Tolle Stimmung beim Tag der Pfarrgemeinderäte im Bildungshaus Schloss Großrußbach.
Tolle Stimmung beim Tag der Pfarrgemeinderäte im Bildungshaus Schloss Großrußbach.
Mit einem mitreißenden Impulsreferat von Hermann Glettler, dem steirischen Bischofsvikar für Caritas und Evangelisation, wurden an die 650 Pfarrgemeinderatsmitglieder am 9. September im Bildungshaus Großrußbach für ihre Arbeit in den kommenden fünf Jahren ermutigt.
Der „Tag des Pfarrgemeinderäte“ des Vikariats Unter dem Manhartsberg stand unter dem Motto: „Das Evangelium verkünden“, entnommen der Tageslesung des Sonntag, 9. September 2017, aus dem Brief an die Kolosser (Kapitel 1, Verse 21-23). Moderiert wurde der Tag von der stellvertretenden Vorsitzenden des pastoralen Vikariatsrates, Helga Zawrel, und von SONNTAG-Chefredakteur Michael Ausserer.
Hermann Glettler, Bischofsvikar für Caritas und diakonale Dienste und für Evangelisation und missionarische Initiativen in der Diözese Graz-Seckau, erinnerte in seinem Impulsreferat an die Gebetsmeinung von Papst Franziskus für den September: „Missionarischer Geist möge unsere Pfarren inspirieren, den Glauben mitzuteilen und die Liebe sichtbar zu machen.“ Dies sei bereits „Programm genug“ für jede Pfarrgemeinde. „Bei der Frage, wie wir das Evangelium verkünden sollen, werden wir allerdings schnell schmähstad“, stellte der Bischofsvikar fest.
„Wir brauchen eine missionarische Pastoral am Land. Nicht zuerst Konzepte, sondern die Sehnsucht und die innere Haltung müssen die Seelsorge bestimmen“, unterstrich Glettler. Die Experten hierfür seien die anwesenden Pfarrgemeinderatsmitglieder. Die Sehnsucht im eigenen Herzen meine: „Will ich, dass möglichst viele Menschen mit Jesus in Berührung kommen?“ Kirche sei damit eine Art „Umschlagplatz des Glaubens“. Es gehe nicht darum, „Nachlassverwalter einer einst florierenden Volkskirche zu sein“. Evangelisation bedeute auch „nicht Propaganda, sondern Begegnung“.
Glettler: „Unsere Mission im Dorf ist, dass die Körpersprache derer stimmt, die in die Kirche gehen.“ Er warnte auch vor der Rede vom „Noch“, wie etwa: „Noch gehen so und so viele sonntags in die Kirche.“ Die bestehenden Pfarren müssten „in eine missionarische Spur“ gebracht werden. So dürften unsere Pfarren „kein netter Verein sein wie andere Vereine, sondern sie sollen offen sein für alle Menschen“. Das sei nicht ganz einfach, denn: „Wer draußen ist, kommt schwer herein.“
Aufhorchen ließen Glettler in seinem Impulsreferat mit einer provokanten Aussage: „Die typischen katholischen Kirchgeher sind unbrauchbar für die Mission.“ Gehe es doch um eine Ausweitung des Blicks. Die Pfarren müssten „kleine Feuer entzünden“, und die suchenden Menschen „Schritt für Schritt in den Glauben einführen“. Glettler: „Gelebte Mission beginnt mit einem ehrlichen Interesse an den Menschen, die im Sozialraum Pfarre leben.“ Er warnte auch vor einem „Mentalitätsschock“: „Wir sind zu sehr defensiv eingestellt, wir müssen offensiv werden, uns aufmachen hin zu den Menschen.“ Dazu gehöre auch eine Verlässlichkeit, etwa „im Gebet für die Menschen“.
Da Evangelisation auch „bedürfnisorientiert“ ist, sollte besonders regelmäßig für Kranke und für Kinder gebetet werden. Es gehe darum, Nähe und Verbundenheit aufzubauen. „Baut menschliche Beziehungen auf, denn Pfarrgemeinderatsmitglieder sind Vernetzer.“ Es brauche „Kommunionhelfer drinnen und draußen“. Das Pfarrhaus, der Pfarrhof, müsse ein „missionarischer Ort“ sein, der „Knotenpunkt“ der Pfarre.
Glettler forderte dabei auch, „Seelsorgeteams für die Pfarre aufzubauen“, gerade auch dann, wenn kein Priester mehr im Pfarrhof wohnt. Er bat auch, „auf die Qualität der Gottesdienste“ zu achten. Besondere Aufmerksamkeit erfordere die Musik und die Predigt. Und für die Kinder sollte „verlässlich in jedem Gottesdienst etwas dabei sein“.
Glettler plädierte auch für eine „offene Kirche“, die einladend ist auch für jene, die nur selten ein Gotteshaus aufsuchen. Und er forderte zu mehr Segnungen auf: Die Menschen hätten das starke Bedürfnis, gesegnet zu werden. Hier könnten auch Laien, Frauen und Männer, gemeinsam mit dem Priester, zu Segnenden in einer Pfarre werden, etwa nach dem Gottesdienst.
