Der gute Hirte macht keine Angst.
Der gute Hirte macht keine Angst.
Dr. Beate Mayerhofer-Schöpf über das Evangelium zum 4. Sonntag der Osterzeit (11. 5. 2014)
Im Bild vom „guten Hirten“ fühle ich mich nicht ganz wohl. Ich möchte kein ängstliches Herdentier sein, das dem Hirten grasend hinterher läuft. Kein Schaf, das zwar genügsam ist, aber auch ein bisschen dumm. Ich will nicht auf einen Hirten angewiesen sein, der weiß, wo`s langgeht.
Wenn ich die Evangeliumsstelle genau lese, fällt mir auf: Der Hirte hat für die Schafe einen Stall gebaut – für die Nacht und unwirtliches Wetter. Weil er bemerkt, dass seine Tiere schutzbedürftig sind. Schutz und Geborgenheit für die dunklen und unwirtlichen Tage meines
Lebens, das tut gut!
Und der Hirte sperrt sie nicht in die schützende Behausung ein, sondern er führt sie durch die Tür hinaus ins Weite, wenn es Zeit ist. Enges, in Watte gepacktes Leben ist nicht sein Ideal! Pures Leben, das ist es, was er für mich will!
Er führt weder eine knallende Peitsche noch einen bellenden Hirtenhund! Zwang und Strafe sind also Tabu, Respekt vor der freien Entscheidung ist oberstes Gebot. Seine freundliche Stimme hat Fremde zu Vertrauten gemacht. Nur deshalb folgen sie ihm (nach).
Er steigt nicht in der Nacht durchs Fenster: Der gute Hirte macht keine Angst. Er schleicht sich nicht an, er trickst nicht, er spielt kein doppeltes Spiel mit mir.
Der Hirte macht keinen Stress und keinen Druck. Er passt sich dem Tempo der Tiere an. Er kann warten. Aber er ist beharrlich. Um jeden Preis will er ihre Freundschaft gewinnen. Bis zur Hingabe seines Lebens.
Bei genauem Hinsehen bekomme ich nach und nach ein gutes Gefühl. Jetzt bin ich sicher: Diesem Hirten will ich folgen.
Dr. Beate Mayerhofer-Schöpfleitet im Pastoralamt der Erzdiözese Wien das Referat "Förderung Geistlichen Lebens". |
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