Wenn Sie Fragen haben, können Sie sich an die Berufungspastoral der Erzdiözese wenden:
Was ist Berufung? Ist jeder berufen? Ist es nur ein Gefühl? Wie antwortet man darauf? Wie erkennt man eine geistliche Berufung und welche Voraussetzungen gibt es? Kann manseine Berufung verpassen?
Diese und weitere Fragen beantwortet Sr. Damienne Siffermann, eine Eremitin und erfahrene geistliche Begleiterin.
Was ist Berufung und ist jeder berufen?
Zunächst ist Berufung der Ruf Gottes an jeden Menschen. Doch ruft Gott auch manche zu einer engeren Nachfolge. Der selige Johannes Paul II. sagt dazu : "Daher ist es die unerlässliche Pflicht eines jeden, Tag für Tag den Weg zu suchen und zu erkennen, auf dem der Herr ihm persönlich entgegengeht. Liebe Freunde, stellt euch allen Ernstes die Frage nach euerer Berufung, und seid bereit, dem Ruf des Herrn zu folgen und jenen Platz einzunehmen, den er schon immer für euch bestimmt hatte." (JPII, aus der Botschaft an die Jugend 1998)
Ist die Berufung ein Gefühl, ein außerordentlicher innerer Impuls?
Bloße Gefühle sind nicht als hinreichende Kennzeichen der Berufung anzusehen. Sie können nicht einmal als tragfähige Grundlage für eine dauerhafte menschliche Entscheidung genügen. Ihr Ursprung kann in der Einbildung oder in einer Angst liegen. Gefühle sind von Natur aus unbeständig und können von später auftretenden entgegengesetzten Gefühle abgelöst werden.
Die Gnade ist als solche nicht unmittelbar fühlbar. So wie man die Stimme Gottes auch nicht mit den Ohren hört. Übrigens, wir hören die Radiowellen auch nicht mit den Ohren, wir empfangen sie mit einem Radiogerät. So ist, wenn Gott spricht, der „passende Empfänger“ das Ohr des Herzens, das im Glauben hört. Wenn Gott ruft, neigt sich das Herz in der Liebe - auch wenn sich manches in uns dagegen sträuben mag, wie schon viele Berufungsberichte vom Alten Testament bis heute erkennen lassen.
Und kann ich als Mensch auf Gottes Ruf eine passende Antwort geben?
Da wir von Gott berufen sind, das zu werden, was wir in seinem Auge sind, besteht die Berufung nicht in einem TUN, sondern im SEIN. Das versteht man vielleicht nicht gleich.
Da Gott uns von der Ewigkeit aus schaut, sieht Er einen jeden von uns in der Gesamtheit seines Werdeganges, in seiner Vollendung. Wir sehen immer nur ein „Instantbild“ – Gott sieht in einem Blick den ganzen Film. So erklärt Kardinal Newman , daß wir uns als Christen in einem permanenten Zustand des Gerufenseins befinden. Der Ruf, den Gott an mich richtet, ist der Entwurf meiner ganzen Existenz, den er mir Schritt für Schritt deutlich macht und Tag für Tag neu meiner Freiheit zur Verwirklichung anbietet.
Die passende Antwort auf den Ruf Gottes ist das Ja im Glauben:
sie ist der Gebrauch der gottgeschenkten Freiheit, das, was die größte Liebe von mir im Hier und Jetzt erwartet, in Überfülle zu geben. Denken wir an den barmherzigen Samariter. Der verpasste die Gelegenheit nicht, dem Geschundenen zu helfen. Er hat nicht nur der Situation entsprochen; er hat alles in diese Geschichte hineingelegt... Er trug den Mann nicht nur ins Gasthaus, sondern sorgte für dessen gesamte Pflege bis zu seiner Genesung.
Sollten wir aber eine Gelegenheit verpasst haben, steht Gott immer mit einer neuer Einladung, einem neuen Ruf, nach der nächsten Kurve ....
Wie kann ich erkennen, ob ich zur engeren Nachfolge berufen bin?
Es gibt einen einfachen Test, der Dich schon einen Schritt weiter bringen kann in der Unterscheidung: Höre in Dein Herz hinein.
Was würde es sagen, wenn jemand – ein Beichtvater zum Beispiel – versuchte, Dir Deine Berufung auszureden:
Wärest Du erleichtert? - oder gar erfreut ?
Dann geh Deinen Weg in dieser Freude weiter und suche, welchen anderen - nicht geringeren! - Platz Dir in Gottes Plan zugedacht ist. (Gründung einer Familie, ein verantwortungsvoller Beruf in der Gesellschaft, Engagement gegenüber einer bestimmten Gruppe…)
Wärest Du enttäuscht?
Zwar ist das noch kein Beweis DAFÜR, dass Du berufen bist! Aber es lässt aufhorchen. Nun musst Du Dir die Mühe machen, bis auf den Grund dieser Enttäuschung zu gehen : Das ist die Arbeit der Unterscheidung. Du legst damit ein Fundament.
Was sind nun die Kennzeichen einer Berufung zur engeren Nachfolge?
Die Berufung ist selten eine Erleuchtung, wie bei Paulus, als er auf dem Weg nach Damaskus vom Pferd geworfen wurde.
