Weder eine Urkunde im Poysbrunner Schlossarchiv oder Pfarrarchiv, noch ein Dokument in einem Wiener oder Passauer Archiv, weder eine örtliche Überlieferung in Poysbrunn noch ein Grabmal mit einer Inschrift gibt und gab Nachricht vom Bau der "Dorotheakapelle" in Poysbrunn durch den Ritter Andre der Hauser im 14. Jahrhundert. Nur durch die Abschriften seines Gesuches und durch dessen Bewilligung im Vatikanischen Archiv wissen wir davon.
Ritter Andre der Hauser (* um 1310/1315, + nach 1385), Inhaber der Feste Poysbrunn (genannt 1345 - 1386), war ab 1346 Gesandter des Herzogs Albrecht II. am päpstlichen Hof in Avingnon (die Päpste residierten von 1309 - 1376 in Avignon, diese Zeit wurde "Babylonische Gefangenschaft der Kirche" genannt). Er fasste den Entschluss eines Kirchenbaues in Poysbrunn und richtete anlässlich einer Botschaftsreise nach Avingnon am 17. August 1349 an Papst Klemens VI. (1342 - 1352) die Bitte, um das "Präsentationsrecht für die geplante Dorotheakapelle" in Poysbrunn. Noch am selben Tag stellte die päpstliche Kurie die Genehmigungsurkunde für die "Dorotheakapelle" in Poysbrunn aus. Das heißt, keine Pfarrkirche, sondern eine Gedenkstätte mit niederem Rang. Dieser Ausdruck sagte nichts über die Größe des Bauwerkes aus, denn der Ausdruck Kapelle wurde im späten Mittelalter als kirchenrechtlicher Begriff für ein Gotteshaus verwendet, das keine Pfarrkirche war.
Angestrebt wurde auch die "Bestellung eines ständigen (ewigen) Kaplans (perpetuus capellanus)" an der Dorotheakapelle.
Was waren die Beweggründe für die Stiftung, die Andre der Hauser in seinem Ansuchen an den Papst n i c h t anführte?
Die Grundherren hatten nicht nur die Pflicht, für die Sicherheit von Leib und Leben ihrer Leute zu sorgen, sondern hatten auch die Sorge für deren geistlichen Belange und deren Seelenheil. Auch war sicher der Wunsch nach einem Gottesdiest im Ort und der um ein "Erbbegräbnis in ihrer Kirche" vorhanden.
Die Pfarrkirche wurde - abgesehen von späteren Zubauten wie Oratorium (1541), Sakristei (1719), Beichtkammer (1951 - 1953), Windfang und Choraufgang - in einem Zug im heutigen Umfang samt Turm als gotischer Bau errichtet, der 1360 beendet gewesen sein dürfte. Denn am 1. September dieses Jahres erbat der Hauser einen Ablass für die Besucher der von ihm gestifteten "Kapelle" in Poysbrunn. Die alte Kirche ist ganz aus Steinen gebaut, alle Neu- und Zubauten aus Ziegeln.
Der Weihetag war ein 15. August (Mariä Himmelfahrt), das Jahr ist allerdings nicht bekannt.
Im Poysbrunner Banntaiding (Dorfrecht) aus 1549 heißt es: "Am kirchtag zu unser lieben frawen tag" wird der Kirtag begangen. Dies geschah - wenn möglich - meist am Jahrestag der Weihe ("Kirchweihfest").
Das Mauerwerk bestand (besteht) aus Bruchstein, das Langhaus hatte - so wie noch heute - zwei einfache, spitzbogige Portale, eine flache Holzdecke und war sehr niedrig. Den Altarraum (auch Chor genannt, weil ursprünglich ein Klerikerchor von dort aus zusammen mit dem Volk den Gesang bestritt), dessen Kreuzgratgewölbe bis heute erhalten ist, trennte ein spitzbogiger Triumphbogen vom Langhaus. Der Kirchturm reichte etwa bis zur Höhe des Kirchendaches, das ursprünglich etwa 4 Meter niedriger war als das heutige.
