Montag 23. Dezember 2024

Feindesliebe, oder was?

„Als Feindesliebe wird ein individuelles und soziales Verhalten bezeichnet, das Feindschaft und Hass durch Wohltaten für Feinde und den Verzicht auf Rache und Gewalt an ihnen zu überwinden sucht. Ziel dieses Handelns ist je nach Tradition die Versöhnung, das beiderseitige Glück und/oder dauerhafter Friede miteinander“. So definiert die Internetseite und Wissensplattform „wikipedia.de“ den Begriff der Feindesliebe. Sie verweist dabei auf die Ethik des Jesus von Nazareth, die dem Christentum diesen besonderen Akzent der Liebe verliehen hat, aber auch in einigen anderen Weltreligionen oder Weltanschauungen kommt der Begriff der Feindesliebe vor, wie z.B. bei Mahatma Gandhi im asiatischen Kontext.

Nun, der Ausschnitt des heutigen Evangeliums stammt aus der „Feldrede“, dem Gegenstück des Evangelisten Lukas zur “Bergpredigt“ des Matthäus. Jesus geht hier über das alttestamentliche Gebot von Levitikus 19,18 noch hinaus, wo es heißt: „An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr“. Der Jünger Jesu soll freilich noch weiter gehen, er soll sich nicht nur nicht rächen, sondern, so scheint es, ihm zugefügtes Unrecht in Geduld ertragen. Freilich stellt sich dann die Frage, wer dieses Gebot leben kann. Denn dem, der mir den Mantel wegnimmt, auch das Hemd zu lassen, widerspricht nicht nur dem allgemeinen, menschlichen Gerechtigkeitsgefühl, sondern auch dem weltlich und kirchlich eingeräumten Recht auf Selbstverteidigung. Niemand muss sich das Haus von Dieben freiwillig ausräumen lassen, das lehrt auch die kirchliche Morallehre. Dabei geht es nicht nur um den eigenen Schutz und die eigenen Rechte, sondern auch die jener Menschen, die mir anvertraut sind und die ich zu beschützen habe.

Und dennoch spricht hinter den Worten Jesu eine Großzügigkeit, deren Weite sogar jene Menschen zu berühren vermag, die uns ablehnen, nicht gut gesinnt sind oder sogar hassen. Die werden wir mit Hass oder Ablehnung von unserer Seite nicht gewinnen oder verändern können, sondern nur mit einer Gesinnung, die sie wenigstens grundsätzlich achtet, wenn schon nicht ihre Taten oder Einstellungen so doch ihr Menschsein.

Der 1968 ermordete Bürgerrechtler und Baptistenpfarrer Martin Luther King hat es einmal so formuliert: „Die größte Schwäche der Gewalt liegt darin, dass sie gerade das erzeugt, was sie vernichten will. Statt das Böse zu verringern, vermehrt sie es. Durch Gewalt kann man den Lügner ermorden, aber man kann weder die Lüge ermorden noch die Wahrheit aufrichten. Durch Gewalt kann man den Hasser ermorden, aber man tötet den Hass nicht. Gewalt verstärkt nur den Hass. Das ist der Lauf der Dinge. Gewalt mit Gewalt zu vergelten, vermehrt die Gewalt und macht eine Nacht, die schon sternenlos ist, noch dunkler. Dunkelheit kann die Dunkelheit nicht vertreiben, das kann nur das Licht. Hass kann den Hass nicht vertreiben, das kann nur die Liebe“.

Ich denke, mit diesen Worten ist die Einstellung Jesu sehr treffend zum Ausdruck gebracht. Eine Einstellung, die Jesus selber gelebt hat, als er in seiner Passion Gewalt und Unrecht geduldig ertragen hat und am Kreuz für seine Verfolger gebetet hat: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“. Das ist das schier Unfassbare, welche Liebe in und durch Jesus sichtbar geworden ist. Das ist die Liebe, die den Gegner und Feind durch Liebe verwandelt.

Ich sage nicht, dass ich das jetzt schon kann. Aber ich möchte mich demütig auf den Weg machen in diese Richtung, die Jesus mir aufzeigt. Indem ich Aggression, die mir entgegenschlägt, nicht sofort auch wieder mit Aggression beantworte. Indem ich versuchen kann, für einen Menschen zu beten, der mir nicht sympathisch ist und ihn so in das Licht der Liebe Gottes halte. Indem ich versuche zu vergeben, wenn mir jemand nicht gut oder unfair begegnet ist oder Unrecht getan hat. Indem ich mir von Gott die Gnade erbitte, barmherzig zu sein. Und das überfließende Maß der Güte Gottes, das ich empfange, auf andere weiterströmen zu lassen, nicht nur auf die netten und lieben Menschen, denen ich begegne, sondern auch auf die herausfordernden und unangenehmen Zeit- genossen. Und es gibt Vorbilder, auf die ich blicken kann: im katholischen Bereich sind es große Heilige, die die Liebe zu denen, die sie ablehnten, strahlend gelebt haben: ich denke etwa an die Hl. Therese von Lisieux, oder an den Wiener Stadtpatron Clemens Maria Hofbauer u.a.m. Und in verschiedenen anderen christlichen Konfessionen waren und sind es ebenfalls Menschen, die in der Spur Jesu seine entgrenzende Liebe sichtbar gemacht haben, wie z.B. der schon zitierte Martin Luther King in den USA oder der anglikanische Bischof Desmond Tutu in Südafrika, der am 26.12.21 verstorben ist und in Südafrika gegen die Apartheid und für die Menschenrechte sowie die Versöhnung zwischen Schwarzen und Weißen gekämpft und dafür den Friedensnobelpreis erhalten hat.

Ohne solche Menschen wäre unsere Welt um vieles ärmer und würde dem Zeugnis für Christus eine kostbare Stimme fehlen.         

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