Einen „Gruß von unserem Kardinal“ überbrachte der Bischofsvikar des Nord-Vikariats, Weihbischof Stephan Turnovszky, zu Beginn seines Impulsreferats. Darin versicherte unser Erzbischof den Anwesenden, „im Gebet bei euch“ zu sein.
„Unsere Mission ist es, liebevoll zu sein“, betonte Turnovszky: „Es geht nicht um die Kirche, es geht um die Gesellschaft.“ Er möchte „nicht die Pfarren ändern, sondern das Weinviertel und das Marchfeld“. Die Pfarren sollten dazu beitragen, „dass die Menschen die Gewissheit bekommen, dass mein Leben gut ausgeht“. Mission und Jüngerschaft seien die zwei Säulen. Mission bedeute, „für alle Menschen da zu sein, die im Pfarrgebiet wohnen“.
Jüngerschaft meine „ein Leben aus der Freundschaft mit Jesus“. Die neue Einrichtung des Pfarrvermögensverwaltungsrates ermögliche eine Entlastung von administrativen Aufgaben, um mehr Energie für die Seelsorge zu haben. „Was brauchen die Menschen? Wen möchten wir in der Seelsorge erreichen“ – dies seien die entscheidenden Fragen, betonte Turnovszky. „Ich wünsche mir Pfarren, die sich nicht mit sich selbst beschäftigen, sondern Licht und Salz sind“, forderte der Bischofsvikar. Es gehe um das „Einmischen und Daruntermischen, um damit zur Wohltat zu werden“. Es brauche also eine gesellschaftsrelevante Perspektive, keine binnenkirchliche.
Turnovszky lud ein, „ein gutes, versöhntes und liebevolles Miteinander zu leben“. Die Menschen müssten sehen, „wie sie, die Katholiken, einander lieben“. In der „Verkündigung“ brauche es eine auch „ansprechende Alltagssprache“. Der Bischofsvikar würdigte dabei die „Pfarrblätter“, die auch viele Nicht-Kirchgänger erreichen würden. Als eine mögliche Form der Glaubenshinführung und -vertiefung nannte Turnovszky die „Alpha-Kurse“.
Die Gottesdienste müssten „inspirierend“ sein, damit die Menschen „davon etwas haben“. Er bat, bei den Fürbitten mehr auf die Thematik des Bittens zu achten. Auch Turnovszky sprach sich wie Glettler dafür aus, das Segnungsangebot zu verstärken.
Der Bischofsvikar lobte zudem die Arbeit der Pfarr-Caritas. Im Bereich Umweltschutz gelte es, Allianzen zu schmieden. Die Pfarren sollten anziehend und offen für Neue sein. In der Zukunft brauche es größere Zusammenarbeit und Offenheit. Beim Pastoralkonzept, das gemeinsam überlegt werden sollte, stehe eine Frage im Vordergrund: „Wo wollen wir hin?“ Hinsichtlich der Strukturfragen appellierte der Bischofsvikar, „im Entwicklungsraum stärker zusammenzuarbeiten und Pfarrverbände zu bilden“.
Gegenüber dem „SONNTAG“ und „radio klassik Stephansdom“ erläuterten vier Teilnehmer des „Tages der Pfarrgemeinderäte“ ihre Beweggründe, warum sie sich ehrenamtlich engagieren.
Die 18-jährige Lisa Lindtner aus der Pfarre Velm-Götzendorf (Dekanat Zistersdorf) ist das erste Mal im PGR ihrer Pfarre. Sie ging in die Jungschargruppe und war von den Liedern der KISI-Kids, die dabei gesungen wurden, fasziniert. Letztlich kam in der Pfarre ein „KISI“-Club zustande, um „junge Menschen für die Kirche zu begeistern“. Sie treffen sich jetzt, vernetzt mit einem Nachbarort, alle zwei Wochen.
Lindtner: „Wenn man singt und tanzt, dann kommt Leben rein.“ Das Engagement im PGR sei ein „guter Weg, um in der Kirche tätig zu sein, und dabei stehen ganz neue Möglichkeiten offen“. „Wir hatten schon zwei anregende PGR-Sitzungen“, erzählt sie: „Die anderen PGR-Mitglieder nehmen Rücksicht auf meine Ideen, was beispielsweise die Kinder betrifft.“ Vom Impulsreferat von Bischofsvikar Glettler nimmt sie den Gedanken mit, „Menschen neu für Jesus und die Kirche zu gewinnen“.