Der große Umbau erfolgte 1668/1669. An Stelle des gotischen Saalbaues ist ein barocker Hallenbau getreten, dessen Schiff und Chor höher gelegene und größere Rundbogenfenster erhielt. Auch die Orgelempore und die Turmhalle wurden neu gebaut, der Fußboden des Schiffes ca. 20 cm tiefer gelegt. Der Weihetag der Barockkirche war ein Dreifaltigkeitsfest zwischen 1686 und 1691, die Weihe nahm Kardinal Graf Leopold von Kollonitsch, ein Freund des Patronatsherren Ernst Trautson (Fürstbischof von Wien 1685 - 1702) vor.
Kollonitsch war zu diesem Zeitpunkt bereits Bischof von Raab und Kanzler in Ungarn.
Bauherr war Graf Paul Sixt V. v. Trautson (* 1635, + 1678), ein jüngerer Bruder des erwähnten Ernst Trautson. Die Hauptlast des Umbaues lag aber auf seinem Verwalter, dem Ritter Andreas von Singermühl, Sohn des Ritters Georg Singer von Singermühl, der 1664 das Türkenkreuzes auf dem Triftberg gestiftet hatte. Georg Singer erbaute auch den Singerhof in Poysdorf und nach ihm wurde 1936 dort die Singergasse benannt. Andreas Singer starb 1670, seine Krankheit und Tod waren vermutlich eine Ursache, dass der Umbau nicht zu Ende geführt wurde.
Der Abschluss des Umbaues im barocken Stil erfolgte zwischen 1689 und 1719 mit dem Bau eines höheren und steileren Dachstuhls und erstmaliger Deckung mit Dachziegeln. Nun war auch eine Erhöhung des Kirchturmes unumgänglich und dafür mussten die Erträge des Kirchenwaldes herangezogen werden, obwohl die Erhaltung des Kirchturmes immer Sache der Gemeinde ist. Der Bau einer neuen Sakristei war 1719 beendet und auch das herrschaftliche Oratorium (gebaut 1541) dürfte damals ausgebaut worden sein. Die vormals kleinere, hölzerne und tiefer gelegene Orgelempore dürfte schon früher gebaut worden sein. 1668/1669 wurde die heutige errichtet. Sie ruht auf Säulenarkaden mit zwei Säulen, das Untergewölbe ist kreuzgratgewölbt.
Renovierungen und Adaptierungen erfolgten u.a.:
1794 erhielt die Sakristei ein neues Dach; das Kirchendach wurde überstiegen.
1807 Übersteigen des Sakristei- und Turmdaches
1868 Reparatur des Daches
1883 Generalrenovierung: Das Bauwerk wurde außen und innen saniert, das Dach repariert, die Sakristeifenster erneuert, Die Kirchensitze ausgebessert. Kosten: 1.571 fl (Floriner Gulden) 27 kr (Kreuzer).
1898 Das obere Oratorium erhält zur Kirche hin erstmals Glasfenster "in simpler und teurer Weise". Hersteller war ein Tischler aus Falkenstein.
1901 ließ die Gemeinde den sehr schadhaften Turm anstreichen, der Patron ließ einen Blitzableiter anbringen.
1902 ließ der Patron am Kirchendach - obwohl Sache der Gemeinde - eine Dachrinne anbringen.
1913 neue Turmuhr von Gemeinde
1924 Innenrenovierung. Kosten 40 Mio. Kronen
1932 völlige Erneuerung des Außenverputzes, die Kosten von ATS 2.400,- wurden vom Patron getragen; Turmrenovierung durch die Gemeinde (ATS 1.413,-).
