Monsignore
Dr. Ewald Huscava
Pfarrvikar der Gemeinde
Donaucitykirche
Unsere Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz
Warum sollen wir unsere Tage zählen? Dazu müssen wir den ganzen Psalm betrachten:
3Zum Staub zurückkehren lässt du den Menschen,
du sprichst: Ihr Menschenkinder, kehrt zurück!
4 Denn tausend Jahre sind in deinen Augen wie der Tag,
der gestern vergangen ist, wie eine Wache in der Nacht.
5 Du raffst sie dahin, sie werden wie Schlafende.
Sie gleichen dem Gras, das am Morgen wächst:
6 Am Morgen blüht es auf und wächst empor,
am Abend wird es welk und verdorrt.
Oder, in der wesentlich eindrucksvolleren und genaueren Übersetzung von Erich Zenger (E.Z.: Ich will die Morgenröte wecken, Psalmen Auslegungen Bd 2, S.204-212):
Du ließest das Menschlein zurückkehren zu Staub und du sprachst:„Kehrt zurück, Adamssöhne!“ Ja, tausend Jahre sind in deinen Augen wie ein gestriger Tag, wenn er eben vorbeigegangen ist, und wie eine Nachtwache am Morgen. Du hast sie dahingerafft, ein Schlaf sind sie dann, wie Gras, das vergeht: Am Morgen blüht es auf und schon vergeht es, am Abend welkt es dahin und schon ist es verdorrt.
Die Auseinandersetzung mit dem Problem des Todes entspricht einem Grundthema der Weisheitsliteratur. Den Vergleich des menschlichen Lebens mit dem Gras finden wir auch bei Jesaja: „Alles Fleisch ist wie das Gras und all seine Treue ist wie die Blume auf dem Feld. (...) Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, doch das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit.“ (Jes 40, 1.8)
In der heutigen Lesung hören wir nur die Verse 12-17. Sie sind eine spätere Fortführung des Psalms, in der an Gottes Erbarmen appelliert wird und um viele Zeiten des Glücks gebeten wird, so dass der Tod und die Gedanken an den Tod aus der Mitte des Denkens verdrängt werden können. (Zenger, a.a.O., S. 209)
Das berühmteste Zitat aus dem Psalm ist der pessimistische Vers 10: Die Zeit unseres Lebens währt siebzig Jahre, wenn es hochkommt, achtzig. Das Beste daran ist nur Mühsal und Verhängnis, schnell geht es vorbei, wir fliegen dahin.
(Nun, zu unserer Beruhigung sei gesagt: die Lebenserwartung ist in den letzten Jahrzehnten gewaltig gestiegen, und Mühsal und Beschwernis gehören zwar zum Leben, sind aber wohl nicht das Beste daran.)
Ein Vorschlag: statt uns mit den Bruchstücken in den Lesungen zufrieden zu geben, könnten wir öfter ganze Psalmen lesen, meditieren und beten.
Eva R.
Hinweis: Lesungen und Evangelium finden Sie gemeinsamit mit Tagesgebet und Psamlen über den "Schott-Tagesliturgie" Knopf auf https://erzabtei-beuron.de/index.html.