Habe ich einen Menschen, der mich so zurechtweist, dass ich es annehmen und umkehren kann?
Habe ich einen Menschen, der mich so zurechtweist, dass ich es annehmen und umkehren kann?
Mag. Josef Grünwidl schreibt über das Evangelium vom 7. September 2014.
Es ist leichter, beide Augen zuzudrücken und wegzuschauen, als sich mit dem Fehlverhalten eines Menschen zu beschäftigen, um ihm zu helfen. In der Gemeindeordnung des Matthäusevangeliums (Mt 18,15-20) wird die Verantwortung füreinander als konkrete Anwendung des Gleichnisses vom verirrten Schaf (Mt 18,12-14) thematisiert.
Wie ein Hirt das verirrte Schaf sucht, so geht Christus uns Verlorenen und Verirrten geduldig nach. Die in seinem Namen versammelte Gemeinde darf nicht zuschauen, wenn jemand in sein Unglück rennt, denn alle Getauften haben ein Hirtencharisma.
Überheblichkeit, Kritiksucht und Besserwisserei sind einem guten Hirten fremd. Bequemlichkeit und Angst vor Scherereien halten ihn nicht davon ab, Verantwortung für andere zu übernehmen und sich einzumischen. Das ehrliche, positive Kritikgespräch mit der Schwester und dem Bruder auf Augenhöhe, diskret und ohne Aufsehen gehört zu den schwersten Übungen der Nächstenliebe.
Nicht über den Betroffenen, sondern mit ihm reden. Fehler nicht verbreiten und weitererzählen, sondern mithelfen, dass sie aus der Welt geschafft werden. Sollten alle Kommunikationsversuche scheitern, bleibt als letzte Konsequenz die Exkommunikation. Die Gemeinde kann Grenzen ziehen, um die Einheit mit Christus und die Verbundenheit untereinander zu schützen.
Die Gemeindeordnung des Matthäusevangeliums zeichnet das Bild von einer Kirche, in der Verirrte und Sünder ernstgenommen, nicht übersehen oder abgeschrieben werden, sondern eine neue Chance bekommen. Das gelingt weniger durch Sanktionen als vielmehr durch das Gebet und das geduldige, geschwisterliche Gespräch.
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