1946 Erneuerung der fünf Kirchenfenster
1956 Inenrenovierung, neue Elektroinstallationen
1962 Renovierung des Kirchturmes, Verschalung des Turmhelmes und Auflage von Kupferblech
1963 Schaffung eines neuen Portals im Turm und Zubau eines neuen Aufgangs zum Turm und Chorempore
1968 Installierung einer Warmwasserheizung für Kirche und Pfarrhof (ATS 135.000,-)
1974 Außenrenovierung der Kirche, Gesamtkosten ATS 346.761,-
1978 Ausmalen der Kirche
1993 Neueindeckung der Kirche, Renovierung der Außenseite
1997 Innenausmalen der Kirche, komplette Erneuerung der Elektroinstallation mit Herstellung eines zentralen Schaltkastens in der Sakristei für alle Stromabnehmer, Ausbesserungsarbeiten an der Außenseite und an den Bodensteinplatten, Reparaturen an der Orgel. Gesamtkosten ATS 513.000,-
Die Kirche ist das einzige Gotteshaus in Österreich, das der hl. Märtyrerin Dorothea geweiht ist. Schon 1719 und 1808 wird von einem Hochaltarbild der hl. Dorothea berichtet. 1883 spendete Graf Max Vrints ein neues Hochaltarbild (gemalt vom Kremser Schmidt?). Was mit dem alten Bild geschah ist unbekannt.
Der Hochaltaraufbau und die Statuen der Heiligen Petrus und Paulus stammen aus der Zeit um 1700 und wurden unter dem Patronatsherren Fürstbischof Ernst Trautson errichtet und könnten vom berühmten Bildhauer Matthias Steinl stammen. Der derzeitige Tabernakel wurde 1928 vom akademischen Bildhauer Leopold Kastner (Wien) geschaffen und ersetzte den vorherigen Drehtabernakel.
Linker Seitenaltar: ca. 1720, Altarbild St.Joachim und Anna mit Marienkind (vor 1700); spätgotische Statue der Schmerzhaften Muttergottes, "Vesperbild" - nach 1400. Rundbild: Hl.Walpurga, + 779.
Rechter Seitenaltar: ca. 1720, Altarbild St.Franz Xaver, + 1552. Rundbild: St.Notburga, + 1313; Tabernakel: 1961 vom Poysbrunner Tischlermeister Gottfried Zeiler (*1934, + 1973).
Die Kanzel (wahrscheinlich vom Wiener Barockbildhauer Michael Mayrhofer) wurde vor 1719 von Graf Franz Trautson (+ 1728) aus eigenen Mitteln errichtet.
Die Kirchenbänke mit hochbarocken Gestühlswangen, auch von Michael Mayrhofer vor 1720 hergestellt, wurden ebenfalls von Graf Franz Trautson finanziert.
Die (jetzigen) Fenster hatten ursprünglich Holzrahmen und gewöhnliches Fensterglas. Unter Pfarrer Wilhelm Tichtl (1906 - 1917) müssen diese durch Metallrahmen und bemaltem Glas ersetzt worden sein.
Die Orgel mit insgesamt 402 Pfeifen wurde von Orgelbauer Alois Hörbiger, dem Urgroßvater der bekannten Schauspielbrüder Attila und Paul Hörbiger 1859 gebaut. Schon 1679 wurde eine Orgel als "positive", d.h. feststehende Orgel erwähnt. Einige Pfeifen dieser Orgel wurden von Hörbiger wieder verwendet und bezeugen heute noch den Typ der "Spätbarockorgel".
Die Kreuzwegbilder mit 14 Stationen ließ 1781 "ein gewisse Person allda (aus Poysbrunn)" malen. Sie stammen von keinem beteutenden Künstler, wurden 1839 renoviert, 1863 "gefirnisst, ausgebessert, ihr Rahmen gestrichen und vergoldete Leisten eingesetzt". Die Kosten hiefür trug die Notarswitwe Magdalena Suchomel (Hausnr. 19). 1941 kaufte Pfarrer Schnaubelt vierzehn neue Bilder aus Hartguss, da die alten Bilder sehr nachdedunkelt waren.
1952 wurden die kaum mehr erkennbaren Bilder restauriert und gerettet, der noch verpackte Hartguss-Kreuzweg wurde dem Ordinariat für eine Notkirche geschenkt.