Gott will uns nicht durch übermächtige Eindrücke und außerordentliche Taten seiner Allmacht beeindrucken, sondern er offenbart seinen Willen oft durch menschliche Ereignisse, alltägliche Gegebenheiten… und meistens in großer Stille. Denke an Elias, der Gott im Säuseln der Stille erkannt hat. (1Kön 19, 12)
Gott will ein freiwilliges Ja; er will den Menschen nicht durch „Spezialeffekte“ überzeugen. Er sagt nur: „Wenn du [in der Liebe] vollkommen sein willst ...“ (Mt 19, 21);
Der rufende Gott lässt der freien Entscheidung genügend Raum zum aktiven Mittun. Daher kann das Erwarten einer außerordentlichen Klarheit eine Berufung sogar gefährden. Nicht aufgrund ungewöhnlicher Zeichen geschieht die Unterscheidung.
Du kannst ganz sicher sein: Wenn Gott Dich zur engeren Nachfolge beruft, dann findet er auch den Weg, dass Du diese Einladung hören kannst!
Wie kann ich nun erkennen, dass ich zum Priester, zum Ordensmann, zur Ordensfrau berufen bin?
Einige werden diese Frage gar nicht stellen müssen, weil die Richtung mit der Berufung schon klar geworden ist.
Andere müssen sich im Gebet einlassen, nicht von der Funktion her die eigene Berufung zu begreifen, sondern sie vom eigenen Wesen her zu entdecken Es geht darum, die Lebensform zu finden, in der Du Deine Berufung am besten leben kannst.
Welche Voraussetzungen sollte ich mitbringen um Priester, Ordensmann / Ordensfrau zu werden?
Wenn Du eine solche Frage stellst, so hast Du vermutlich schon wahrgenommen, dass Du im Tiefsten angesprochen bist oder schon bereit bist, Dich auf den Ruf Gottes einzulassen. Im „Profijargon“ der Kirche spricht man hier von Neigung.
Das ist das ist der Schatz im Acker, der von Gott in Dein Herz gelegt wurde, den Du dabei bist, auszugraben. Manche sind jetzt ganz schnell und laufen mit Schaufel im schmutzigen Blaumann direkt ins nächste Kloster oder ins Priesterseminar! Vollauf begeistert.
Andere gehen, wie Archäologen mit Pinsel zur Sache, etwas zu vorsichtig. Wie auch immer, so oder so, bleibt eine Etappe unerlässlich: jene der Unterscheidung der Eignung, die von einem dazu beauftragen Regens, Ordensoberen…) mit Dir gegangen wird. Es geht ja darum, die Göttliche Berufung objektiv anzuschauen. Die Kirche hat dazu nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, weil sie Verwalterin der Teilhabe ihrer einzelnen Glieder am Sendungsauftrag Christi für die Kirche ist.
Muss ich gescheit sein (Matura haben), um Priester zu werden oder in einen Orden eintreten zu können?
Der Pfarrer von Ars hat sich unendlich schwer getan, Latein zu lernen und gerade er ist durch seine Authentizität im Leben und im Glauben, durch seine Einfachheit, auch in der Sprache, seine Menschenkenntnis, seine unmittelbare und ununterbrochene Verbundenheit mit Gott heilig geworden…
Es ist praktisch und sinnvoll, maturiert zu haben, aber keinesfalls absolute Voraussetzung, es gibt einige Möglichkeiten, dass Du Dich auf dem 2. Bildungsweg auf das Priesteramt vorbereiten kannst.
Andererseits, und das wollen wir sehr deutlich machen, können wir nicht ermessen, welchen Schatz für die Kirche gerade eine einfache Schwester, die sichtbar nur den Garten pflegt, ein einfacher Bruder in der Werkstatt, ist…
Meine Gnade genügt Dir, war die Antwort Jesu an Paulus (siehe 2 Kor 12,9)
Er aber antwortete mir: Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit. Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt.
In der Schwachheit sind wir stark: 2 Kor 12,10
Deswegen bejahe ich meine Ohnmacht, alle Mißhandlungen und Nöte, Verfolgungen und Ängste, die ich für Christus ertrage; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.
Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich Mt 5,3
Kann ich auch noch spät meine Berufung verwirklichen?
Sicherlich, und man trifft immer mehr Menschen an, die sich erst spät entschieden haben. Das Alter ist nicht von vornherein ein Hinderungsgrund. Aber natürlich muss hier, da sprechen wir ganz offen, die Unterscheidung sehr sorgfältig geführt und der Kandidat gut vorbereitet werden : Der ehemalige Krankenhausleiter z. B. kommt in eine ganz neue Position, wenn er auf der Novizenbank sitzt, der Tischlermeister von 38 Jahren hat unendlich mehr Erfahrung, als ein 18jähriger Maturant, der zugleich mit ihm ins Priesterseminar eintritt.
Kann Berufung verlorengehen?
Dieser Ruf ist im Grunde so unverlierbar wie das, was einen jeden von uns als Person ausmacht. Jedoch kann ich selbst die Verwirklichung der Berufung unmöglich machen, den Kairos verpassen. Wenn ich nicht entscheide, da wo Entscheidung notwendig ist oder sie mit Vorbehalten getroffen habe, sozusagen mit dem einseitigen Handel, daß ich ja wieder gehen kann... Hinausschieben, bis ein vermeintlich besserer Zeitpunkt da ist. Aus ganz menschlichen Gründen ist zum Bsp. ein Eintritt in reifem Alter nicht unproblematisch.
Die Sache sieht allerdings anders aus, wenn ein Mensch überhaupt erst in reifem Alter seine Berufungsgeschichte erfährt oder aus anderen Gründen sie erst spät verwirklichen kann.
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