Die Kirche ist in der heutigen Gesellschaft der einzige Ort, wo man Ja zu seinen Fehlern sagen kann.
Die Kirche ist in der heutigen Gesellschaft der einzige Ort, wo man Ja zu seinen Fehlern sagen kann.
Pater Karl Wallner im SONNTAG: Die Fastenzeit neigt sich dem Ende zu. Ich möchte es wagen, Sie zu etwas einzuladen, was für viele schwierig geworden ist.
Ich möchte Sie einladen, vor Ostern noch beichten zu gehen.
Da ich selber als Jugendlicher viele Jahre nicht beichten war, weiß ich, wie schwer das für manche sein kann. O, wie erfinderisch war ich, um Ausreden zu finden!
Aber der 1. Johannesbrief schreibt: „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns.” (1 Joh 1,8)
Freilich: Manche Leute scheuen sich, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben. So etwas ist tragisch. Weil es bei der Beichte um eine Heilung der Seele geht, müssen wir Priester hier ganz sensibel, ganz therapeutisch vorgehen. Wehe uns, wenn wir was falsch machen!
Ich selber habe mit dem Beichten nie schlechte Erfahrungen gemacht, im Gegenteil. Immer bin ich an gute und verständnisvolle Priester geraten.
Zu meinem Kloster Heiligenkreuz kommen jetzt wieder viele Menschen beichten. Bei der monatlichen Jugendvigil, wo regelmäßig an die 300 Teenager miteinander beten, brauchen wir mehrere Priester, die bis Mitternacht zur Verfügung sind.
Die Jungen „riechen” irgendwie, dass die Beichte nicht etwas Belastendes ist, sondern befreit und heilt. Als Jugendseelsorger, der viele Beichten hört, bin ich betroffen, wie viele Menschen mit dem Leben und mit sich selbst nicht zurecht kommen.
Eines der Hauptprobleme ist, dass wir uns selber nicht annehmen können, dass wir Minderwertigkeitskomplexe haben und nicht Ja zu uns sagen können. Dahinter uneingestandene und daher auch unvergebene Sünden …
Die Kirche ist in der heutigen Gesellschaft der einzige Ort, wo man Ja zu seinen Fehlern sagen kann.
Vielleicht kennen Sie das Lied des österreichischen Schlagersängers DJ Ötzi: „Ich bin so schön, ich bin so toll, ich bin der Anton aus Tirol” … Dieser Song ist wohl deshalb so erfolgreich, weil er diese Mentalität trifft: Wir müssen uns nach außen hin immer als die Besten, die Schönsten, die Tollsten gebärden.
Aber tief drinnen wissen wir, dass wir gar nicht so schön und gar nicht so toll sind. Das macht uns krank!
Im Deutschen haben wir die interessante Redewendung: „Ich bin gekränkt.” Im Ausdruck „gekränkt” steckt das Wort „krank”. Wer gekränkt ist, der ist krank, oder zumindest in Gefahr, krank zu werden, weil er verwundet worden ist.
Wir sind eine Gesellschaft von „gekränkten” Menschen, weil wir unsere Sünden nicht mehr eingestehen gelernt haben. Jede Sünde verletzt ja nicht nur andere, sondern auch mich selbst. Jede Sünde ist eine „Selbstkränkung”. Und die Beichte ist die Medizin, die sich niemand von uns selbst geben kann.
Schon bei jeder Heiligen Messe empfinde ich es als eine große Entlastung, dass wir aussprechen dürfen, dass wir Sünder sind. Wo gibt es das sonst noch in dieser verlogenen Welt, dass man öffentlich sagen darf: „Ich bekenne... dass ich gesündigt habe… durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine große Schuld.”
Dabei schlagen wir an die eigene Brust und nicht an die Brust der anderen, wie das in unserer Gesellschaft heute Mode geworden ist. Schluss mit der Mentalität des Schuld-sind-immer-die-Anderen! Ich muss den Dreck in meiner eigenen Seele fegen.
Beichten ist einfach. Zuerst nimmt man sich Zeit und hält „Gewissenserforschung”. Wer behauptet „Ich habe keine Sünden”, der hat in diesem Augenblick sofort eine begangen: denn er hat gelogen!
Realistisch sein ist angesagt. Im Gotteslob gibt es so genannte „Beichtspiegel”, das sind Hilfen zur Gewissenerforschung.
Der zweite Schritt ist das Erwecken von Reue. Achtung: Reue muss nicht mit großen „Emotionen” daherkommen. Reue ist die Erkenntnis: „Was ich getan habe, ist nicht recht. Gott, es tut mir leid, dass ich Dich beleidigt habe. Ich habe mir und anderen geschadet.”
Und dann kommt drittens die Beichte selbst. Wir bekennen unsere Sünden, das tut niemand gerne, ich auch nicht. Scham und Beschämung sind vorprogrammiert. Doch Scham darf nicht zur Feigheit werden, denn der Glaube lehrt, dass der Priester als Stellvertreter Christi hört, rät und losspricht: Er ist nur gleichsam menschliches Instrument für göttliches Wirken. Wer schon lange nicht beichten war, soll es einfach sagen, der Beichtvater hilft gerne.
Wenn ich Beichte höre, geht es mir so: Je mehr ich merke, wie schwer sich jemand tut, desto mehr Respekt habe ich, desto mehr preise ich Gott, dass endlich der Mut da ist. Es ist wichtig, die Sünden auszusprechen, dadurch lassen wir sie los und werfen sie aus unserem Inneren hinaus.
Durch die Lossprechung des Priesters schneidet Gott schließlich die Sünde von unserer Identität ab: „Ich spreche Dich los!” Das Dunkle versinkt im lichten Meer der göttlichen Barmherzigkeit.
Zu einem fröhlichen Osterfest gehört das Bußsakrament. Glauben Sie mir: Nach der Beichte fühlt man sich rundum frisch und gesund, als würde man vom Krankenlager aufstehen.
Und wo mir vergeben wurde, da werde auch ich fähig, denen zu vergeben, die mich gekränkt haben. Die Sündenvergebung ist eine Art Vitaminspritze, die unserer Seele neuen Schwung zum Guten gibt.
(35287)
Herr Jesus Christus,
Du bist aus Liebe zu uns am Kreuz gestorben.
Ich bitte Dich in dieser Fastenzeit
um den Mut, Deine Liebe an mir wirken zu lassen,
indem ich meine Sünden erkenne.
Ich möchte meine Fehler
und mein Versagen vor Dich hinlegen,
denn ich weiß, dass ich besser sein kann
als ich es bin.
Mache mich auch selbst bereit,
jenen zu vergeben, die mir Böses angetan haben.
Amen
(P. Karl Wallner)
Pater Karl Wallner
ist Rektor der Hochschule „Benedikt XVI.“ in Heiligenkreuz.
Mit 40 Rezepten aus Orden durch die Fastenzeit
Fastenzeit - 40tägige Vorbereitungszeit auf Ostern
Ostern - Jesus ist auferstanden!