Von den Kirchenglocken gibt es die älteste Nachricht aus 1636 wo es heißt: "Drei große Glocken in dem Turm; geweiht. "Es müssen dann später zwei Glocken unbrauchbar geworden sein, denn um 1716 wird nur eine Glocke genannt. 1719 sind es wieder drei und seit 1720 sogar vier Glocken. 1917 bis 1920 waren zwei Glocken im Turm, 1920 bis 1942 fünf, 1942 bis 1946 eine und seit 1947 sind es wieder fünf. Der Gemeinde und dem Pfarrer gelang es dank der Spendenfreudigkeit der Poysbrunner 1920 drei neue Glocken von der Bernsteiner Glockengießerei um 180.000 Kronen zu kaufen. Dem aus Poysbrunn stammenden Franz Kaiser (+ 1939), damals Kooperator in Berndorf, war es zu verdanken, dass Poysbrunn ein "schöneres und größeres Geläut" erhielt. Der hölzerne Glockenstuhl musste entfernt und durch einen stählernen ersetzt werden. Die Glocken wurden am 25. Juli 1920 vom Pfarrer Schaubelt geweiht.
Die "Zwölferin", seit 1920 auch Herz-Jesu-Glocke genannt, wurde 1942 abgeliefert und 1947 durch eine zinnarme Pfundner-Glocke ersetzt. 1959 wurde sie umgegossen. Sie wiegt 730 kg, hat einen Durchmesser von 107 cm und der Ton ist Fis1: Bild: Herz-Jesu.
Die Marien- oder Friedensglocke ist die zweitgrößte im Geläut. 1920 wurde sie von Gräfin Anna Vrints gespendet, 1947 wieder geschaffen, Spenderin war Gräfin Marie Vrints. Die Glocke wiegt 339 kg, hat einen Durchmesser von 83 cm und ist in Ais1 gestimmt. Bild: Hl. Maria.
Die "Elferin" stammt aus 1774 und überlebte die unseligen Vierzigerjahre. Obwohl abgeliefert, wurde sie nicht eingeschmolzen und kam 1946 zurück. Das Gewicht beträgt 185 kg, hat einen Durchmesser von 71 cm, der Ton ist Cis1. Bild: Zeichen des hl. Johannes.
Die Geschichte der "Verseh- oder Speiseglocke", eine Dorotheaglocke, geht bis ins Jahr 1717 zurück. Sie wurde 1849 umgegossen, 1917 abgeliefert und 1920 durch eine Florianiglocke ersetzt. Diese ging 1942 verloren und wurde 1947 durch eine größere ersetzt.
Deren Daten: 140 kg, Durchmesser 64,4 cm, Ton ist Dis2. Bild: Hl. Florian.
Die Zügenglocke, auch Sterbeglocke genannt, 1720 von Franz Eusebius Trautson gestiftet, trug Spendernamen und Trautsonwappen. Leider wurde sie 1947 umgegossen, um sie im Ton den anderen Glocken anzupassen. Die Daten: 43 kg, Durchmesser 39 cm, Ton: Cis3, kein Bild.
Am 31. Oktober 1958 wurde an die Firma Perner in Passau-Hackelberg der Auftrag für eine elektrische Läutanlage erteilt. Die Kosten waren mit ATS 20.305,- veranschlagt, mit der elektrischen Schaltuhr betrugen die tatsächlichen Kosten dann ATS 28.075,50.
Über die Turmuhr gibt es die älteste Nachricht aus dem Jahr 1814, allerdings zeigt ein Stich von M. Vischer aus 1672 an der Nordseite des Kirchturms und des Schlossturms bereits eine Turmuhr. 1913 schaffte die Gemeinde eine neue Turmuhr an, da das alte Werk seit Jahren stillstand und unbrauchbar war. 1962 erfolgte eine Renovierung der Ziffernblätter und der Zeiger. Ebenso wurde das Kirchturmkreuz 1962 aus Kupferblech neu angefertigt und hat wie das vorherige zwei Querbalken. Solche Kreuze werden Patriarchenkreuz oder Lothringer Kreuz, fallweise auch Erzbischofkreuz genannt.
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Quellen: Chroniken Stubenvoll, Hadriga, Mattner. Verfasser Anton Jilli.