„Wir sollten mehr auf die Menschen zugehen“, sagt die 63-jährige Hermine Müller aus der Pfarre Mannersdorf an der March (Dekanat Gänserndorf). Sie ist Vikariatsrätin für das Dekanat Gänserndorf und war 30 Jahre lang im PGR ihrer Pfarre. „Wenn jemand nicht zu den regelmäßigen Gottesdienstmitfeiernden gehört, und in die Kirche kommt, dann sollen wir nach der Messe zu diesen Menschen hingehen und sie begrüßen“, plädiert Müller für eine starke pfarrliche Willkommens-Kultur: „Ich freue mich über jedes neue und über jedes junge Gesicht in unserer Kirche.“
„In meinen 30 PGR-Jahren habe ich kein PGR-Treffen versäumt“, sagt Müller: „Diese Tage sind aufbauend, motivierend.“ Im Hinblick auf den diözesanen Entwicklungsprozess sieht Müller, dass viele PGR-Mitglieder den Prozess „mehr mittragen als manche Priester“. Seitens der Diözesanleitung sollten „die Ziele konkreter und energischer formuliert“ werden“, fordert Müller: „Bis dahin geschieht das, bis dahin jenes.“ Sie war 40 Jahre lang in der Privatwirtschaft in einem Betrieb tätig. „In jedem Betrieb hat man seine Vorgaben und die müssen befolgt werden.“
Der 51-jährige Klaus Schütz aus der Pfarre Großkrut (Dekanat Poysdorf) ist seit fünf Perioden im PGR und ebenso lange stellvertretender PGR-Vorsitzender. „Meine Motivation ist die Möglichkeit der Mitgestaltung“, sagt er. „In der jetzigen neuen PGR-Periode, in der vereinfacht gesagt die Sorge um die Gebäude und die eigentliche Seelsorge getrennt wurden, besteht die Möglichkeit, den Pfarrer in seiner pastoralen Tätigkeit stärker zu unterstützen“, betont Schütz. In den bisherigen Sitzungen ging es „oft vor allem um Renovierungen und um Pfarrfeste“.
Sein Pastoralprogramm ist einfach und schlüssig. Schütz: „Wir müssen neue Wege gehen, um die Leute dort zu erreichen, wo sie sind. Wir dürfen nicht erwarten, dass die Leute zu uns kommen, wir müssen zu ihnen hinaus.“ Eine Herausforderung sei etwa ein „Alphakurs“, um auch junge Menschen mit dem Glauben in Berührung zu bringen.
Schütz möchte selbst einen „Alpha-Kurs“ machen, um zu erleben, wie man leichter über den Glauben reden lernt. Die Heiterkeit nimmt er vom Vortrag von Bischofsvikar Glettler mit. „Heiterkeit löst Manches“, sagt Schütz: „Man kann dabei den Menschen etwas zum Nachdenken mitgeben, damit sie sich mit ihrem Glauben jeden Tag aufs Neue beschäftigen.“ Für Schütz ist der Glaube die zentrale Kraft: „Gott ist mein Höchstes und nicht nur Beiwerk.“ Das Wichtigste in der Verkündigung ist es, „jeden Tag Gott, dem Schöpfer, zu danken und ihn zu preisen.“
Der 21-jährige Tobias Fellinger aus der Pfarre Oberstinkenbrunn (Dekanat Hollabrunn) ist das erste Mal im PGR. Er war Ministrant. Sein Vater schied aus dem PGR aus, Tobias stellte sich „für die Mitarbeit zur Verfügung“. Seine spirituelle Heimat hat Fellinger in der Legion Mariens. Die Pfarrverbände seien eine Chance für die Zusammenarbeit. „Wir schmieden auch Zukunftspläne, wie es bei uns in 10, 15 Jahren aussehen wird“, sagt er: „Da braucht es einen Weitblick, um die doch bisweilen starren Strukturen aufzubrechen und Möglichkeiten der Veränderung zu sehen.“
Fellinger: „Bei uns gehen wenige Jugendliche in die Kirche, hier wollen wir Neue gewinnen.“ Oberstinkenbrunn bildet mit Maria Roggendorf und Enzersdorf einen Pfarrverband. „Kirche braucht mehr Fröhlichkeit, Freude und Humor, damit können wir auch mehr Jüngere für den Glauben gewinnen“, diesen Impuls nimmt Tobias Fellinger vom Impulsreferat von Bischofsvikar Glettler mit.
Beim PGR-Tag präsentierten u. a. diözesane Dienststellen, die Gliederungen der Katholischen Aktion (KA), das Medienhaus der Erzdiözese Wien („Der SONNTAG“, „Radio klassik Stephansdom“, die Pfarrmedienstelle) und die „Junge Kirche“ sowie die „St. Elisabeth-Stiftung“ ihre Angebote, Unterlagen und „Produkte“. Das Team des Bildungshauses Schloss Großrußbach mit Direktor Franz Knittelfelder sorgte für den reibungslosen organisatorischen und kulinarischen Ablauf des PGR-Tages. Für die musikalische Gestaltung des Tages sorgten „Johannes Cornaro und Band“, beim „Chillout“ musizierten Jimmy Schlager und Chris Heller.
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Alle Bilder zum Pfarrgemeinderätetag auf: www.markus-goestl.at
Das Impulsreferat von Hermann Glettler als download