Predigt 6. Ostersonntag, 9.05.2021
Aus meiner Arbeit in der Schule kann ich mich auf eine Episode erinnern. Es handelte sich von der Anzahl der Schüler um eine ziemlich große Klasse, die Kinder waren 13-14 Jahre alt, also alles andere als leicht. Es war ein Mädchen, das in der ersten Bank gesessen ist und ständig gestört hat. Auf meine Frage, warum es mich ständig stört, hat es geantwortet: „Sie haben sich meinen Namen noch nicht gemerkt.“ Natürlich habe ich dann das Mädchen immer mit seinem Namen angesprochen und das Problem war weg. In diesem Moment habe ich gemerkt, es war kein schlimmes Kind, es wollte nur Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit zu schenken, mit Namen anzusprechen, ist ein Zeichen der Liebe und jeder von uns will doch geliebt werden. Die Liebe ist eine Notwendigkeit, vor allem bei den Kindern, aber nicht nur bei ihnen. Wenn jemand nicht geliebt worden ist, tut er sich auch schwer, die anderen zu lieben. Die Liebe ist auch das Thema in der zweiten Lesung und im Evangelium. Da geht es um die Liebe, die uns Gott geschenkt hat und die wir dann weiterschenken sollen. „Darin offenbarte sich die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben. Darin besteht die Liebe: Nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat.“ Also Gott war der Erste, der uns geliebt hat. Gott hat den Prozess in uns begonnen und er soll sich wie eine Kettenreaktion entwickeln. In der Familie schenken die Eltern den Kindern die Liebe und dann werden sie von den Kindern geliebt. Ähnlich ist es bei Gott, er ist der Initiator des Prozesses, der uns als Erstes geliebt hat indem er uns seinen Sohn geschickt hat, damit er uns von der Liebe Gottes erzählt. Eine natürliche Reaktion wäre wie in der Familie, dass auch wir Gott die Liebe schenken und auch unseren Mitmenschen. „Geliebte, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott.“ So schreibt der hl. Johannes heute. Er schreibt „wir wollen lieben“, das heißt, niemand zwingt uns. Die Liebe ist in dem Fall auch kein Affekt, keine Emotion, sie ist eher eine Entscheidung unseres Willens, ähnlich wie in einer Ehe, wo zwar besonders am Anfang die Gefühle eine große Rolle spielen, aber dann kommt der Moment, wo man sich nach langer Überlegung entscheidet diese Person zu lieben, gemeinsam Kinder zu kriegen und sie zu lieben. Von Gott geliebt wollen wir auf diese Weise die anderen Menschen lieben. Es ist auch eine Erwartung von Jesus, die wir im Evangelium gehört haben: „Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe.“ Und dann verweist er uns an den Maßstab, an das Muster der Liebe: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ Und Jesus hat es für uns getan und lädt uns ein, dieselbe Richtung in unserer Liebe zu gehen. Die Liebe soll die Konsequenz der Gottesliebe und des Glaubens sein. Sie ist auch das Ergebnis unseres Glaubens an die Auferstehung. Wenn Gott uns als seine Kinder aufgenommen hat, sind wir konsequent Brüder und Schwestern. „Dies trage ich euch auf, dass ihr einander liebt.“ – hat Jesus zum Schluss heute gesagt.