auf die MadonnaBrauchbares. Bei dieser Suchaktion entdeckte nun ein Russe auch die Kiste, in der die Madonna lag. Er war weniger überrascht als zornig; denn für ihn schien das nichts Brauchbares zu sein, was er da gefunden hatte. Er wollte gerade mit dem Brecheisen auf die Figur einschlagen, als ich ihm in den Arm fiel und auf ihn einredete. Tatsächlich ließ er das Brecheisen sinken und machte sich über die anderen Kisten her, in der Hoffnung, etwas Gescheiteres zu finden als eine Madonna. So war die Statue bei uns gerettet worden, und ich meine, sie sollte deshalb auch bei uns bleiben. Glauben Sie, dass wir sie für unsere Kirche gebrauchen können?“

 

Ich brauchte mich wirklich nicht lange zu besinnen. Die Frage war völlig überflüssig. Ein wenig Sorge machte mir nur Muttergottes-Statue in der Heiligenstädter Straßedie Tatsache, dass es für diese schöne Figur doch einen Eigentümer geben müsste, der die Statue zurückverlangen könnte. Wir halfen uns also zunächst dadurch, dass wir eine Kopie anfertigen ließen, so dass wir das Original jederzeit zurückgeben könnten.

 

Inzwischen haben sowohl die Marienstatue als auch die Kopie einen besonderen Platz in unserer Kirche gefunden.

 

P. Franz Dreschers OMI, Wien im Jahr 1972

 

Schon gewusst?

Das Original unserer Muttergottes-Statue, das dem Künstler Laurenzo Ghiberti zugeordnet wird, befindet sich im Bode-Museum auf der Museumsinsel in Berlin. Unsere Statue ist eine Nachbildung, die sich vom Original in zwei Punkten unterscheidet: Am Sockel fehlt die Darstellung der „Maria als neue Eva“, außerdem wurde sie nicht mehr in den Farben des Originals bemalt.

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