Die Bibeltexte sprechen zu mir, es ist Seine Stimme für mich.
Die Bibeltexte sprechen zu mir, es ist Seine Stimme für mich.
Das Ehepaar Janka und Markus Riedenauer (Pfarre Ebreichsdorf) über das Bibel-Teilen. Und über die Erfahrung, sich persönlich von der Bibel in Anspruch nehmen zu lassen.
Wie kam es zu Ihrem Engagement, die Bibel zu teilen?
Janka und Markus Riedenauer: Wir wollten als Ehepaar etwas Spirituelles für andere Ehepaare in der Gegend anbieten und so unsere Verantwortung als Hauskirche leben. Also haben wir vor über drei Jahren die Initiative ergriffen und ungefähr einmal im Monat zu uns eingeladen.
Wir wollten geistliche Nahrung empfangen und teilen, auch unabhängig von der theologischen Kompetenz des jeweiligen Predigers in der Kirche.
Was ist der Unterschied zwischen einer Bibelrunde und dem Bibel-Teilen?
Janka und Markus Riedenauer: Sicherlich werden Bibelrunden recht verschieden gestaltet.
Wir kannten solche, wo der Text einmal gelesen wurde und sofort drauflos diskutiert wurde, ohne dem Heiligen Geist Zeit zu lassen, im Inneren zu den Einzelnen zu sprechen. Stattdessen ließ man Emotionen und allgemeine Interpretationen z. B. über das Ende der Welt oder die Renaissance-Päpste los, die das achtsame Hinhören und die Gebetsatmosphäre zerstörten.
Weil uns wichtig ist, dass es nicht zu einer bloßen Kopf-Diskussion kommt, machen wir auch den 5. Schritt des Mitteilens so, dass zuerst jede Person sagen kann, warum sie von bestimmten Worten oder Satzteilen angesprochen ist und was es in ihr auslöst.
Erst in einer zweiten Runde danach können andere darauf eingehen. So hat man Zeit, seine Gedanken hervorkommen zu lassen, bei sich und bei Gott zu bleiben, ohne unterbrochen zu werden und es entsteht eine Kultur geduldigen, tieferen Hinhörens.
Welche Rolle spielt der Umstand, dass alle Getauften die Bibel lesen sollten?
Janka und Markus Riedenauer: Das ist eine wichtige Erinnerung, besonders im katholischen Bereich. Unsere Motivation kommt aber viel mehr aus der Erfahrung, wie gut es tut, wie inspirierend und schön es ist, sich von der Bibel persönlich in Anspruch nehmen zu lassen.
Gemeinsam geht das viel besser und oft war es so, dass eine Stelle (wie z. B. das vorgegebene Evangelium des nächsten Sonntags) auf den ersten Blick wenig fruchtbar erschien – und dann kam beim Bibelteilen so viel Einsicht, Anregung und Ermutigung heraus, dass wir wirklich sagen können, der Heilige Geist spricht auch durch die anderen zu uns.
Ein Punkt des Bibel-Teilens, Punkt 6, betrifft das Handeln. Kommt das bei Ihrem Bibel-Teilen vor?
Janka und Markus Riedenauer: Ja, wenn die Stelle das hergibt. Manche sind weniger nah am Handeln, z. B. „Ich und der Vater sind eins“ – andere provozieren die Frage, wie sich unser Handeln verändert, z. B. „Wenn dich einer bittet, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei...“
Wird dabei auch füreinander beim Bibel-Teilen gebetet?
Janka und Markus Riedenauer: Wir machen das gerne, wenn es passt. In einer kleineren Gruppe kommen wir eher auf persönliche Herausforderungen zu sprechen, und dann greifen wir das im letzten Schritt auf, indem wir füreinander bitten.
Was hat der Einzelne davon, wenn er Bibel teilt?
Janka und Markus Riedenauer: Das muss man selbst erfahren! Ich denke mir manchmal zuerst, eine Stelle sagt mir nichts, oder ich verstehe sie nicht.
Wenn ich alleine darüber bete, geht vielleicht auch nicht viel weiter – aber beim Bibelteilen kann schon das Hören, was ein anderer im Schritt 3 hervorhebt, ein Aha-Erlebnis hervorrufen: Tatsächlich, da gibt es eine Resonanz im Herzen, darauf wäre ich alleine nicht gekommen...
Außerdem entsteht Gemeinschaft: Wir erleben, dass Jesus mitten unter uns ist, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind.
Warum können alle ohne exegetische Vorbildung beim Bibel-Teilen mitmachen?
Janka und Markus Riedenauer: Sich persönlich vom Wort Gottes betreffen zu lassen, ist die Grundlage des Glaubens.
Exegetisches Wissen soll das nicht ersetzen, sondern unterstützen, oder Missverständnisse vermeiden.
Die Methode, am Text zu bleiben und auf seine Resonanz zuerst im eigenen Herzen zu lauschen, erlaubt, dass der Heilige Geist zum Zug kommt – und er tut es wirklich. Die Bibeltexte sprechen zu mir, es ist Seine Stimme für mich.
„Neben der persönlichen Schriftlesung mache ich die Erfahrung, dass sich gerade in der gemeinsamen Auseinandersetzung mit der Heiligen Schrift das persönliche Leben, aber auch das Leben unserer Gemeinden verändern kann. Konkret bitte ich euch, dass ihr euch für das Wirken des Heiligen Geistes öffnet, wenn ihr regelmäßig in euren Teams, Gruppen und Treffen die Bibel teilt und in euer konkretes Leben sprechen lasst.
Regt auch alle anderen Teams, Gruppen und Bereiche eurer Pfarre bzw. Gemeinde dazu an.“
„Bibel-Teilen“ ist einer der sieben Punkte im „Hirtenbrief“ von Kardinal Schönborn,
veröffentlicht am 1. Adventsonntag 2015.
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Univ.-Prof. Thomas Söding: „Warum wir die Bibel brauchen“
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